Tichys Einblick
Es braucht die gesetzliche Restgeldmenge

Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 63 – Reststrommengen

Nur in Verbindung mit dem deutschen Atomausstieg ist dieser Begriff erklärbar. Er steht für Begrenzung, Beendigung und Kosten. Die Fragen nach Beginn und Einstieg bleiben offen.

Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

R wie

Reststrommengen, die

Dieser Begriff bezeichnet die Menge an elektrischer Arbeit (in diesem Fall gemessen in Gigawattstunden), die den deutschen Kernkraftbetreibern bis zur erzwungenen Abschaltung ihrer Anlagen vom Gesetzgeber zugestanden wird. Die Idee aus der Ausstiegsnovelle im Atomgesetz (AtG) 2002, die auch Atomkonsens genannt wird, schien eindeutig und problemlos handhabbar. Den Betreibern wurden ausgehandelte Reststrommengen genehmigt, nach deren Produktion die Kernkraftwerke stillzulegen wären. Dabei konnten die Strommengen innerhalb eines Konzerns verschoben werden, so dass die Übertragung von älteren auf jüngere Kraftwerke möglich war, was ältere und angeblich unsicherere Anlagen eher verdrängt hätte. Feste Jahreszahlen zu Abschaltungen gab es nicht.

Mit der schwarz-gelben 11. AtG-Novelle 2009 wurden die Laufzeiten durch erhöhte Reststrommengen verlängert, bevor die Fukushima-Katastrophe nicht nur zum Ausverkauf der Geigerzähler in Deutschland, sondern auch zur 13. AtG-Novelle mit der 180-Grad-Kehrtwende in der Atompolitik führte. Zurückgenommen wurden damit die erhöhten Reststrommengen aus der Novelle 2009, nicht jedoch die von 2002. Dafür wurden feste Abschalttermine beschlossen.

Nun zeigt sich, dass die verbleibenden Laufzeiten in einigen Fällen nicht ausreichen werden, die zugestandenen Reststrommengen zu produzieren. Insoweit können die Betreiber eine Verletzung des grundgesetzlich garantierten Rechts auf Eigentum geltend machen und Entschädigung beanspruchen. Nach Spruch des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 ist die Eigentumsbeeinträchtigung der Betreiber quantitativ erheblich und wiegt wegen des rechtlichen Hintergrundes der 2002 zugesprochenen Reststrommengen schwer. Das Gericht spricht von „Verstrombarkeitsdefiziten“, auch von „frustrierten Investitionen“, ein Begriff, der bei jedem Dieselfahrer heute unangenehme Assoziationen wecken dürfte.

Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass die neue alte Regierung bis zum 30. Juni 2018 nacharbeiten muss.

Da es aus politisch-ideologischen Gründen höchst unwahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber den Unternehmen den Abschaltzeitpunkt wieder nach hinten verschiebt und somit die Entschädigung umgeht, wird dem Steuerzahler wieder der Kassenzettel vorgehalten werden. Zwischen fünf und sieben Milliarden Euro dürften darauf stehen, je nachdem, wie hoch das Gericht den zu erwartenden Strompreis im Großhandel einschätzt.

Nach der von mir in „Brennelementesteuer“ beschriebenen regierungsamtlich-juristischen Fehlleistung wirft dieser Vorgang wiederum die Frage auf, welcher Qualität die zahlreich in Bundestag und Regierung hockenden Juristen sind. Auch auf den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages wirft dies kein gutes Licht. Ist er sein Geld wert?

Kein Kernwaffenausstieg

Nach dem deutschen Atomausstieg meint der im Denken von den Qualitätsmedien betreute Michel, vor den Gefahren der Atomkraft künftig geschützt zu sein. Dies ist mitnichten so. Dicht an den westlichen Landesgrenzen arbeiten französische und belgische Kernkraftwerke, in deren Hauptwindrichtung deutsche auch dichtbesiedelte Gebiete liegen. Eifrig loben deutsche Regierungsmitglieder die Lichtgestalt Macron für seine Initiative, den Preis für CO2 anzuheben, ohne jedoch dafür die Stilllegung französischer Kernkraftwerke zu fordern.

Völlig aus dem Blick geraten sind die amerikanischen Kernwaffen in der Eifel, die derzeit modernisiert werden und dafür sorgen, dass Deutschland in der Leittechnik russischer Atomwaffen als Zielgebiet einprogrammiert bleibt. Mit dieser Tatsache haben deutsche Atomkraftgegner, Greenpeace, „Ausgestrahlt“, Bündnis90 / Die Grünen und andere offenbar überhaupt kein Problem. Vorbei die Zeiten, als in Mutlangen und anderswo Proteste der deutsche Linken und der Friedensbewegung stattfanden und so die Tatsache wenigstens in Erinnerung hielten.

Während sich unsere ÖR-Medien alle Mühe geben, Trump als Dödel zu präsentieren und die „heute-show“ den gefühlt millionsten Witz über ihn macht, kann er mit Massenvernichtungswaffen in Deutschland nach seinem Gusto verfahren. Man muss nun nicht mit dem Schlimmsten rechnen, aber dass auch mit Kernwaffen Unfälle passieren können, scheint außerhalb jeder Vorstellung zu sein

Wie auch immer die neue alte Regierung bis zum 30. Juni entscheiden wird, es wird Kosten in noch unbekannter Höhe Reststrommengen verursachen. Jede schwäbische Hausfrau, jeder Brandenburger Milchbauer, jeder pfälzische Winzer und jeder Berliner Dachdecker, erst recht jeder Tafelkunde muss sorgsam mit seinem Geld umgehen. Nicht so die öffentliche Hand in unserem Parteienstaat.

Die sicherste Art, Geld zu verschwenden, besteht darin, es Politikern zu geben. Es sollte eine Begrenzung eingeführt werden in Form einer Restgeldmenge.

Hier zum Nachlesen die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop:www.tichyseinblick.shop

Die mobile Version verlassen