Mann-o-Mann, wenn die Gäste bei Maischberger in eine Eierpappe passen würden, wären sie wohl alle angeknackst. Über Frauke Petry muss nicht weiter geredet werden, Charme profitiert zwar von Treue, aber als Scheidungskind mag man sie hier heute Abend ganz sicher nicht weich kochen wollen.
Renate Künasts Grüne stehen zwar gerade vor dem Altar mit Angela Merkel, aber da schreit einer „Ehe für alle“, obwohl er doch weiß, dass die, zumindest bisher, noch keine ménage à trois im Programm hat. Und Christian Lindner hält schon die Rose von der Kanzlerin in der Hand, allerdings nicht fair trade. Und das muss dann wieder die Künast stören. Koalitionsgerangel halt.
Zu Petry und Künast gesellt sich noch Giovanni di Lorenzo, der hatte dem Cicero vor etlichen Monaten ein Klickmonster beschert, als er die Mitschuld der Medien an der Spaltung der Gesellschaft eingestand, freilich um es gleich wieder zu vergessen – aber das Internet vergisst nie. Zugeschaltet aus München ist Markus Söder, der versucht in Bayern gerade seinen Parteichef Seehofer weich zu kochen, aber der erscheint zwar brüchig vor den Kameras, bleibt aber offensichtlich abgekocht genug, sich nicht aus den eigenen Reihen anpieksen oder gar ausblasen zu lassen.
Der Bundespräsident irrt
Ja haben wir den schon Ostern? Könnte auch die Moderatorin fragen, deren Sender gerade in die Pfanne gehauen werden soll von keinem geringeren als unserem sozialdemokratischen Bundespräsidenten. Der rügte nämlich gerade die öffentlich-rechtlichen Medien, sie hätten in Quantität der Einladungen die AfD erst groß gemacht. Also bei Maischberger war es ganz sicher vor allem die fehlende Qualität. Sie war es doch, die den Rechten ein Ei legen wollte, was ihr dann allerdings zuverlässig jedes Mal schief ging. Also schnell rein ins eigentlich brodeln müssende Wasser, Uhr umgedreht. Los geht.
Schöne erste Frage an Petry: „Haben Sie eigentlich AfD gewählt?“ Hat sie. Frage an Künast: „Sie haben erst um zwei Uhr erfahren, ob sie überhaupt in den Bundestag kommen können, wie war das?“ „Gar nicht“, antwortet die, sie hätte geschlafen. Wer es glaubt. Klaus von Dohnanyi hatte zuvor angekündigt, SPD nicht zu wählen, wenn sich Schulz nicht von Rot-Rot-Grün distanzieren würde. Hat er nicht. Aber was er stattdessen gewählt hat, sagt er nicht.
Dohnanyis Stimme ist sympathisch. Synchronsprecher im nächsten Leben. Für so nachdenkliche Typen mit Prinzipien aber weichen Herzen. Die Lorenzo kann das auch, knarzt aber immer ein bisschen in der Wortfindungspause hin zu Leersätzen, die wie Lehrsätze klingen sollen, aber zu oft in den aristokratisch grauen Koteletten versinken.
Mist, dass der Kapitalismus so resistent ist
Dann kommt aber Gregor Gysi mit einem Knaller um die Ecke, den man hier mal 1:1 wiedergeben sollte:
„Wir haben ja ne funktionierende Weltwirtschaft, aber keine funktionierende Weltpolitik, was die Wirtschaft stärker macht als die Politik. Was insofern bedauerlich ist, weil die Wirtschaft das politische Leben stärker bestimmt, als die Politik das wirtschaftliche Leben bestimmt.“
Jetzt Obergrenze, Völkerrecht, Merkelverteidigung. Na klar, von der Altgrünen für die Dunkelgrüne im Kanzleramt. Künast ist ja auch ne Nette. Man gewöhnt sich. Irgendwann, irgendwie. „Winterkorn hat 3.000 Euro Rente am Tag“, weiß sie noch. Nicht, warum es ihr gerade einfällt, wo sie so knapp noch mal in den gepolsterten Bundestag gefunden hat. Aber Recht hat sie doch: Ja, das ist auch Mist. Wie so vieles Mist ist.
„Wir tun gut daran, die Kontroverse als Kontroverse anzunehmen, Frau Maischberger.“, meint Frau Petry und hat genau die richtige Adresse angesprochen. Dann kommt alles ein bisschen durcheinander. Thematisch ist man noch nicht auf Kurs. Vielleicht liegt es auch daran, dass die weich gefallene Petry nicht mehr so recht geeignet scheint als illustre Dauerangriffsfläche.
Trägt Söder Kajal?
Die Lorenzo fragt rhetorisch, ob wir die DDR denn nun wieder abtrennen wollen wegen der AfD. Aber da ist schon Söder zugeschaltet. Im Hintergrund Triumphbogen mit „Dem bayrischen Heere“. Das Siegestor! Also schöner kann man es doch nicht inszenieren. Söder meckert über die SPD, die sich aus der Verantwortung in die Opposition geflüchtet hat und übrigens: „Natürlich geht eine Obergrenze“. Also der Kampf um die abtrünnigen Bajuwaren hat schon begonnen. Keine Despektierlichkeit, nur Neugierde: Trägt Söder da Kajal unter dem Unterlid? Das macht so einen hintergründigen Blick. Aber macht das die Maske des bayrischen TV-Studios? Müssen wir mal bei Gelegenheit erfragen.
Aber noch Mal kurz zu Klaus von Dohnanyi, ist der Mann wirklich fast 90? Offensichtlich ein biologisches Wunder. Topfit im Kopf und auch körperlich straff. Ein beeindruckender Jungbrunnerezeptler.
Wo stehen wir in der Diskussion bei Maischbergers kleiner Nachwahl-Plauderrunde? Künast erzählt Anekdoten aus Berlin und die Umfallerin der AfD kommt nicht dazu, zu erzählen, warum sie denn nun das warme Nest verlassen hat und ihre Polit-Eier woanders ablegen will. Künast macht noch den „Amri-hätte“. Wir hätten, er hätte, alle hätten. Hat aber keiner. Söder will trotzdem keine Sondierungsgespräche mit Frau Künast via TV, glaubt aber nun immerhin, dass das alles ganz ambitioniert werden könnte.
Wir hätten, er hätte, alle hätten. Hat aber keiner.
Petry erinnert schnell mal, warum Bürger AfD wählen: „Weil sie sich betrogen fühlen.“ Die Künast will den Söder streicheln und die Petry zieht die Bettdecke weg wie die betrogene Liebhaberin. Gauland und Weidel hätten sie tatsächlich nie gehen lassen dürfen. Söder hat noch einen Termin. Über sein Verhältnis zu Seehofer keine Neuigkeiten. Und es ist doch Kajal, aber egal. Frauke Petry plant eine Partei mit ihrem Gatten, „so ähnlich wie die CSU“, erklärt Maischberger um Söder zu locken, bevor er entschwindet. Söder sagt, „interessiert mich nicht“ und weg ist er.
Einspieler Petry auf Pressekonferenz, Meuthen soll weggeschaut haben, aber man sieht es jetzt genau, er feixt sich einen mit Gauland, reine Freude. „Die AfD hat viele vernünftige Ideen, die leider nicht diskutiert wurden.“, erklärt Petry recht unspektakulär ihren Abgang. Nun soll sie noch erklären, warum sie nicht früher abgegangen ist, aber das weiß doch in der Runde eigentlich fast jeder, der Mal ein Mandat bekleidet hat und Dienstwagen gefahren ist.
Dann eine Zäsur. Eine Verschärfung: Maischberger bringt Petrys Schusswaffen-Zitat und die Diskussion um den Begriff „völkisch“ als Einspieler. Das allerdings ist wirklich dämlich, weil ausdiskutiert, teilweise entkräftet und widerlegt. „Sie machen sich unglaubwürdig beim Bürger.“, Petry an Maischberger. Frauke Petry muss nun mehrfach daran erinnern, was Maischberger gefragt hatte. Gute Präsenz. Di Lorenzo? Ja, der hat einen schönen Anzug. Und einen denkwürdigen Wunsch an Maischberger; „Ich wünsche mir von Herzen, dass sie aus diesem Defensiven rauskommen.“
Maischberger in der Defensive?
Künast mault, will nicht 80 Prozent des Abends über die AfD reden. Aber man kann mindestens heute sicher sein, dass Frauke Petry das noch weniger wollte. Maischberger wollte zu lange und zu oft. Nun aber auch nicht mehr.
„Wir müssen erkennen, dass die Globalisierung entschleunigt werden muss. Die Globalisierung ist der wahre Hintergrund.“ Und zu Schulz: „Der war von Anfang an der falsche Mann. Er war nicht Verursacher von Brexit.“ Und wir hätten eine Zuwachs an Trachtenmoden!, sagt alles Klaus von Dohnanyi. Der beste Mann des Abends. Wohl auch deshalb, weil er nichts mehr zu verlieren hat. Der Helmut-Schmidt-Peter-Scholl-Latour-Effekt. Nicht zwingend Weisheit, aber eine sympathische Form der Losgelöstheit. Unbeschwertheit des Alters. Ganz alte weiße Männer versus alte weiße Männer. Und damit reicht es eigentlich schon für den Abend, auch wenn noch ein paar Minuten weitergeplaudert wird. Beispielsweise über Charisma. Gysi faselt leider schon sehr. Und leider zu oft. Der Dotter ist hart. Das Ei gekocht. Frohe Ostern.
Und zuletzt mag dann auch diese Runde mit dieser Moderatorin erkannt haben, welch interessante Gesprächspartnerin diese Frauke Petry hätte sein können, wenn man sich in den vielen Sendungen zuvor mal mit ihr unterhalten hätte, anstatt immer nur diese leidigen Einspieler zu favorisieren und pöbelnde Augsteins und Stegners dazu zu laden, die so liebend gerne bereit waren, alle Fairness fahren zu lassen.