Herr Restle ist so damit beschäftigt, moralische Urteile über die Politik, das Land und seine Leute zu fällen, dass für fundamentale journalistische Aktivitäten wie die Recherche anscheinend kaum noch Zeit bleibt.
Georg Restle ist hauptberuflich empört. Über Horst Seehofer und dessen Vorstellungen von Heimat und Sicherheit, über die AfD und über viele Kritiker der Asyl- und Integrationspolitik im Allgemeinen. Einer größeren Öffentlichkeit ist Georg Restle allerdings eher durch seine Nebentätigkeit als Journalist und Redaktionsleiter des ARD-Magazins Monitor bekannt. Es ist gerechtfertigt, hier trotz der üppigen Finanzierung durch die Beitragszahler nur von einer Nebentätigkeit zu sprechen, da Herr Restle so damit beschäftigt ist, moralische Urteile über die Politik, das Land und seine Leute zu fällen, dass für fundamentale journalistische Aktivitäten wie die Recherche anscheinend kaum noch Zeit bleibt.
Nun war es die FAZ, die an der Reihe war, an den Restle-Pranger gestellt zu werden, denn sie hatte sich erdreistet, zu berichten, dass die Betreuung eines unbegleiteten minderjährigen Zuwanderers den deutschen Staat bis zu 60.000 € im Jahr koste:
„Geht’s noch unseriöser, liebe @faznet?“ tönte es da aus der Monitor-Redaktion.
Denn in der Tat geht aus dem FAZ-Artikel nicht klar hervor, woraus die Kostenschätzung von bis zu 60.000 Euro jährlich resultiert: Wenn man die im Artikel zitierten 7.500 unbegleiteten minderjährigen Zuwanderer in Baden-Württemberg zu den von den Landkreisen genannten Kosten von 42 Millionen Euro im Jahr in Relation setzt, dann scheint diese Personengruppe zumindest in diesem Bundesland nur Kosten von 5.600 Euro pro Kopf und pro Jahr zu verursachen. Andererseits behauptet die FAZ auch nicht, dass ihre Zahl von 60.000 Euro auf den baden-württembergischen Angaben beruht.
In der Welt von Georg Restle können Kritikern und Skeptikern der Asylpolitik übrigens nicht einfach nur Fehler unterlaufen. Denn aufgrund der von ihnen vertretenen Meinungen muss es sich bei ihnen zwangsläufig um schlechte Menschen handeln, weshalb es die Kollegen bei der FAZ auch mehr als verdient haben, dass man ihnen den gehässigen Nachsatz „Taugt wohl nicht als Schlagzeile bei Euch.“ reindrückt. Das einzige, was Georg Restle jetzt noch den moralisch überlegenen Tag vermiesen könnte, wäre, herauszufinden, dass die FAZ mit ihrer Angabe von 60.000 Euro Kosten pro Jahr doch recht gehabt haben könnte.
Eine Google-Suche mit den Stichworten „minderjährige unbegleitete Ausländer Kosten“ führt an erster Stelle zu einem Artikel von Welt Online aus dem Februar 2017. Damals hat das Bundesverwaltungsamt für das Bundesfamilienministerium die Kosten der Aufnahme und Versorgung eines minderjährigen unbegleiteten Ausländers auf 5.250 Euro monatlich berechnet – oder 63.000 Euro jährlich. Schade um den Tag, vielleicht hätte man (Restle) die 30 Sekunden in die Google-Suche investieren sollen.
Möglicherweise handelt es sich um eine übertriebene Berechnung? Später im selben Jahr nannte der Landkreistag von Sachsen-Anhalt den Kostenpunkt von 60.000 Euro pro Jahr. Eine Umfrage der Welt am Sonntag unter den Bundesländern Anfang 2018 führte zu einer Zahl von 50.000 Euro. Diese hohen Zahlen legen es nahe, dass die von der FAZ zitierten Landkreise in ihren Berechnungen längst nicht alle Kosten der unbegleiteten minderjährigen Ausländer internalisieren.
Interessant zu beobachten, ist die kognitive Dissonanz, die sogleich bei Georg Restle einsetzt, wenn ihn andere Twitter-Nutzer mit den zitierten deutlich höheren Kostenangaben konfrontieren:
Ja, die FAZ hat die Zahlen der Landkreise in Baden-Württemberg genannt. Nein, sie hat ihre Angabe von „bis zu 60.000 Euo jährlich“ nicht auf diesen aufgebaut. Den pampigen Tonfall gegenüber kritischen Nachfragern muss man Georg Restle vergeben – er ist eben nur in zweiter Linie Journalist.
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