Vier Merkmale kennzeichnen den Niedergang der CDU: die immer miserableren Wahlergebnisse, der dramatische Verlust an Mitgliedern, die Bunkermentalität der Parteichefin sowie das suboptimale Mittelmaß ihres aktuellen Generalsekretärs Peter Tauber. Letzterer ist Lichtjahre von den schier legendären CDU-Generalsekretären Kurt Biedenkopf (1973 – 1977) und Heiner Geißler (1977 – 1989) entfernt.
Weil sich Tauber nach dem Flop bei der Niedersachsenwahl einmal mehr um Kopf und Kragen redete, ist ihm eine baldige Zukunft als Bauernopfer gewiss, für ihn damit heftiger ausfallend als die Klatsche, die der oberste Zeremonienmeister der Haus- und Hof-Akklamationstruppe Kauder einfuhr.
Wir wollen Tauber aber nicht zu sehr wehtun, denn er hatte es – freilich selbstgewählt – nicht leicht mit dieser seiner Chefin. Kleiden wir ihn ein in ein Märchen und nehmen seinen märchenhaften Nachruf schon mal vorweg.
Zugleich redete er stets zum Gefallen der öffentlich-rechtlichen und sonstigen gleichgeschalteten Hofberichterstatter, die ihn zwar nicht übermäßig ernstnahmen, aber von ihm doch immer wieder hörten, was sie erwarteten und hören wollten: die Stimme seiner Herrin. Zum Hofnarren hat er es dennoch nicht gebracht. Denn echte Hofnarren waren nicht die Lautsprecher ihrer Fürsten, sondern die einzigen, die einem Fürsten respektive einer Fürstin ohne „Rübe ab“ die Meinung blasen durften.
Wenn es bei der Umwandlung der Gefolgschaft und insgesamt des Staates eng wurde, wurde dieser „General“ schon auch mal teilentmachtet und durch einen noch engeren und voluminöseren Kammerdiener ersetzt. Aber selbst mit vereinten Kräften gelang es beiden nicht, die sich häufenden Unbotmäßigkeiten der Untertanen zu stoppen. Letztere waren es einfach leid, riesige Probleme verbal ständig zu Bereicherungen und Schlappen zu Siegen befördert zu bekommen.
Jünger, bunter, weiblicher, großstädtischer sollte der „General“ ab 2014 die Gefolgschaft und den Hofstaat seiner Herrin machen. Wie schön! Seitdem sind der Herrin im Schnitt acht Prozent der Plebs (des niederen Volkes) untreu geworden, und von 740.000 Höflingen zu Beginn der 1990er Jahre sind zuletzt 444.400 übrig geblieben. Per Saldo gehen monatlich rund 1.000 von der Fahne. Da hatten der Herr General und seine Oberbefehlshaberin den Salat.
Als selbsternannter „digital native“ (oder digitaler Naivling?) mag er ein paar Junge, eine paar Frauen, ein paar Diversity-Lobbyisten gewonnen haben. Aber für jeden Höfling dieser Art hat er mindestens zehn vom Hof geekelt. Und den früheren Gefolgsleuten der besonders netzaffinen „Piraten“ hat er bei aller asymmetrischen Trickserei nicht einmal ein mitleidig-mildes Lächeln abgerungen. Ja, selbst diese „digital natives“ haben mittlerweile politisch das Zeitliche gesegnet.
Vom Format eines Königs Kurt, der vor seiner sächsischen Regentschaft schon einmal „General“ bei Hofe war, oder eines Generals Heiner, der seinen Fürsten durchaus mal ernsthaft abservieren wollte, konnte der real existierende Sekretär nicht einmal träumen. Womöglich wusste er in diesen Zeiten der bei Hofe um sich greifenden Mediokrität nicht einmal, von welchem Kaliber jene waren.
Alles in allem: Dieser Tauber ist ein Symptom. Ein Symptom steht aber bekanntermaßen immer für etwas anderes, für etwas Dahintersteckendes. Deshalb ist es mit einer Symptomtherapie namens Bauernopfer nicht getan, auch wenn es den betroffenen Patienten vorübergehend beruhigt. Hier sitzt der Kern des Problems nämlich nicht in der CDU-Zentrale, sondern verbunkert im Kanzleramt.