Tichys Einblick
#HeimatHorst

Politik: Finger weg von Heimat

Ob Kris­tin Rose-Möh­ring zu ihrem Vorschlag, Heimatland zu singen statt Vaterland, vom UFA-Film "Heimatland" 1939 inspiriert wurde oder vom österreichischen Heimatfilm "Heimatland" 1955 oder von der Schweizer dystopischen Ausgabe von "Heimatland" 2015, ist mir nicht bekannt.

Nachdem der Begriff Heimat ebenso schnell wieder aus den Gazetten verschwand, wie er im GroKo-Groß-Geschwätz über eine zusätzliche Zuständigkeit des auserkorenen Bundesinnenministers Seehofer aufgetaucht war, holt ihn nun eine aus der unübersehbaren wie überflüssigen Schar der Beauftragten wieder hervor. Die Frauenbeauftragte des Bundesfamilienministeriums will den Text der Nationalhymne ändern, wie aus einer Vorabmeldung der BILD am Sonntag hervorgeht: «Aus „Vater­land“ soll „Hei­mat­land“ wer­den, aus „brü­der­lich mit Herz und Hand“ „cou­ra­giert mit Herz und Hand“.»

Kris­tin Rose-Möh­ring ist, notiert die BamS, es klingt bedrohlich, „seit 2001 Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te und außer­dem Vor­sit­zen­de des Inter­mi­nis­te­ri­el­len Arbeits­krei­ses der Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten der obers­ten Bun­des­be­hör­den (IMA)”. Warum sie statt Vaterland Heimatland gesungen hören will, ist klar, Vater ist männlich. Aber der Gleichberechtigung dient ihr Vorschlag nicht, denn Heimat ist weiblich, da könnte sie auch gleich Mutterland vorschlagen. Hier bieten sich doch Studien der üblichen Verdächtigen unter den Studienlieferanten an, es muss doch ein durch und durch sächliches Wort geben. Denn durch die Fusion von Vater und Heimat mit Land ist das Gesamtwort in beiden Fällen sächlich wie bei Mutterland auch.

Ob Kris­tin Rose-Möh­ring zu ihrem Vorschlag vom UFA-Film „Heimatland“ 1939 inspiriert wurde oder vom österreichischen Heimatfilm „Heimatland“ 1955 oder von der Schweizer dystopischen Ausgabe von „Heimatland“ 2015, ist mir nicht bekannt.

Mit den anderen Beauftragten scheint die IMA-Vorsitzende nicht gut verdrahtet, sonst wüsste sie, die Türkische Gemeinde lehnt Heimat ab: «Der Begriff Heimat beschreibe einen „von Mensch zu Mensch unterschiedlichen Erfahrungs- und Gefühlsraum“, so Sofuoglu: „Ihn auf den politischen Kontext zu übertragen, halten wir nicht nur aufgrund der deutschen Vergangenheit für problematisch. Wir befürchten, dass er nicht Zusammenhalt und Zusammengehörigkeit, sondern Ausgrenzung und Spaltung fördert.“»

Das Entscheidende hat die Beauftragte nicht auf ihrem Radar, hier von Glosse zum reinen Ernst: Heimat ist ein vorpolitischer Begriff. Was Heimat für jeden einzelnen ist und bedeutet, geht die Politik nichts an: N-I-C-H-T-S.

Dass die bayrische Politik schon vor längerem Heimat in der dortigen Regierung zu einem Marketing-Vehikel degradiert hat, ist ein Grund mehr, die Finger von Heimat in jeder Bundesregierung zu lassen. Hier ein Blick auf die kurze Berichterstattungswelle Anfang Februar.

Die Rheinische Post war schnell mit der Zustellung der Nachricht: «Unter dem Hashtag #HeimatHorst erntet die Entscheidung der möglichen großen Koalition auf Twitter viel Spott und Häme. Insbesondere, weil Horst Seehofer als Bayer das Amt leiten soll …»

Der österreichische Kurier wunderte sich: «Deutschland bekommt ein Heimatministerium. Ausgerechnet Deutschland. Also das Land, in dem eine Fußball-Weltmeisterschaft noch vor nicht allzu langer Zeit eine Diskussion darüber auslöste, ob man es mit dem Patriotismus nicht übertreibt, wenn man sich die schwarz-rot-goldene Fahnen aufs Auto heftet; das Land, in dem Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 ihrem damaligen Generalsekretär Hermann Gröhe selbige Fahne bei einer Wahlkampfveranstaltung abnahm.»

ZEIT online schrieb: «Seehofer machte auch erste Angaben zum seinem neuen Ressortbereich Heimat, der in dem von ihm geführten Innenministerium angesiedelt sein soll. Es gehe dabei nicht nur um Dirndl und Lederhosen. Der Heimatbereich betreffe natürlich die kulturellen Gewohnheiten der Deutschen. Genauso gehe es ihm aber um strukturelle Fragen, etwa um die Lebensqualität im ländlichen Raum.»

SPON lehrte, es handle sich: «beim Heimatministerium im Grunde um ein Digitalisierungs-, wenn nicht sogar ein Zukunftsministerium. Es trägt die „Heimat“ nur deshalb im Namen, um hinterwäldlerischen Globalisierungsskeptikern die Furcht vor dem Bagger zu nehmen, der ihre Heimat mit Glasfaserkabeln an die Globalisierung anschließen wird. Das ist clever, weil Schlitzohr Seehofer damit die Sorgen der Menschen ernst nimmt.»

Die Süddeutsche klärte auf, «von Heimat zu Heimattümelei ist ebenso falsch wie die Häme gegenüber dem geplanten Innenministerium, das um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert werden soll. „Heimat“ ist mitnichten ein rückwärtsgewandter Begriff. Im Gegenteil: Die Frage nach dem, was Heimat bedeutet – auch für Menschen, die nicht schon immer hier leben -, gehört zu den drängendsten unserer Zeit: Heimat ist der Gegenbegriff zu Globalisierung. Es ist ein sinnvolles politisches Vorhaben, diesen Begriff prägen zu wollen.»

Karin Janker, SZ, hat recht, Heimat und Globalisierung in Bezug zu setzen. Aber Heimat gehört – im wörtlichen Sinne von gehört – dem einzelnen und den von ihm frei gewählten anderen einzelnen, die er zu den Seinen in seiner Heimat zählt. Globalisierung gehört den Konzernen sowie ihren Agenturen UNO, EU und so weiter.

Es gibt eine notwendige und mögliche politische Antwort auf Globalisierung, Lokalisierung ist ein guter Begriff dafür. Noch hat das niemand wirkungsvoll auf seine politische Agenda gesetzt. Aber jede Nachfrage findet irgendwann ihr Angebot. Hier liegt es in der radikalen Dezentralisierung von politischen Ordnungen, also im Gegenteil dessen, was die EUkraten wollen.

Heimat ist für mich keine Gegend, sondern das ganze kulturell-soziale Netz, in dem wir uns geborgen finden. Ist meine kurze Beschreibung. Andere werden das anders empfinden und formulieren. Das gehört zur Heimat dazu und enthebt sie dem politischen Zugriff.

Von Heimat, Politiker lasst die Finger, sie gehört freien Bürgern. Heimat ist auch kein Vehikel von Lokalisierung, das ihr benutzen dürft. Nein, Heimat gehört uns, die ihr von eurer Politik geheilt habt. Ein für allemal.

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