Trump will die Unternehmenssteuern von 35 auf 20 Prozent senken. Inklusive der von den Bundesstaaten erhobenen Steuern würden sie beispielsweise in New York von derzeit 39,23 Prozent auf 24,23 Prozent sinken. Zum Vergleich: In Deutschland liegen sie bei knapp 30 Prozent, in Frankreich bei 38 Prozent, im Hochsteuerland Schweden betragen sie für Unternehmen sogar nur 22 Prozent.
Erfahrungen der Reagan-Jahre
Es ist schwer, aus heutiger Sicht vorherzusagen, wie sich die Steuersenkungen auswirken werden. Doch ein Blick in die Geschichte lohnt. Denn Ronald Reagan, der die letzten großen Steuersenkungen in den 80er-Jahren durchführte, erreichte genau dies: die Steuereinnahmen stiegen um 58 Prozent, obwohl (oder besser: weil) die Steuersätze massiv reduziert wurden.
Im August 1981 verabschiedete der Kongress Reagans Steuerreform. Dem republikanischen Präsidenten war es gelungen, neben der eigenen Partei etwa 60 Abgeordnete der Demokraten für seine Reformideen zu gewinnen. Der persönliche Einkommensteuersatz sank nach dem „Economic Recovery Tax Act of 1981“ über drei Jahre schrittweise um 25 Prozent. Auch andere Steuern wurden gesenkt, so etwa die Kapitalertragsteuer und die Unternehmenssteuern.
Zugleich wurden die Einkommensgrenzen, ab denen die Steuersätze begannen, ab 1985 indexiert, also an die Inflationsrate angepasst. Dies war ganz besonders wichtig, denn ein großes Problem war wegen der hohen Inflationsrate die sogenannte „kalte Progression“ – die Amerikaner nennen diese „bracket creep“.
Die Laffer-Kurve
Es war die größte Steuersenkung in der Geschichte der USA. Das Finanzministerium errechnete auf dieser Basis eine Steuerentlastung für die Bürger in den Jahren 1981 bis 1986 von 718 Milliarden Dollar. Doch Reagan hoffte zugleich, dass die Steuereinnahmen durch das Wachstum, das die Senkung der Steuersätze bewirken sollten, sogar noch steigen würden. Er hatte dies vor seiner Wahl versprochen. Reagan konnte das, was Ökonomen technisch als die „Laffer-Kurve“ bezeichneten, in einfachen Worten erklären. Auf einer Pressekonferenz im Oktober 1981 zitierte er einen muslimischen Philosophen namens Ibn Khaldun, der gesagt habe: Am Beginn der Dynastie wurden hohe Steuereinnahmen aus niedrigen Steuersätzen generiert. Am Ende der Dynastie wurden kleine Steuereinnahmen mit hohen Steuersätzen generiert. Und wir, so Reagan, wollen mit geringeren Steuersätzen höhere Steuereinnahmen generieren. Genau so sollte es tatsächlich kommen.
Reagan hatte vor den Wahlen versprochen, neue Jobs zu schaffen, die Inflation zu bekämpfen, die Steuern zu senken und das Wirtschaftswachstum zu fördern – gleichzeitig wollte er die Militärausgaben steigern und das Haushaltsdefizit reduzieren. Alles zusammen war auch für ihn unmöglich. Reagans Spielraum war von vornherein beschränkt, weil er versprochen hatte, die „core safety net programms“ der sozialen Sicherheit, also für die Altersversorgung, Arbeitslosengeld usw. nicht anzutasten, die zwei Drittel der Transferzahlungen ausmachten. Diese Ausgaben waren zusammen mit den Verteidigungsausgaben, die er erhöhen wollte, schon für 70 Prozent der Staatsausgaben verantwortlich, so dass der Spielraum für eine Senkung der Ausgaben nur bei den verbleibenden 30 Prozent des Budgets lag.
Steuereinahmen stiegen um 58 Prozent
Die Staatsverschuldung verdoppelte sich in der Reagan-Ära massiv von 1.004 auf 2.028 Milliarden Dollar. Kritiker führen die höhere Verschuldung auf Reagans Steuersenkungen zurück, doch dies stimmt nicht. Denn obwohl – oder besser: gerade weil – er die Steuersätze so stark reduzierte, sprudelten die Steuereinnahmen viel stärker als zuvor. 1981 hatten die Steuereinnahmen bei 347 Milliarden Dollar gelegen und bis 1989 waren sie um 58 Prozent auf 549 Milliarden Dollar gestiegen. Die Steuereinnahmen stiegen in seiner Amtszeit nur etwas weniger als später in den Jahren von George Bush und Bill Clinton, obwohl seine Nachfolger die Steuern erhöhten und Reagan sie gesenkt hatte.
Der Hauptgrund für die höhere Verschuldung waren daher nicht die Steuersenkungen, sondern die gestiegenen Rüstungsausgaben. In den Jahren 1981 bis 1989 verdoppelten sie sich von 158 Milliarden auf 304 Milliarden Dollar. Addiert man die gestiegenen Rüstungsausgaben dieser Jahre und vergleicht sie mit den Steigerungen der Staatsverschuldung, dann sieht man, dass die zusätzlichen Rüstungsausgaben sogar höher waren als die zusätzlichen Schulden. Wären die Rüstungsausgaben also nicht so stark gestiegen, dann hätte Reagan tatsächlich das Wunder vollbracht, gleichzeitig die Staatsverschuldung und die Steuern zu senken, dabei Jobs zu schaffen und die Inflation in den Griff zu bekommen. Aber im Nachhinein scheinen die hohen Rüstungsausgaben gerechtfertigt, denn sie trugen entscheidend dazu bei, dass die Sowjetunion (Reagan: „Das Reich des Bösen“) zusammenbrach und Deutschland wiedervereint wurde.
Wird Trump Reagans Erfolg wiederholen?
Ob sich Trumps Steuersenkungen so positiv auswirken werden wie die von Reagan, ist schwer vorherzusagen. Denn während Trump bei den Steuern für einheimische Unternehmen eine – positiv zu bewertende – marktwirtschaftliche Politik betreibt, verstößt er in anderen Bereichen massiv gegen marktwirtschaftliche Prinzipien. Beispiele dafür sind protektionistische Maßnahmen gegen den Freihandel (diese Sünde begang allerdings auch Reagan) sowie die politische Gängelung von Unternehmen, die Trump mit Druck dazu bewegen will, bei Standortentscheidungen nach patriotischen statt nach wirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden. Zudem muss auch das amerikanische Finanzsystem nach wie vor als fragil gelten, denn wenn die Fed die Zinsen deutlich anhöbe, könnte dies zu Effekten führen, die alle positiven Wirkungen von Steuersenkungen zunichte machten. Andererseits führt die andauernde Niedrigzinspolitik zu schweren Fehlallokationen, die mittelfristig ebenfalls zu einer Belastung für die Wirtschaft führen werden. Das Umfeld, in dem die Steuersenkungen stattfinden, lässt also eine Prognose schwer erscheinen, ob sich die „Goldenen Reagan-Jahre“ wiederholen werden.
Der Beitrag stützt sich in Teilen auf das Buch „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, das im Februar erscheint.