Tichys Einblick
„Je deteste“

Lagerfeld reloaded: Er verabscheut Merkel. Und die AfD.

Seine Äußerungen über Merkels Flüchtlingspolitik im vergangenen November dürften ihm einigen Ärger eingebracht haben. Deshalb rudert Karl Lagerfeld noch lange nicht zurück. Er wählt einen anderen Ausweg ...

VALERY HACHE/AFP/Getty Images

Karl läuft immer. Selbst wenn die Journos zähneknirschend über seine Sottisen berichten, berichten tun sie in jedem Fall. So im vergangenen November, als er Merkels Flüchtlingspolitik geißelte: „Selbst wenn Jahrzehnte dazwischen liegen, kann man nicht Millionen Juden töten und später dann Millionen ihrer schlimmsten Feinde holen.“ Das hat den deutschen Medien nicht so gut gefallen, diese Umdrehung der Nazikeule. Ausgerechnet die Gutmenschen im Bunde mit importierten Antisemiten?

Jetzt hat Karl Lagerfeld nachgelegt, und dieses Mal ist die Kröte leichter zu schlucken. Er verabscheue Merkel („Je deteste“), sagte KL dem französischen Le Point, weil sie eine Million Zuwanderer in Deutschland aufgenommen habe, nur um ein „gutes Bild“ abgeben zu wollen. Als „Pastoren-Tochter“, so Karls Theorie, ertrage Merkel die Verbrechen der Nazis nicht. „Das Paradoxe daran ist, dass Merkel das Böse an die Macht befördert, während sie es reparieren will“. Denn mit der Zuwanderung habe Merkel der AfD den Weg in den Bundestag geebnet, und nun säßen „100 Neonazis im Parlament“, weil Merkel die deutsche Geschichte vergessen habe. Na ja, mon cher, es geht kaum holzschnittiger …

Wahrscheinlich hat Karl einen Anpfiff aus der Chefetage von Chanel bekommen. Sinngemäß: Karl, du kannst ja sagen, was du willst, aber Politik ist schlecht fürs Geschäft! Bleib doch im Metier, wie damals, als du Merkel modemäßig abgekanzelt hast („Sie sollte wohl etwas weniger Farbe tragen und jemanden finden, der ihr bessere Hosen schneidert. Der Schnitt der Hosen ist nicht gut.“).

Karl wäre nicht Karl, fände er keinen Weg, trotz „Je ne regrette rien“ auch wieder Darling der pseudo-intellektuellen Szene zu werden: Merkel ist Mist, aber die AfD eben auch. Und noch weiter schmust er sich heran. Er redet sogar davon, die deutsche Staatsbürgerschaft aufzugeben, „wenn das so weitergeht“ („Ich will nicht mehr Teil dieses Clubs der Neonazis sein“). Schließlich fühle er sich als Kosmopolit „und hanseatisch“.

Aber das darf man nicht allzu ernst nehmen. Kurz zuvor fühlte er sich noch als „chleu à fond“, im Herzen deutsch. Und so wenig ihm die Pastorentochter im Kanzleramt mit den schlecht sitzenden Hosen gefällt, so wenig gefallen ihm eigentlich die deutschen Intellektuellen: „Früher, da sahen die Intellektuellen noch nach etwas aus. Aber heute sind das doch alles Schlampen“, sagte er mal.

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