Tichys Einblick
Säkularisiertes Berlin

Katholisches Elitegymnasium stellt Lehrerin mit Kopftuch ein

Warum fördert ein Rektor und Jesuit die Verschleierung? Ist das Christenwerk, und warum? Und wenn nein, warum macht er das? Fragen, die einem der schlauen Jungs in Schwarz zu stellen sind.

© Getty Images

In Berlin hat ein Jesuitenpater und Leiter eines katholischen Gymnasiums mit der Einstellung einer Kopftuch tragenden muslimischen Lehrerin von sich reden gemacht. In Berlin, wo man – wie in fast allen deutschen Landen – Lehrerinnen hochoffiziell das Tragen eines Kopftuches an öffentlichen Schulen untersagt hat. Der Pater Tobias Zimmermann ist gebürtiger Münchner und Rektor des als elitär angesehenen und 1925 gegründeten Canisius-Kollegs in Berlin-Tiergarten. Namengeber der Schule ist übrigens der Hl. Petrus Canisius (1521 – 1597). Dieser war zu seiner Zeit Exponent der Gegenreformation.

Große Schlagzeilen hatte die Schule 2010: Der damalige Schulleiter Klaus Mertes deckte auf, dass es an seiner Schule in den 1970er/1980er Jahren Fälle von Missbrauch gegeben hatte; er gab damit einen maßgeblichen Anstoß dazu, dass viele andere Schulen (auch die Odenwaldschule) sich ihrer Vergangenheit stellen mussten. Das ist Geschichte, wenn auch eine mühsam aufgearbeitete.

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Zurück zu Pater Zimmermann: Als Jesuit sieht er sich in der Tradition des Ordens „Societas Jesu“ (SJ), der 1534 von Ignatius von Loyola gegründet wurde und bald eine Macht darstellte. In den Jahrhunderten seither sind Jesuiten und deren Zöglinge nicht nur in der katholischen Kirche, sondern in der hohen Politik zu gestaltenden Kräften geworden. Papst Franziskus ist Jesuit. Und in der Europäischen Union geben bzw. gaben Jesuitenschüler maßgeblich den Ton an: Jean-Claude Juncker, José Manuel Barroso, Mario Draghi und Herman Van Rompuy. Schlaue Jungs – so wird das Kürzel SJ von Kennern übersetzt.

Nun macht das Canisius-Kolleg inmitten der stets virulenten Debatte um die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland in ganz anderer Hinsicht auf sich aufmerksam. Der seit 2011 amtierende Kolleg-Rektor Zimmermann hat eine Kopftuch tragende Lehrerin eingestellt. Wie der Zopf tragende Pater betont, nicht deshalb, weil ihm sonst Lehrer fehlten, sondern ganz bewusst. Den Wünschen der Berliner Grünen folgend, die dort noch umstritten sind?

In einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“, Ausgabe vom 11. Dezember 2017, legt er seine Beweggründe dar. Auf die Frage der Journalistin Kathrin Spoerr, warum er diese Lehrerin eingestellt habe, antwortet er gleich zu Beginn der Interviews: „Warum nicht?“ Schlaue Jungs, siehe oben: eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten. Aber der Pater wird dann doch konkreter: Er wollte mit dieser Entscheidung „einen Pflock einschlagen“, er wäre glücklich, wenn sein Handeln zum Anfang einer offenen Debatte würde, und es gefalle ihm, „wie da alle Klischees durcheinandergewirbelt“ würden.

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Ob das Kopftuch ein Zeichen gelungener oder gescheiterter Integration sei, wird der Rektor gefragt. Seine Antwort: „Ich denke, es am Kopftuch festzumachen, ist albern.“ Bemerkenswert auch seine anderen Aussagen: Der Islam könne uns aus unserem Hochmut herausholen. An anderer Stelle freilich: „Was Muslime in Deutschland wollen, wissen wir ja nicht genau …“ Im übrigen gibt Jesuit Zimmermann den Relativierer: „Aber mir ist nicht nur an bestimmten Rezeptionen des Korans manches suspekt, sondern auch solchen des Katholizismus“. An „Rezeptionen“ also, nicht am Islam selbst. Den Begriff Leitkultur hält der Pater für „absurd“. Leitkultur sei eine Fiktion, meint er. Von der Trias Jerusalem/Athen/Rom als den tragenden ideellen Säulen europäischer Leitkultur hat der Theologe wohl noch nichts gehört.

Die Einstellung der Lehrerin bezeichnet Zimmermann zum Ende des Interviews als einen „Dienst, den wir Christen der Gesellschaft tun.“ Nachdem er zuvor gemeint hatte: „Wir haben, was Religion betrifft, ein Bildungsproblem. Und der Islam hilft uns da weiter.“ Das kommt einem vor wie Merkel. Hatte sie vor Jahresfrist auf einem Parteitag in Mecklenburg-Vorpommern nicht gesagt, ihre Partei müsse mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit den christlichen Wurzeln pflegen? Konkret schlug sie damals vor, Liederzettel zu kopieren und jemanden aufzutreiben, der Blockflöte spielen kann.

Bei so viel Wahlverwandtschaft wird es höchste Zeit, dass Zimmermann im Kanzleramt empfangen wird. Und höchste Zeit für die Aushändigung eines Toleranzpreises.

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