Hand aufs Herz – wer hatte die große Volkspartei SPD nicht schon abgeschrieben? Von 80% der Wähler und vielen Parteimitgliedern nicht verstanden, lange schon dem Spott preisgegeben, hielt der Parteivorstand unter Martin, dem Hundertprozentigen, trotzdem verbohrt an seinen Visionen fest von Weltsozialamt, Zahlmeister für die „Vereinigten Staaten von Europa“ (soll spätestens 2025 fertig sein) und einer Steuerpolitik wie von Raubrittern geschrieben.
Beleidigt vom Votum der Wähler schmollte Schulz: „Ich strebe keine Große Koalition an, ich strebe auch keine Minderheitsregierung an. Ich strebe keine Neuwahlen an. Ich strebe gar nix an!“ Aber weil er dem Genossen Frank-Walter nicht sagen konnte: „Du kannst mich mal!“ entschied nun der Parteitag, Gespräche nicht auszuschließen. Kein Wunder, dass einige ältere Parteimitglieder nach der Pirouetten-Show wegen Schwindel behandelt werden mussten. (Aber sie sind alle wieder wohlauf.)
Andrea Nahles brachte die neue Trotzhaltung der Genossen so auf den Punkt: „Die SPD wird gebraucht. Bätschi, sage ich dazu nur. Und das wird ganz schön teuer. Bätschi, sage ich dazu nur.“ Maybrit Illner freute sich über das Einlenken der Genossen derart, dass sie Martin 89,1% der Stimmen als Parteichef zuschrieb. Dabei erhielt der nur 81,9%, vielleicht, weil man das „Wahlverfahren ganz einfach und nicht elektronisch gemacht“ hatte. In Zukunft wird wieder elektronisch abgestimmt. Da bekommt der Martin dann auch wieder 100%.
Würde man Stephan Detjen vom Deutschlandfunk jemandem erklären müssen, der die Sendung nicht gesehen hat: Stellen Sie ihn sich als eine Art Heribert Prantl vom Süddeutschen Beobachter vor, mit Schlagworten wie der „disruptiven Politik der FDP“ oder der „staatspolitischen Verantwortung der SPD“ und einem ähnlichen Rochus auf Markus Söder.
Ja, dem Designierten wurde seitens der Illner-Redaktion durchaus der Defiliermarsch geblasen, der nur für den bayerischen Ministerpräsidenten vorgesehen ist. Und in der Tat darf man Markus Söder zunächst als Sieger der bayerischen Machtkämpfe bezeichnen. Schon ganz der halbe Horst sprach er von „Jamaika als spannende politische Schatztruhe“, und dass erst einmal die Bundestagswahl analysiert werden müsse: Was wollen die Bürger? Und er glaube kaum, dass „Deutschland auf die Bürgerversicherung wartet“. Die SPD mache „immer wieder dieselben Fehler“, sagt er fast schon ein wenig mitleidig. Es gehe um Steuern, Zuwanderung, Milliarden für Neubürger und für die Oma bleibt nix (saloppe Formulierung vom Autoren). Übrigens gab es hier deutlichen Beifall aus dem Publikum! Die Giftpfeile, die von der linken Seite des Tisches auf ihn geschossen wurden, schmetterte Söder elegant wie charmant ab.
Lars P. Feld gehört zu denen, die man hierzulande „Wirtschaftsweiser“ nennt. Ruhig und gelassen meinte er, „die Unternehmen brauchen jetzt nicht zwingend eine Regierung, auch für die öffentlichen Finanzen sei der jetzige Zustand durchaus positiv“. Weise! Steuersenkungen seien auch nicht schlecht – ein einziger im Publikum klatschte voreilig, um dann verschämt zu verstummen. Gibt es ein zweites Volk auf dieser Welt, das Steuersenkungen für etwas Schlechtes hält? Das Herumschrauben der SPD an der Rente („Solidaritätsrente“, zusätzlich steuerfinanziert) dünkt den klugen Mann noch gefährlicher als der Minderbegabtenimport im großen Stil.
Als „im tiefsten Herzen Sozialdemokrat“ (aber nicht so wie die SPD heute) stellte sich Sina Trinkwalder vor, die eine „ökosoziale Textilfirma“ betreibt, in der „hauptsächlich auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen“ Stofftaschen für Supermärkte herstellen. Dennoch stößt auch ihr Martins Pirouetten-Politik übel auf. Dann formulierte sie die vernünftige Frage Richtung SPD: „Gleiche Gesichter, gleiche Inhalte – wie kann die Partei da mehr Akzeptanz erwarten?“
Wir beschließen den TV-Tag mit den ähnlich besorgten Worten des Jungsozialisten „Kevin“ auf dem SPD-Parteitag, der Befürchtungen hegt, ob „am Ende noch was übrig bleibt“ von der Partei.