Die vielleicht meistbeachteten elf Minuten im Leben der Firma Twitter waren die, in denen der Account @realdonaldtrump abgeschaltet war. Elf Minuten war der amerikanische Präsident damit stumm, keine Scherze über den „kleinen Raketenmann“ Kim, kein Wort über die „Shitholes“ dieser Welt. Die Sperrung – pikanterweise durch den aus Deutschland stammenden Twitter-Praktikanten Bahtiyar Duysak – sei ein Versehen gewesen, hieß es.
Wohl eher nicht. In der letzten Woche veröffentlichte das amerikanische „Project Veritas“ (weder verwandt noch verschwägert mit Mateschitz‘ Quo Vadis Veritas) einen Bericht, nachdem Twitter-Mitarbeiter gezielt Accounts mit einem „Shadowban“ belegen. Das bedeutet, dass bestimmte Hashtags eines Posts nur für die Follower eines Profils sichtbar sind, nicht aber für andere User, sodass keine Reichweite und Sichtbarkeit mehr ausgebaut werden kann. Opfer dieser perfiden „Einsperrung“, die der Twitterer selber nicht mitbekommt, sind Posts, die den Twitter-Angestellten nicht in den politischen Kram passen. So bestätigt einer „Da war dieses Pro-Trump Ding, und ich bin gegen Trump. Da habe ich seinen Account gebannt.“
Ein Twitter-Angestellter namens Pranay Singh gab zu, dass die Algorithmen so angelegt sind, dass Leute mit einer bestimmten politischen Meinung schnell ausfindig gemacht, und damit auch leicht „gebannt“ werden können. Noch im Juni vergangenen Jahres behauptete Twitter allerdings offiziell, ein solches Abdimmen oder Zensur durch Shadowban finde nicht statt. Beschwerden wiegelte das Unternehmen mit „Störungen“ und „Spamfilter“ ab. Die Recherchen von „Project Veritas“ belegen nun das Gegenteil. Das Bannen von unliebsamen Twitterern sei keine Ausnahme, sondern eine Art „ungeschriebenes Gesetz“, eher mündlich als schriftlich angewiesen.
Inwieweit im Konzern die Unterdrückung nicht genehmer Meinungen Hauspolitik ist, lässt sich im Moment schwer feststellen. Dagegen spricht, dass eine solche Praxis schnell geschäftsschädigend werden könnte. Alleine Donald Trump hat immerhin 41 Millionen Follower. Viel wahrscheinlicher folgen die missionarischen Bilder- und Wortstürmer ihrer eigenen politischen Agenda, frisch und frei nach Hillary, Barack und Bernie.
Wie Twitter wurde auch Facebook der Manipulation überführt. Ehemalige Mitarbeiter gestanden: „Wir haben routinemäßig konservative News-Inhalte unterdrückt.“ Mit anderen Worten, befand der Gadget-Blog Gizmodo, Facebook arbeite wie ein „normales“ Medienunternehmen, das Inhalte nach dem Gusto und der politischen Anschauung seiner Redakteure oder Eigner „verkauft“, nur erwähnt, oder ganz unter den Tisch fallen lässt. Angeblich nutzt Facebook ein „Trending-Modul“, um die Bedeutung einer Nachricht zu evaluieren, aber in Wahrheit greift die neue Medien-Krake mehr ein, als bekannt. „Inhalte kamen auf eine schwarze Liste oder wurden als ‚trending’ bewertet, je nachdem, wer gerade Dienst hatte“, sagte einer der sogenannten Curatoren schon im letzten Jahr.
Wie weit inzwischen die großen Tech-Companies auf ihrem Weg in die Brave New World vorangeschritten sind, zeigt eine Klage, die seit Montag den Giganten Google beschäftigen dürfte. Die „Dhillon Law Group Inc.“ klagt im Namen der von Google entlassenen Software-Ingenieure James Damore und David Gudeman gegen den Konzern. Kernaussage: Google diskriminiere „weiße, konservative Männer“. Google verfolge und bestrafe Mitarbeiter, die andere politische Ansichten als die Mehrheit der Googler äußerten. Google setzte Manager unter Druck, die in ihren Abteilungen nicht die – nach kalifornischem Recht illegalen – hausinternen „Diversity“-Quoten erreichten. Männliche und weiße Bewerber würden offen als „weniger wünschenswert“ in Einstellungsprozessen beschrieben. Google fördere jede nur denkbare Sexualpraktik bei seinen Angestellten, außer der heterosexuellen Monogamie.
Damore erlangte im August 2017 eher unfreiwillig weltweit Berühmtheit, weil er nach diversen, für die Karriere wichtigen, Seminaren und Wochenendveranstaltungen über „Diversity“, „Bias Sensitivity“, oder „Social Justice“ – schon komisch, dass man diese Floskeln nicht einmal mehr übersetzen muss – firmenintern Kritik an dieser Weltsicht übte. Sein Memo, in dem er die biologischen Unterschiede von Mann und Frau mitverantwortlich dafür machte, dass weniger Frauen Informatik oder Technik studierten (eher, als das dieses Ungleichgewicht vom „institutionalisierten Sexismus“ herrühre), machte Damore endgültig zum Paria. Wer die Klageschrift liest, fühlt sich durchaus an die Zeit der chinesischen Kulturrevolution erinnert. Damore wurde isoliert, körperlich bedroht, und schließlich gefeuert.
Die US-Techriesen Twitter und Google ziehen quasi zu Felde gegen weiße Männer und Konservative. Ihr Verhalten erinnert eher an eine Sekte oder an linke Szenewirte in Köln („Kein Bier für Nazis“), als an ein modernes weltweit tätiges Unternehmen.
Hiesige Politiker aus Union und SPD dürften in den jüngsten Entwicklungen jenseits des Großen Teiches nichts Kritikwürdiges erkennen, ist doch auch ihr Traum der „Googley Way“, wie die Nerds ihren Lifestyle kindisch nennen. Sie würden auch nicht die weitere Ironie der Geschichte begreifen: Die Gründer von Google, Sergey Brin und Larry Page, leben nämlich unbeirrt abseits des Googley Way. Page ist mit Lucinda Southworth von den Necker Islands verheiratet und hat zwei Kinder. Brin hat zwei Kinder mit seiner Frau Anne Wojcicki. Na gut, er ist wenigstens geschieden.