„Ich bin die Polizei. Ich kenne Richter. Ich kenne die Staatsanwaltschaft. Ich habe Kontakte zu den Behörden. Ich kann dafür sorgen, dass ihr in den Irak abgeschoben werdet.“ Oder kurz und knackig in die Sprache der Straße übersetzt: „Klappe halten, Opfer.“
Opfer sind in der folgenden Geschichte irakische Immigranten, die einer ehemaligen Landsfrau Vertrauen schenkten und eine Behörde, die fahrlässig tausende oder hunderttausende Euro an Steuergeldern zum Fenster rausgeworfen hat, weil im Hause niemand in der Lage, zuständig oder Willens war, ein systemimmanentes und bekanntes Abzocksystem als solches zu erkennen und ihm den Garaus zu machen.
Der NDR berichtet aktuell von einer Hamburgerin, die Jobcenter und Geflüchtete abzockt. Eine Art groß angelegter Hütchenspielertrick mit vermeintlichen Wohnungsvermietungen. Während beispielsweise in vielen Harzer Kleinstädten ganze Straßenzüge leer stehen und Wohnungen und schnuckelige kleine Häuschen für den berühmten Apfel und das Ei zu haben wären, sind Wohnungen in den norddeutschen Ballungsgebieten Mangelware. Hamburgs Wohnungsmarkt ist angespannt. Immigranten haben es da besonders schwer.
Der Kontakt zu den Zuwanderer-Familien war von Sana V. gut organisiert: Ein früherer Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes einer Sammelunterkunft konnte helfen. Er führte der Frau die potentiellen neuen Mieter zu, wie ein Fall belegen konnte. Die zeigte den Interessenten die Wohnung und versprach, die darin wohnende Familie würde in dem Moment ausziehen, wenn das Jobcenter Vermittlung, Kaution und Miete zahlen würde. Und sie zahlten – und zahlen noch.
Die angebliche Vermittlerin alias Vermieterin setzte einen manipulierten Mietvertag auf, berichtet der NDR, „veranschlagt für die 120 Quadratmeter große Wohnung 1.560 Euro. Das Jobcenter stimmt zu, zahlt die Erstmiete, die Erstausstattung der Wohnung und 3.435 Euro Kaution. Doch zum Einzug kommt es nicht.“ Immer wieder verschob Sana V. den Umzug, aber die Familie blieb hartnäckig. Irgendwann wurden sie von Sana V., wie eingangs berichtet, bedroht, als die auf ihre Kontakte hinwies. Nein, nicht den Onkel mit dem Knüppel, nicht den Bruder mit dem Messer, sondern von Sana V. als vorgebliche Bekannte ausgegebene Beamte in deutschen Institutionen.
„Die Familie hat dennoch Strafanzeige gestellt, ebenso das Jobcenter.“ Kannte Sana V. nicht auch noch jemanden im Jobcenter?, möchte man hier zynisch fragen. Aber eine schnelle Kriminalisierung scheint schwierig, wie laut NDR wiederum das Hamburg Journal herausfand, das Akteneinsicht hatte: „Sana V. findet immer wieder Lücken im System, beispielsweise dass die Behörden zu wenige Kontrollen durchführen. Sie täuscht aber nicht nur Wohnungsvermittlungen vor, sondern hat noch ein weiteres Geschäftsmodell: In der ganzen Stadt hat Sana V. mehrere Wohnungen angemietet, die sie an Geflüchtete weitervermietet – mit falschen Quadratmeter-Angaben, zu überhöhten Preisen und teils auch mehrfach zur gleichen Zeit.“
Nun hat wiederum das Hamburg Journal ermittelt, dass dem Jobcenter die Machenschaften von Sana V. schon seit April 2017 bekannt waren. Das Jobcenter bezahle indes bis heute weiter.
Diese lange Kette des Verdienens an der Immigration muss man sich einmal an den so genannten Einzelfällen vor Augen führen. Erst verdienen die Schlepper direkt am Immigranten. Dann werden Fälle von hundertfachem Sozialbetrug bekannt, der Immigrant kassiert gleich mehrfach mit multiplen Identitäten. Seinen Asylantrag stellt er erfolgreich mit Hilfe einer korrupten Entscheiderin, korrupten Anwälten und Dolmetschern. Dann folgt die Wohnungssuche mit Hilfe einer mutmaßlich kriminellen oder einfach nur pfiffigen Deutsch-Irakerin, die das Jobcenter austrickst.
Eine lange Kette der Bereicherung. Jeder greift zu, wo er kann. Fast schon schäbig mutet es dann an, wenn die Familie nun das Darlehen an das Jobcenter in Raten zurückzahlen soll, wenn doch die Damen und Herrn im Amt ihren Außendienst maximal zum Brötchen holen nutzen, wie der zitierte Anwalt behauptet: „Da findet keine Kontrolle statt. Das ist ja eine papierende Kontrolle anhand der vorgelegten Dokumente. Und wer schöne Papiere vorlegt, bekommt auch das schöne Geld dafür.“ Auf Nachfrage des Hamburg Journals antwortete das Jobcenter übrigens, man wolle dem Hinweis des NDR auf diese Wohnung nachgehen und für eine interne Prüfung weiterleiten. Der NDR übernimmt hier also die Aufgaben des Jobcenters. Also im Einzelfall.