Man hat ihr wieder ein Thema aufgedrängt, über das sie in der realen Welt ganz offensichtlich keine Erfahrungen sammeln konnte: die Türkei, die Türk-Deutschen und naturgemäß Bösewicht Erdogan. Zum Glück konnte sie wieder die Plaudertasche Markus Söder einladen, der zwar immer sehr viel Sendezeit zum Ausreden verbraucht, doch so populär reden kann, dass das Fernsehpublikum ganz prima mit kommt. Er ruft nämlich immer so ins Ungefähre ab, was er sagen soll, dass das Auswendiggelernte stets wie ein längst Abgenudeltes, Wohlbekanntes klingt.
So sagte er wieder, wie es auch jeder zweite Bierzeltbesucher schon x-mal gehört hat, dass unser Leitbild ganz klar ein abendländisch christlich-jüdisches sei und der Islam unser kulturelles Weltbild nicht wirklich prägte bislang. Ganz klar, Markus Söder redet immer ganz klar. Dann war da noch ein türkdeutscher AKP-Vertreter, der das Türkeibashing, das da stattfinde, seit Monaten nicht verstehen kann. Die Türkei brauche Verständnis und Solidarität, schließlich sei das Land vom Terror bedroht und habe einen grausamen Putsch hinter sich. Da hakte sofort ein langjähriger Korrespondent und Türkeikenner ein und erinnerte mich in seiner liberalen Gutmenschlichkeit sehr an unsere DDR-Korrespondenten im kalten Krieg, die auch oft von den humanen Nischen im kommunistischen Leseland berichteten.
Aber zurück zur Türkeisendung. Da saß natürlich auch die unvermeidliche Frau Özoguz, die nach ihrem letzen Rohrkrepierer sogleich zurückruderte: Natürlich gebe es eine deutsche Kultur, das habe sie nie bestritten. Eben, nickte Frau Maischberger: Bach und Mozart, das könne man nicht leugnen. Ja, aber eine Leitkultur, dagegen wehre sie sich eben, was soll das denn sein, das wisse doch niemand. Und man habe doch das Grundgesetz und sie sei beinahe glücklich, als sie gerade Herrn Söder von einem Leitbild reden gehört habe, das sei schon was ganz anderes als eine Leitkultur. Markus Söder nahm das Kompliment artig entgegen und versicherte, dass auch er Frau Özoguz sehr sympathisch fände. Man fühlte sich bis auf den türkdeutschen AKP-Fan sehr harmonisch miteinander dabei, den bösen Herrn Gauland von der AfD wegen seines schlimmen rassistischen Un-Worts einhellig verurteilen zu können. Und auch Markus Söder begrüßte es, dass seine Heimatstadt Nürnberg Gauland das freie Rederecht in der dortigen Meistersingerhalle gerichtlich untersagen lassen will. Söder, leise: „Mal sehen, was dabei herauskommt.“ Zur Abwechslung servierte uns Sandra Maischberger dann noch eine Schalte zu dem Türk-Deutschen Dogan Akhanli in Madrid, der dort aufgrund eines Haftbefehls Erdogans in einem Hotel festgehalten wird. Der Schriftsteller war so aufgeregt, jetzt live bei Frau Maischberger aufzutreten, dass er kaum einen verständlichen Satz auf den nächsten folgen lassen konnte.
Wim Setzer ist Kabarettist, Kunstkritiker und Journalist.