Gestern Abend in ORF die Schlussrunde der Spitzenkandidaten der derzeitigen Parlamentsparteien: Christian Kern (SPÖ), Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Ulrike Lunacek (Grüne) und Matthias Strolz (Neos). Nicht dabei, weil der ORF so ist wie ARD und ZDF, Peter Pilz, der die Grünen verlassen hat und mit seiner eigenen Liste kandidiert. Pilz kommentiert die „Elefantenrunde“ pfiffig live zusammen mit Hellin Jankowski auf Die Presse online.
Verloren hat die Elefantenrunde der ORF. So spannend die Einzelduelle jede(r) gegen jede(n) auf ProSiebenSat.1 PULS 4 waren, so gähnend langweilig diese Elefantenrunde auf ORF. Es liegt weniger an den Kandidaten als am Sender. Dass der ORF sich für die eigentliche Attraktion hält und nicht die Kandidaten, zelebrierten seine Moderatoren Claudia Reiterer und Tarek Leitner zum Schluss mit Eigenlob, eine sachliche Runde moderiert zu haben. Ja, sachlich ging’s zu – und langweilig.
Ein letzter Blick in Österreichs Prognoselandschaft sieht so aus:
Das Rennen unter den ersten Drei in der Oberliga ist wohl genauso offen wie das unter den weit entfernten letzten Drei in der Unterliga. Gar nicht sicher, dass alle in der Unterliga es schaffen.
Kurz, Strache und Kern platzierten ihre Hauptbotschaft am Ende. Kern warnt vor einer schwarz-blauen Regierung, Strache vor einer erneuten Großen Koalition. Kurz verweist auf Gespräche zwischen Rot und Blau, die stattgefunden haben und der Möglichkeit, dass FPÖ und SPÖ auch dann eine Regierung bilden, wenn die ÖVP als erste durchs Ziel geht. Kurz mobilisiert besser.
Lunacek verdanke ich einen neuen Politbegriff: „Klimakrise“. Klima ist der wenigstens 30-jährige Wetterdurchschnitt. Was bitte ist eine Klimakrise? Jemand wird mir das schon noch erklären. Bei Kakaniens Nationalratswahl am Sonntag steht’s jedenfalls um diese Krise nicht kritisch.
Ansonsten wirkten die Teilnehmer der Runde so auf mich: Lunacek unkonkret, Strolz unstrukturiert, Strache konzentriert, Kern zurückgenommen, Kurz noch mehr. Kurz und Kern erkennbar darauf bedacht, in der Schlussrunde des TV-Wahlkampfs keinen Fehler zu machen. Dieses Ziel haben beide erreicht – mit einem Unterschied. Kern hatte seine Mimik und Körpersprache nicht immer unter Kontrolle. Es fiel ihm schwer, sich zu beherrschen.
Dass der ORF, strukturell SPÖ-nahe, dem SPÖ-Kanzler das Schlusswort zuteilen würde, wusste jeder ORF-Kundige vorher. Dieser TV-Wahlkampf in Österreich fand nicht im Staatssender statt. Österreich sieht wohl in seiner Parteienlandschaft ebenso wie in der TV-Topographie nach dieser Nationalratswahl anders aus. Beides wünsche ich dem Land, in dem ich aufgewachsen bin.