Man kann es schon nicht mehr hören: Es vergeht keine Talkshow und kein Interview, in dem nicht Vertreter von SPD, Grünen, Linken und vom linken CDU-Flügel folgende These vertreten: „Es lohnt sich für die Union nicht, die Themen der Rechtspopulisten aufzunehmen, denn die Menschen wählen dann lieber das Original als die Kopie und dies schwächt die Union.“
Linke „sorgen“ sich um die Union
Ich habe das in den letzten Tagen von Jürgen Trittin, Sarah Wagenknecht, Annegret Kramp-Karrenbauer, Daniel Günther und vielen anderen gehört. Als Beleg für diese These werden die schlechten Wahlergebnisse der CSU in Bayern angeführt. Die CSU, so heißt es, habe die AfD kopiert und deshalb verloren. Und daher sei es nicht ratsam, wenn die Union nach rechts rücke. Es ist ja schon merkwürdig, wie sehr sich die linken Parteien um gute Wahlergebnisse für die CDU „sorgen“ und sich als deren Strategieberater profilieren.
Seehofer laviert, Kurz handelt
Der Wahlerfolg von Sebastian Kurz widerlegt diese These nun schlagend. Denn er hat konsequent und in klarer Sprache die Sorgen der Österreicher vor einer ungebremsten Zuwanderung angesprochen. Warum hatte er Erfolg und Seehofer nicht? Ganz einfach: Weil die Wähler nicht ganz so dumm sind, wie manche Politiker glauben. Bei Seehofer war doch zu spüren, dass seine Merkel-Kritik halbherzig und taktisch motiviert war. Er drohte mit Verfassungsklagen und sprach von einer Herrschaft des Unrechts, um wenige Monate später Angela Merkel, die uns die Probleme eingebrockt hat, über den grünen Klee als bestmögliche, ideale Kanzlerin zu loben. Reden als Ersatz für Handeln, das war Seehofers Maxime. Ganz anders bei Kurz: Er handelte, statt nur zu reden. Kurz haben wir die Schließung der Balkan-Route zu verdanken. Die Menschen spüren den Unterschied zwischen taktischem Manövrieren, um Wählerstimmen zu gewinnen, und konsequentem Handeln. Es ist der Unterschied zwischen Opportunismus (der bestraft wird) und glaubwürdigem Eintreten für Überzeugungen (das belohnt wird).
Ein deutscher Kurz?
Wer wird der deutsche Kurz? Hier stehen derzeit nur drei Personen zur Auswahl: Jens Spahn von der CDU, Markus Söder von der CSU und Christian Lindner von der FDP. CSU und FDP stehen vor der Wahl, mit Jamaika unterzugehen oder durch ein konsequentes Adressieren der Probleme in der Opposition zu erstarken und bei den nächsten Wahlen eine ähnliche Rolle zu spielen wie Kurz. Die Österreicher sind uns allerdings um eines voraus: Die Political Correctness gibt es dort zwar auch, aber ihre Vertreter haben die Diskurshoheit verloren. Das hat Kurz verstanden.