Tichys Einblick
Tatsachen zur Kenntnis nehmen

Israel und Jerusalem: Braucht unsere Polit-Elite Nachhilfe?

Ende 2000 bot Israel Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas an. Ergebnis: Arafat sagte nein und inszenierte die Zweite Intifadah.

US President Donald Trump (L) and Israel's Prime Minister Benjamin Netanyahu arive to delivering a speech during a visit to the Israel Museum on May 23, 2017 in Jerusalem

© Lior Mizrahi/Getty Images

Wenn US-Präsident Donald Trump per Presseerklärung, Grundsatzrede oder Tweet erklären würde, dass zweimal zwei vier ergäbe, würde das Kanzleramt in Abstimmung mit dem französischen Präsidenten Macron, Arm in Arm mit Erdogan sowie dem Außenminister der Weltmacht Luxemburg Jean Asselborn und assistiert von einem gelegentlich irrlichternden Papst Franziskus bestimmt besorgt reagieren und Trumps Rechenkünste in Zweifel ziehen. So weit ist es gekommen mit dem Antiamerikanismus in Deutschland und in großen Teilen Europas.

Man muss Trump nicht mögen, und man muss nicht alle Politik der israelischen Regierung, etwa den Siedlungsbau, gutheißen. Aber ein wenig mehr Verantwortung für und Solidarität mit Israel stünden zumal Merkel und ihren westeuropäischen EU-Kumpanen gut zu Gesicht. Stattdessen dulden eine Bundesregierung und ein Land Berlin wegen Trumps Aussage zu Jerusalem als Hauptstadt Israels vor dem Brandenburger Tor wüste Demonstrationen gegen Israel, etwa das Verbrennen eines herausragenden staatlichen Symbols, nämlich der israelischen Fahne. Merkel, Steinmeier und Co. reagieren darauf wieder mal mit betörendem Schweigen! Klar doch, Symbole wie etwa eine Fahne hatten für Merkel noch nie eine Bedeutung. Man denke an ihren Missmut, als ihr damaliger CDU-Generalsekretär Gröhe nach dem Wahlsieg 2013 einen kleinen Deutschlandwimpel schwingen wollte.

Brief aus Jerusalem
Jerusalem: Wer möchte mit Fakten verwirrt werden?
Nun hat man einmal mehr Trump als „bad guy“. Bei Obama, dem langjährigen Messias in spe a.D., wäre das ganz anders gewesen. Deshalb hat man sich gar nicht lange damit aufgehalten, Trumps Rede genau zu lesen. Immerhin hatte Trump nämlich erklärt: „Wir nehmen keine Stellung zu irgendwelchen endgültigen Statusfragen, einschließlich der spezifischen Grenzen der israelischen Souveränität in Jerusalem oder der Lösung von umstrittenen Grenzen.“ Trump schloss also ein Ost-Jerusalem als Hauptstadt Palästinas nicht aus. Aber man hat sofort Trumps angebliches Motiv ausgemacht: Er wolle die jüdische Lobby in den USA besänftigen, die ihm angeblich den Wahlkampf finanziert habe. Dabei wählten nur 20 Prozent der US-Juden Trump, 70 Prozent aber Hillary Clinton. Die Juden in den USA sind nämlich seit jeher treue Wähler der Demokraten.

So falsch liegt Trump jedenfalls mit seiner Anerkennung Jerusalems als israelische Hauptstadt nicht. Vielleicht hilft ein wenig Nachhilfe!

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So weit ein paar allgemeine historische Fakten! Was speziell Deutschlands Verhältnis zu Israel betrifft, seien noch ein paar andere Fakten angefügt:

Wie man da auf Israel und seinen engsten Verbündeten, die USA, eindreschen kann, erschließt sich ideologiekritisch eigentlich nur, wenn man die aus der 68er Bewegung kommende, im Kern antisemitische Abneigung des linken Mainstreams gegen Israel und den unausrottbaren Antiamerikanismus sowie die seit dieser Zeit verquer romantische Begeisterung für die „palästinensische Befreiungsbewegung“ mitdenkt.

Dokumentation
Die Jerusalem-Rede von Donald Trump
Oder aber man muss tiefenpsychologisch zu Werke gehen: Denn dann ist der ständige Kotau vor muslimisch geprägten Staaten, deren Kultur und islamistisch motivierten Tätern nicht anders zu verstehen als eine Identifikation mit einem Aggressor, dem man sich – mittlerweile auch im eigenen Land – selbst gegenübersieht. „Identifikation mit dem Aggressor“ – damit meinte Sigmund Freud einen unbewussten Mechanismus zur Bewältigung von Angst und Ohnmachtsgefühlen. Merkmale und Haltungen des Aggressors werden zu einem Teil des eigen Selbst, um eigene Ohnmacht zu vertuschen und um vor sich selbst und nach außen Unabhängigkeit und freien Willen zu demonstrieren. Und sei es auf Kosten eines anderen, dem man eigentlich besonders verpflichtet sein müsste.

Josef Kraus war Oberstudiendirektor, Präsident des deutschen Lehrerverbands, wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und als „Titan der Bildungspolitik“ bezeichnet. Er hat Bestseller zu Bildungsthemen verfasst und sein jüngstes Werk Wie man eine Bildungsnation an die Wand fährt erhalten Sie in unserem Shop: www.tichyseinblick.shop

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