Was hat die Bertelsmann-Stiftung von der Böll-Stiftung gelernt, die aktuell gerade in die Schlagzeilen geraten ist, mit einem unter ihrem Dach veröffentlichten, aber mittlerweile vom Netz genommenen Denunzianten-Wiki „Agentin.org“? Nicht viel, wenn man einen Blick auf die aktuellen Tätigkeitsfelder wirft. Nein, leider ist nicht einmal eine besondere Sorgfalt erkennbar.
So fragte Bertelsmann am 27.07.2017 „Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz?“, während man eben da eine Publikation anbietet mit dem Titel: „Deutschland braucht ein Einwanderungsland“. Das wäre in etwas so, als wenn die Kellnerin sie fragen würde, ob sie noch etwas trinken möchten, während sie Ihnen schon das nächste Bier hinstellt.
Besorgniserregende Wanderjahre: So möchte die Bundesregierung das in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft betriebene Willkommensportal für internationale Fachkräfte, „Make it in Germany“ jetzt auch auf Deutsche im Ausland ausweiten.
Weiter Bertelsmann: „Viele der Einwanderer sind Flüchtlinge.“ Auch das ist falsch. Es sind nicht viele, sondern, wenn man der Statistik „Anerkennungs- und Ablehnungsquoten von Asylanträgen nach Entscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF)“, Glauben schenken mag, gerade einmal ein Fünftel der Antragsteller 2017.
Bertelsmann ist dennoch guter Hoffnung: „Unter ihnen sind bestens ausgebildete Menschen, die, wenn sie Deutsch lernen und sich gesellschaftlich integrieren, unsere Wirtschaft verstärken und unser Land bereichern können.“ Sicher ist das nicht einmal falsch, es mögen welche „unter ihnen“ sein, auf die das zutrifft, nur wie wenige sind es wirklich, wenn die OECD selbst noch bezogen auf die so vielgelobten Syrer und ihr angeblich hohes Bildungsniveau feststellen musste: „In Syrien schaffen 65 Prozent der Schüler nicht den Sprung über das, was die OECD als Grundkompetenzen definiert.“
Auf die Frage der ZEIT an den Bildungsökonom Ludger Wößmann, was das denn nun alles bedeuten würde, antwortet der: „Das heißt, dass zwei Drittel der Schüler in Syrien nur sehr eingeschränkt lesen und schreiben können, dass sie nur einfachste Rechenaufgaben lösen können. Und das bedeutet, dass diese Schüler in Deutschland, selbst wenn sie Deutsch gelernt haben, kaum dem Unterrichtsgeschehen folgen können.“ Die ZEIT hakt nochmal nach, wie das denn sein könne: „Gerade die Syrer gelten doch als vergleichsweise gut gebildet!“
Antwort Wößmann: „Die Ergebnisse sind eindeutig: Vom Lernstoff her hinken syrische Achtklässler im Mittel fünf Schuljahre hinter etwa gleichaltrigen deutschen Schülern hinterher. Und dabei liegt der Besuch in der weiterführenden Schule dort nur bei 69 Prozent.“
So erörtern nun in genannter Bertelsmann-Publikation Experten und solche, die man dafür hält, wie ein solches Einwanderungsgesetz dazu beitragen könnte, mehr Fachkräfte für Deutschland zu gewinnen. Einwanderung könne aber nur gelingen, „wenn die Bevölkerung dafür offen ist“. Das wiederum könnte erklären, welche Erziehungsaufgabe sich Stiftungen wie Bertelsmann gestellt haben könnten. Nur, und das mag hier den entscheidenden Teil der Denkverweigerung ausmachen: Die Massenzuwanderung nach Deutschland bleibt davon völlig unberührt, ganz gleich, wieviel Fachkräfte noch zusätzlich über ein Einwanderungsgesetz ins Land geholt werden.
Interessant allenfalls, der Schlangentanz des Bertelsmann-Experten, wenn es um Begrifflichkeiten geht. So wird hier aus Flucht vs. Migration die „Fluchtmigration“, als ginge es beim Verfassen so eines Dossiers um die Arbeit eines gewieften Werbetexters. Aber nein, der Kollege hat hier nur aus einem Papier der Agentur für Arbeit übernommen. Oder eben andersherum: ach, man befruchtet sich ja gegenseitig. Demgegenüber gibt es übrigens noch die „Trans-Migration“. Sie wird uns vom Sachverständigen des Deutschen Bundestages, Dr. Klaus Dienelt in leider nur mäßig gelungenem Deutsch auf migrationsrecht.net erklärt: „Bei einer Trans-Migration handelt es sich, wenn Menschen immer sowohl wegen einer Verbesserung ihrer Lebensumstände in ein anderes Land umziehen als auch im Laufe ihres Lebens noch mindestens einen weiteren Länderwechsel vornehmen.“
Aber Strandvergnügungen mit Meeresfrüchtecocktail sind wohl nicht die einzigen Bedingungen für Attraktivität, wie die Massenzuwanderung nach Deutschland zeigt. Und so stößt Matthias M. Mayer in seinem Dossier zum Einwanderungsgesetz dann auch an seine natürlichen Grenzen, wenn er befindet: „Allerdings gilt es, Möglichkeiten und Grenzen eines Einwanderungsgesetzes realistisch einzuschätzen.“ Ja, das hätten wir gerne gelesen. Und nicht solch zeilenfüllende Allgemeinplätze wie diesen hier:
Wie ich den letzten Satz mit „machen” genau verstehen soll, muss ich noch überdenken: „Menschen können aus verschiedenen Gründen eine Migration machen.”