Zu den Wählerwirkungen des Endes der Jamaika-Sondierungen ist auf SPIEGEL online anderes zu lesen, als viele selbsternannte Experten in Medien und Politik landab landauf vom großen Schaden für die FDP verkünden:
„Für die jüngste SPON-Umfrage wurden nur die Stimmen seit Abbruch der Sondierungen zugrunde gelegt. Die Abstimmung startete einige Stunden nach dem Ende der Jamaika-Verhandlungen in der Nacht von Sonntag auf Montag. Das Ergebnis beschert den Liberalen dabei den größten Zuwachs aller Parteien. Die FDP liegt nun bei 13,3 Prozent. Damit legte sie seit Verkündung ihrer Entscheidung 1,7 Prozentpunkte zu.
Die Grünen profitieren ähnlich stark und können einen Zugewinn von 1,5 Prozentpunkten verzeichnen. Sie landen damit bei 11,9 Prozent. Die Linke kann ebenfalls leicht zulegen.
Die Union liegt im jüngsten SPON-Wahltrend unter der 30-Prozentmarke. Einen Abwärtstrend für CDU und CSU hatte Civey bereits vor dem Ende der Sondierungsgespräche verzeichnet. Die SPD, die sich weiter gegen eine Neuauflage der Großen Koalition wehrt, liegt bei 19,5 Prozent – die Sozialdemokraten erreichen damit den tiefsten gemessenen Wert seit Beginn des SPON-Wahltrends im Dezember 2016.
In der AfD-Spitze sind die Hoffnungen groß, von möglichen Neuwahlen am meisten profitieren zu können. Das Umfrageergebnis lässt darauf aber nicht schließen. Im Gegenteil: Die AfD verliert seit den gescheiterten Sondierungsverhandlungen 1,5 Prozentpunkte.“
Um gesicherte Werte handelt es sich bei Umfragen bekanntlich nie, hier liegen die Veränderungen zusätzlich innerhalb der Fehlergrenze. Forsa etwa behauptet das Gegenteil von Civey. Einmal mehr wird klar, die Institute fabrizieren keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, sondern Munition für die Wahlkampfparteien. Genaues, vorurteilsfreies Hinschauen und Hinhören plus scharfes Nachdenken ersetzen den parteiischen Inhalt des ganzen Umfragenzirkusses und der Berichterstattung der üblichen Verdächtigen.
Der FDP stehen zwei Tests ins Haus, die ihre Wählerpräferenzen bestimmen werden:
- Beantragt sie im Bundestag die ersatzlose Streichung des NetzDG?
- Beantragt sie einen Untersuchungsausschuss zur undemokratischen und unrechtmäßigen Entscheidung der Regierung Merkel 2015?
Tut sie eines oder beides nicht, ist sie den Positiveffekt der Beendigung der Jamaika-Sondierungen nicht nur über Nacht wieder los, sondern fällt in das tiefe Glaubwürdigkeitsloch vor ihrer parlamentarischen Wiederauferstehung zurück – und zwar noch tiefer.