Tichys Einblick
Der Marktausblick

Jahresendrally, arabische Staatsfonds, Bitcoin-Euphorie, Apple-Hoch, neuer Fed-Chef

Faszination Bitcoins, Herrschaft über den Dollar, wacklige Qatar-Milliarden für deutsche Unternehmen und die Magie der Zahlen - die Börse hat viele Themen zu verarbeiten.

© Getty Images

Runde Zahlen haben eine magische Anziehungskraft. Beim DAX zum Beispiel schauen viele Anleger gebannt auf die Tausender. So schön Zahlenspiele sind — man darf sie nicht überbewerten. Je weiter der DAX steigt, desto weniger relevant werden diese angeblich „psychologisch wichtigen“ Marken. Der Weg von 1000 auf 2000 Punkte war eine Verdoppelung — der Sprung von 13 000 auf 14 000 wäre nur ein Plus von weniger als acht Prozent.

Was ist dieses Jahr noch drin? Die letzten Wochen im Kalender sind meist die besten. Der DAX hat in der Vergangenheit im Oktober, November und Dezember im Schnitt jeweils um mehr als zwei Prozent zugelegt. In jedem dritten Jahr seit Start des Index (1988) brachten sogar alle drei Monate Kursgewinne.
Dieses Jahr hat die Jahresendrally ungewöhnlich früh begonnen, nämlich bereits im September. Das macht durchaus Sinn, denn wenn Anleger an einen steigenden Kurs glauben, warten sie nicht auf einen imaginären Startschuss im Oktober. Gut möglich also, dass der größte Teil der Jahresendrally schon hinter uns liegt.

Auch wenn die Flucht von Kataloniens abgesetztem Präsidenten Carles Puigdemont von Barcelona nach Brüssel weltweit für Aufsehen gesorgt hat, die Lage an den spanischen Finanzmärkten hat sich etwas beruhigt. In Madrid legte der Auswahlindex IBEX vergangene -Woche um 2,5 Prozent zu, aber auch spanische Staatsanleihen konnten sich kräftig erholen. So fiel die Rendite spanischer Bonds auf den tiefsten Stand seit drei Monaten. Investoren spekulieren, dass durch die im Dezember geplanten Neuwahlen in Katalonien die Mehrheit der Bürger der Region den Separatisten ihre -Zustimmung versagt und sich die Krise daher nicht ausweitet.

Entwarnung für Staatsfondsinvestitionen in Deutschland gab Dschihad Azour, der Regionaldirektor Mittlerer Osten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag in Dubai. Der IWF gehe nicht davon aus, dass arabische Staatsfonds wie die Kuwait Investment Authority (sie ist mit 6,8 Prozent Anteil größter Aktionär bei Daimler) nach drei Jahren Erdöl-Baisse ihre Petrodollars aus deutschen Unternehmen abziehen könnten, sagte Azour in einem Interview mit €uro am Sonntag. Zwar erwarte der IWF trotz des jüngsten Preisanstiegs beim schwarzen Gold keine nachhaltige Erholung, sondern einen seitwärts tendierenden Ölpreis von durchschnittlich 53 Dollar pro Fass im Jahr 2018. „Doch haben die arabischen Ölstaaten sich wirksam der Kapitalmärkte bedient und Milliardenanleihen platziert, um ihre Haushaltsdefizite zu finanzieren“, so Azour. Zudem sei mit dem 230 Milliarden Dollar schweren Staatsfonds PIF aus Saudi-Arabien ein neuer globaler Player im Begriff, nicht nur in die geplante 500-Milliarden-Dollar–Industriezone Neom zu investieren, sondern seine Anlagen weltweit zu streuen, sagte der IWF-Mittelostchef. Was Katars Staatsfonds QatarInvestment Authority (QIA) betrifft (dieser hält Anteile an Volkswagen und Deutsche Bank), so erwartet Azour, dass es trotz der anhaltenden diplomatischen Krise zwischen Katar und seinen vier Nachbarländern um Saudi-Arabien „keinen Ausverkauf bei der QIA geben wird“. Der drittgrößte Erdgasexporteur der Welt habe immer noch „ausreichend Reserven“, und für 2018 erwarte der IWF sogar, dass die katarische Wirtschaft um 3,1 Prozent wachsen werde, nach schätzungsweise 2,5 Prozent in diesem Jahr.

Heftig tobt der Streit in der Investmentszene, ob Bitcoins nun eine der aufregendsten Finanzinnovationen oder doch eine der größten Anlegerfallen der vergangenen Jahrzehnte sind. Der Run auf die Digitalwährung bleibt von derlei Diskussionen unberührt. Allein in diesem Jahr legte – der Wert eines Bitcoin um knapp 600 Prozent auf 7000 US-Dollar zu. Auch vergangene Woche ging es noch einmal kräftig nach oben. Grund war eine Ankündigung der in Chicago -ansässigen CME Group, der größten Terminbörse für Finanzderivate weltweit. Diese will in den nächsten zwei Monaten den Handel mit Futures auf Bitcoins aufnehmen, was neue Investoren in den aufgeheizten Markt locken könnte. Vorausgesetzt allerdings, dass die US-Aufsichtsbehörden den Plan auch absegnen.​

Starke Quartalszahlen von Apple und in der Folge ein Rekordhoch der Aktie sowie Übernahmefantasie in der Halbleiterbranche haben die US-Börsen am Freitag befeuert. Das zog Rekordstände auf breiter Front sich.
Rückenwind gab es auch von überwiegend soliden Konjunkturdaten, auch wenn der Arbeitsmarktbericht für den Monat Oktober etwas enttäuschte. Die Industrieaufträge waren im September stärker gestiegen als erwartet und die Stimmung der US-Dienstleister hatte sich im Oktober überraschend aufgehellt. Für den technologielastigen Auswahlindex NASDAQ 100 ging es nicht zuletzt dank der Kursgewinne von Apple um knapp ein Prozent auf 6296 Zähler erneut kräftig aufwärts. Im Verlauf der Woche hat der Index damit um 1,32 Prozent zugelegt. Der Dow Jones Industrial Average legte um 0,1 Prozent auf 23 539 Punkte nur leicht zu und kommt auf Wochensicht auf ein Plus von 0,45 Prozent. Der marktbreite S&P 500 gewann 0,3 Prozent auf 2588 Punkte. Für ihn steht in dieser Woche ein bescheidenerer Zugewinn von ebenfalls 0,31 Prozent zu Buche.

Im Mittelpunkt des Interesses stand in der vergangenen Woche aber die von Präsident Trump lange angekündigte Neubesetzung der Spitze der amerikanischen Notenbank. Der Jurist Jerome, „Jay“, Powell übernimmt die Notenbank im Februar, wohl noch immer in einer Zeit vergleichsweise geordneter geldpolitischer Zustände. Die noch amtierende Chefin Janet Yellen hatte mit ihrem Kurs moderater Zinserhöhungen und dem Beginn des Abstoßens in der Finanzkrise aufgekaufter Anleihen im Volumen von 4,5 Billionen Dollar den Normalisierungsprozess eingeleitet. Da Powell als Angehöriger des engsten Zirkels um Yellen die jetzige Politik stets unterstützt hat, ist mit dem Führungswechsel kein Kurswechsel verbunden.

Janet Yellen, seit 2014 im Amt und von Trump als „exzellent“ bezeichnet, bekam nicht die Chance, ihren eingeschlagenen Kurs auch zu Ende zu bringen. Als erste Frau überhaupt hatte sie Barack Obama 2014 für das wichtigste geldpolitische Amt der Welt nominiert. Erstmals seit 1979 wird damit einem US-Notenbankchef trotz erfolgreicher Bilanz eine zweite Amtszeit verweigert.

„Er wird die Führungsstärke zeigen, die wir brauchen“, sagte Trump über Powell „Es gibt wenige Positionen, die wichtiger sind als diese“, betonte der Präsident. Powell habe gezeigt, dass er ein Mann des Konsens sei, der die Wirtschaft durch alle Herausforderungen führen könne. „Ich hoffe, der Senat wird ihn schnell bestätigen.“

Trump befördert Powell zum Fed-ChefDer Nachfolger von Fed-Chefin Janet Yellen steht fest: US-Präsident Donald Trump nominierte Jerome Powell als künftigen Chef der US-Notenbank. Powells Berufung gilt als Signal geldpolitischer Kontinuität.


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