Jeder selbstverliebte Wolkenkuckucksprinz, der sich seinen weißen Hermelin nicht schmutzig machen möchte und dennoch sicher in seinem ökologisch artgerechten Garten lustwandeln möchte, bevor er abends bei Bio-Wein und lokalem Walnussbrot darüber philosophiert, was es bedeutet, ein gutes und gerechtes Leben zu führen, muss die schmutzige Arbeit zur Sicherung seines Ökosystems delegieren. In der Türkei hat Deutschland einen willigen Gastarbeiter für das schmutzige Staatsgeschäft der Grenzsicherung gefunden. Der deutsche Prinz sagt: „Es gibt keine Obergrenze in der Flüchtlingsfrage“ und der türkische Gastarbeiter sorgt dafür, dass der deutsche Prinz das weiter glauben kann.
Natürlich gibt es eine Obergrenze in der Flüchtlingsfrage! Alles hat eine Obergrenze! Kein Raum hat unendliche Kapazität. Die Obergrenze für Flüchtlinge liegt dort, wo ein Land nicht mehr in der Lage ist, sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Wer sich weigert, eine Obergrenze zu definieren, weigert sich, Verantwortung zu übernehmen. Nur wer sagen kann, wieviel Hilfe er geben kann, kann auch helfen.
Als Ende 2015 am Münchener Hauptbahnhof eine ungewohnt hohe Zahl von Flüchtlingen ankam und sie von applaudierenden Deutschen empfangen wurden, da fielen überall die Sätze: „Jetzt zeigt Deutschland sein freundliches Gesicht“ und „Auf dieses Deutschland bin ich stolz!“
Es herrschte in Deutschland von Anfang an eine grenzenlose Naivität im Umgang mit der Flüchtlingssituation. Die Flüchtlinge, die aus Syrien und anderen Kriegsgebieten kommen, sind größtenteils durch Krieg traumatisierte und brutalisierte Männer, die aus zerbrochenen Clanstrukturen stammen, zusammengehalten von einer autoritären Religion, gegründet von einem patriarchalen Feldherren. Diese Männer brauchen individuelle Hilfe und intensive Betreuung. Sie in überfüllte, enge Räume und Zelte zu zwängen, nicht selten zusammen mit Leuten aus Ländern und Kreisen, mit denen sie in der Heimat im Krieg lagen, ist das Gegenteil von Hilfe. Es ist ein Fortführen des Kriegs mit anderen Mitteln. Natürlich ticken diese Männer in solchen Umständen gehalten irgendwann aus.
In einer Gemeinde, in der hoch traumatisierte und brutalisierte Flüchtlinge in Lager gepfercht werden, ist die Obergrenze erreicht.
Es ist menschlich, begrenzt zu sein und es ist die Fähigkeit der Vernunft, die Begrenzung zu erkennen. Daher muss der Mensch vernünftig sein.
Am 3. Oktober 1990 wurden an einem Tag etwas mehr als 16 Millionen Deutsche im Sinne des Grundgesetzes. Es war die größte Einwanderung in der Geschichte der BRD. Sie entflohen einem unmenschlich, autoritären System der Überwachung und Unfreiheit. Zum Glück brachten diese Flüchtlinge ein eigenes Land und ein eigenes festes Zuhause mit. Sie mussten nicht in Sammellagern gehalten werden. Zudem sprachen sie unsere Sprache und sie teilten mit uns eine lange gemeinsame Geschichte und Tradition. Dennoch hat sich eine Generation später besonders unter diesen Neubundesdeutschen ein radikales Gedankengut entwickelt, das Tausende in Dresden, Leipzig und Heidenau mit menschenverachtenden Parolen auf die Straße treibt.
Als 1949 die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde, von kriegstraumatisierten Männern und Frauen, da brauchte es zum demokratischen Erfolg eine jahrzehntelange Besatzung durch Amerikaner, Engländer und Franzosen. Als sich dann in den sechziger und siebziger Jahren, also eine Generation später, die Jugend mit ihren Eltern auseinandersetzte, da wäre dieses Deutschland fast im Terrorismus versunken.
Wenn Deutsche schon Schwierigkeiten haben, kriegstraumstisierten Deutschen zu helfen, woher nimmt sich dann dieses Deutschland die Anmaßung zu glauben, grenzenlos Flüchtlingen aus fremden Kulturen helfen zu können? Was für eine Hybris! Es ist deutscher Größenwahn zu glauben, man könne ohne Obergrenze helfen und deutscher Größenwahn hat auf der Welt nicht gerade den besten Ruf.
Wenn sich der deutsche Übermut und Größenwahn im Idealismus nicht bald legt, läuft Europa Gefahr, in Ikaria umbenannt zu werden. Es reicht eben nicht, Flüchtlinge reinzulassen. Ihnen muss auch geholfen werden. Dazu gehört es, sich der Gefahren bewusst zu sein. Eine Gefahr besteht darin, dass jeder Flüchtling rückfällig werden kann. Es ist keine Seltenheit, dass Frauen, die aus gewalttätigen Umfeldern in Frauenhäuser geflüchtet sind, hinterher wieder in die gewalttätigen Arme ihrer Peiniger zurückkehren. Es ist unausweichlich, dass ein Teil jener Menschen, die aus islamischen Diktaturen geflüchtet sind, nach einiger Zeit in die Arme deutscher Islamisten flüchten werden. Das heißt nicht, dass Deutschland gar keine Flüchtlinge aufnehmen soll, die Frauenhäuser sollen schließlich auch nicht schließen, aber jedes Haus hat Wände und Grenzen und somit nicht unendlich Platz und Haushalt.
Mit all diesen Fragen will sich aber die deutsche Regierung nicht beschäftigen und hält weiterhin an dem Phantasma fest, es gäbe keine Obergrenze. Dafür lässt Deutschland andere europäische Staaten und vor allem die Türkei die Drecksarbeit machen, ganz nach dem Motto, was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Für die türkische Regierung ist die Verteidigung der Grenze mit Waffengewalt als Ultima Ratio eine Selbstverständlichkeit. Die AfD hat über Schießbefehle an Grenzen nur fabuliert, die deutsche Regierung unter CDU und SPD jedoch lässt schießen.
Entweder übernimmt Deutschland endlich selbst die Verantwortung für die schmutzige Arbeit des Staatsgeschäfts oder die Gastarbeiter werden irgendwann zu Recht revoltieren. Es ist nicht schön, eine Obergrenze definieren zu müssen, aber keine Zahl ist so grausam wie das, was Erdogan gerade an und innerhalb der türkischen Grenze macht. Schmutzige Arbeit verschwindet nicht, indem man sie nicht macht. Zur Arbeit eines jeden Nationalstaats gehört nun einmal die Sicherung der Grenzen und jeder Nationalstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er die Menschheit in Staatsbürger und Ausländer einteilt. Selbstverständlich gelten für alle Menschen die Menschenrechte, aber nur für die Staatsbürger gelten die Staatsbürgerpflichten und Staatsbürgerprivilegien.
Das zu verdauen, fällt einem Wolkenkuckucksprinzen jedoch schwer. Er liegt lieber auf dem Feld seines eingezäunten und von Gastarbeitern bewachten Gartens und lässt seine Nase aus dem hohen Gras herauswachsen, während er seine eigene, selbstgefühlte Gutheit befriedigt und dabei so sehr die Blüten aus den Blumen schnaubt, dass die Bienen und Schmetterlinge verhungern müssen.
Dieser Beitrag ist zuerst bei Tapfer im Nirgendwo erschienen.