Der Spiegel erscheint in dieser Woche mit einem überraschenden, aber gut zur Weihnachtszeit passenden Titel. Gut zur Weihnachtszeit passt das Thema, weil die Sehnsucht nach einem leiblichen Kind sehr viel mit individueller Sinnsuche und Sinnstiftung zu tun hat.
Für mich war es überraschend zu lesen, wie rund um den Kinderwunsch eine regelrechte Medizin- und Therapieindustrie gewachsen ist, was wieder einmal bestätigt, dass sich in einer Marktwirtschaft für jegliche Art von monetarisierbarer Nachfrage früher oder später mehr oder weniger erfolgreiche Helfer anbieten.
Ein anderer Aspekt ist der unerschütterliche Glaube an das Machbare. Glücklich schwanger noch mit 50 – Promis machen es vor. Und dann erklären Sie bitte ihrer versammelten Verwandtschaft an Weihnachten einmal, warum bei Ihnen das Kind nur in der Weihnachtskrippe liegt und nicht im Bettchen im Kinderzimmer, das man so gerne für den Nachwuchs ausstatten würde.
Das Land braucht keine Auguren – es hat ja den Spiegel. Dirk Kurbjuweit findet, dass einige Vögel in Berlin seltsam fliegen und leitet daraus im Leitartikel „Die Trümmer des Merkelismus“ die nicht wirklich originelle These ab, dass das Problem, weshalb es noch keine Regierung nach der Bundestagswahl gebe, nicht allein bei FDP und SPD liege, sondern ebenso bei Angela Merkel. Aber lassen wir uns nicht täuschen: Bei den Wikingern galt der Rabe als zuverlässiger Wegweiser. Wer weiß, was für Vögel der Autor gesehen hat. Immerhin sorgte Merkel gemeinsam mit Sigmar Gabriel, Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer für ein zweites Wirtschaftswunder, wie der Focus vor einiger Zeit titelte – eine allerdings oberflächliche Betrachtung die nicht berücksichtigt, dass Sparer und Konsumenten die Verlierer, die Exportindustrie der einseitige Gewinner ist. Aber Prosperität ist zu wenig, wenn das Land erstarrt und den Bürgern von der Staatsspitze weder Sinn noch Vision ihres Strebens vermittelt wird.
Der Schlachtruf der Postmoderne „Anything goes“ habe nicht nur egalisiert, sondern auch Sicherheit und Orientierung entzogen. Die Anti-Postmoderne sehne sich nach der guten alten sozialdemokratischen Zeit zurück. Die SPD werde derzeit eher mit einem unidentifizierbaren Postmodernismus gleichgesetzt, auch weil es nicht gelungen sei, Errungenschaften wie soziale Sicherheit, Teilhabe und Solidarität auch in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung durchzusetzen. Um wieder identifizierbar zu werden, müsse die SPD sich neu aufstellen mit einer Europäisierung und Internationalisierung ihrer politischen Konzepte. Soll das nun die Marschrute für die Sondierungsgespräche werden? Und übrigens: Wer waren denn in den zurückliegenden Jahrzehnten diejenigen, die ganz vornewegliefen, wenn es um die Desavouierung von Autoritäten ging, wenn „Heimat“ als Schimpfwort betrachtet wurde? Gabriel weint der klassischen Wählerklientel hinterher. Was ist denn die klassische SPD-Klientel? Gabriel erkennt einiges richtig, wenn er dem Verlust der Wähler zur AfD hinterherweint. Konsequenzen zieht er kaum. Eine gute Analyse dazu hat Roland Springer geliefert. https://www.tichyseinblick.de/meinungen/gabriel-fordert-neuaufstellung-der-spd/
Wähler der populistischen Rechten, die man zurückholen will, befinden sich in allen Gesellschaftsschichten. Weil sich der Verlust von Sicherheit fast überall manifestiert und weiter angeheizt wird von Gerechtigkeitsträumereien, bei denen am Ende alle verlieren. Der Weg nach EU-Europa ist eine Flucht aus der Realität.
Sigmar Gabriel war von 2009 bis 2017 Parteivorsitzender der SPD. Die Wahlschlappe, die Martin Schulz anhängt, ist auch ein Ergebnis seines Amtsvorgängers, Sigmar Gabriel.
„Bitte ein Bitcoin“ gibt einen Überblick über den Markt der Kryptowährungen; eine nachvollziehbare Erklärung eines nicht ganz einfachen Themas.
Nicht nur „Eine Frage des Vertrauens“, sondern zunehmend zu einem Fall fürs Image der Versicherungsgesellschaften werden die Verkäufe von Lebensversicherungen an Investoren aus aller Welt.
In „Niveau-Alarm“ kommentiert Martin Doerry das provinzielle Hickhack um den Wechsel des Chefdirigenten des NDR Elbphilharmonie Orchesters. So manche Stadtobere sind der Meinung, dass die Elb-Philharmonie zwar architektonisch Weltklasse, aber musikalisch zweite Liga sei. Ja, und! Fußballerisch ist Hamburg doch schon lange nicht mehr Spitze, zu lesen in „Nur Uwe ist noch eine Bank“.