Auch der Spiegel hatte sich kürzlich an Spekulationen beteiligt, dass eine Freilassung Deniz Yücels Sigmar Gabriel eventuell das Amt Außenminister retten könnte. Nun ist es soweit, der Journalist ist auf freiem Fuß. Und Gabriel wird ohne Zweifel weiterhin gebraucht, aber wohl viel mehr als Lückenbüßer, weil den Debatten mittlerweile das Personal fehlt. Lars Klingbeil und Carsten Sieling mögen schon Abgesänge auf ihren früheren Parteivorsitzenden angestimmt haben, nur: Totgesagte leben oftmals länger, als potentielle Nachfolger sich das wünschen mögen.
Sieht man sich genauer an, was da für Personalvorschläge für „Die Zeit nach Sigmar“ gemacht werden, offenbart sich vor allem ziemliche Ratlosigkeit.
Jungdiplomatin Katarina Barley, die schon mal zwischen zwei Aschermittwochs-Heringen im rheinland-pfälzischen Zemmer über Ihren Einsatz als „Universalwaffe“ witzelt, wie hier bei der Zeit kolportiert, hat noch die besten Aussichten, als Juristin, mit ministerieller Erfahrung und „englischen sowie französischen Sprachkenntnissen,“ wie N-TV zu berichten weiß. Aber hat sie auch das Format?
Und der Focus will wissen, Umfragen hätten ergeben, dass sich 13 Prozent der Befragten (Barley bekäme hier nur 7 %) dafür aussprächen, den geschäftsführenden Justizminister Heiko Maas ins Außenamt zu versetzen. Wenngleich der Saarländische Rundfunk schon vor einer Weile erfahren haben will, dass der im Justizministerium bleiben solle.
Für den ebenfalls als möglichen Kandidaten lancierten außenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, hat die dpa-Meldung (hier beim Siegerlandkurier) nur die hämische Frage: „Niels wer?“ übrig. In der Tat war die einzige länger im Gedächtnis haften bleibende Schlagzeile über den früheren Juso-Vorsitzenden die über sein „Langzeit-Studium Interruptum“ über das sich der Spiegel 2008 unverhohlen mit anderen lustig machte.
Und zum eben ehemaligen Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag, Thomas Oppermann, Bundestagsvizepräsident und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, fällt einem sehr schnell wieder der sogenannte Edathy-Skandal 2014 ein (hier von der Berliner Zeitung als dessen „Karriereknick“ kolportiert) bei dem er ordentlich Federn und ein leibhaftiger Innenminister seinen Hut lassen musste.
Doch Rettung naht: Just in dem Moment, wo der Welt-Journalist wieder frei ist, scheinen auch „Die Deutschen“ mehrheitlich überzeugt, dass Sigmar Gabriel Außenminister bleiben solle. Hier die Meldung der FAZ dazu.
Die Yahoo Nachrichten begrüßen die, wenn auch „mit 54 % knappe Mehrheit für Gabriel“ mit den Worten: „… dass diese der SPD zu denken geben werde“ – als ob die Partei nicht ohnehin gerade genug Grund zur geistigen Einkehr hätte.
Ein Schelm, wer nun das zeitliche Zusammentreffen zweier Argumente für den Verbleib des Ministers Gabriel im Amt (Umfrage & Freilassung) nicht für einen Zufall hält? Die wachsam designierte und designiert wachsame SPD-Chefin Andrea Nahles hat dem geschäftsführenden Außenminister just wegen dessen „angeblichen Betreibens einer Kampagne in eigener Sache“ im Spiegel Vorhaltungen gemacht. (Reuters-Meldung, hier bei der „Welt“).