Erstaunlich robuste Ergebnisse fördert die US-Bilanzsaison zutage. Fast drei Viertel der Unternehmen aus dem S & P 500, die bislang berichtet haben, übertrafen mit ihren Gewinnen die Analystenschätzungen. Die Zahlen ließen die Kurse vielfach auf neue Rekorde schnellen, McDonald’s oder Facebook sind nur zwei Beispiele. Spitzen liegen im Trend an der Wall Street: Die großen US-Indizes, Dow Jones Industrial, S & P 500 sowie das Tech–Barometer Nasdaq Composite, haben in der vergangenen Woche neue All-zeithochs markiert. Schöne neue Börsenwelt? Fakt ist, dass die US-Konjunktur solide läuft, Europa sich weiter erholt. So hat auch der deutsche Ifo-Geschäftsklima-Index einen neuen Rekord markiert. China und viele Emerging Markets sind gut unterwegs. Die Bewertung jedoch ist historisch betrachtet extrem hoch. Das um Zyklen bereinigte Zehn-Jahres-KGV des S & P 500, das Shiller-KGV, liegt mit rund 30 auf dem Niveau der Aktienhausse Ende der 90er — und ist so hoch wie vor dem Crash 1929. Keine Panik, ein richtiger Crash dürfte nicht anstehen, eine Rezession ist schließlich nicht in Sicht. Und aufgrund der historisch niedrigen Zinsen sind Bewertungsaufschläge durchaus gerechtfertigt. Anleger sollten gleichwohl den Fuß auf der Bremse -haben. Mit dem August steht einer der statistisch schlechtesten Börsenmonate vor der Tür. Amazon und Starbucks kamen am Freitag unter Druck.
Noch nie in den vergangenen zehn Jahren war übrigens die Bewertungslücke zwischen europäischen und US-Aktien so groß wie aktuell. Selbst Fed-Chefin Janet Yellen äußerte inzwischen die Ansicht, dass die Bewertungen von Vermögenswerten in den USA auf ein überdurchschnittliches Niveau gestiegen seien. Experten folgern daraus, dass die Fed die Risikobereitschaft der US-Investoren mithilfe der Geldpolitik bremsen wolle. „Dagegen dürften die anhaltenden monetären Impulse und die andauernde, auf breiter Basis stattfindende zyklische Erholung in der Region für das Gewinnwachstum in Europa wohl positiv sein“, meint Salman Ahmed, Chefanlagestratege bei Lombard-Odier-Investment-Managers. Dies deute
daraufhin, dass ein weiterer Aufwärtstrend bei europäischen Aktien wahrscheinlich sei.
Ein vordringliches Ziel hatte das Treffen der OPEC-Staaten mit weiteren Ölförderstaaten in St. Petersburg vergangene Woche: ein erneutes Abrutschen des Ölpreises zu verhindern. Zuvor hatten die im Januar beschlossenen Förderkürzungen nicht verhindern können, dass der Ölpreis für ein Fass der Sorte WTI zwischenzeitlich auf unter 50 US-Dollar rutschte. Immerhin konnte die Notierung im Wochenverlauf Boden gut machen, nachdem Saudi-Arabien in Russland angekündigt hatte, die August-Exporte um rund 600 Tausend auf 6,6 Millionen Barrel täglich zu reduzieren. Saudi-Arabien werde auch in Zukunft wohl mit allen Mitteln die Notierungen stützen, meinen die Rohstoffexperten der Commerzbank. Denn das saudische Königshaus wolle den Börsengang des staatlichen Konzerns Saudi Aramco nach Kräften fördern, dessen Wert je nach Ölnotierung zwischen einer und zwei Billionen US-Dollar schwanke. Dass der Preis für das schwarze Gold aber nicht durch die Decke gehen wird, liegt einerseits an der OPEC selbst. Die Mitglieder sind zerstritten und halten die Förderbegrenzungen aus Eigeninteresse häufig nicht ein. Und andererseits nutzen die unabhängigen US-Produzenten jeden Preisanstieg, um noch mehr Öl aus dem amerikanischen Boden zu pumpen.
Dass die Konjunktur weltweit unter Dampf steht, hat vergangene Woche der Internationale Währungsfonds (IWF) bestätigt, indem er den stärksten Aufschwung der vergangenen zehn Jahre prognostizierte. Demnach soll die Weltwirtschaft 2017 um 3,5 und kommendes Jahr noch einmal um 3,6 Prozent zulegen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr stand ein Plus von 3,2 Prozent zu Buche. „Es gibt nun kein Fragezeichen mehr, dass die Weltwirtschaft nun mehr Schwung aufgenommen hat“, meint IWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld. Dabei wurden die Prognosen für Deutschland, die gesamte Eurozone, Mittel- und Osteuropa, Japan, China und die asiatischen Schwellenländer angehoben. Dennoch bleiben Wermutstropfen: So hinkt das globale Wachstum immer noch dem Aufschwung vor der Finanzkrise hinterher. Zudem wurden die Konjunkturerwartungen für die USA und Großbritannien vom IWF etwas zurückgenommen.
Auch zum Wochenausklang bewegten Quartalszahlen die deutsche BörseIndizes. Dabei begeisterte der Sportartikelhersteller adidas mit angehobenen Jahreszielen, nachdem er zuvor deutlich besser als erwartete Quartalszahlen gemeldet hatte. Die Adidas-Papiere gingen mit einem beeindruckenden Plus von 8,79 Prozent auf 192,55 Euro ins Wochenende. Nur die Papiere von ProSiebenSat.1 könnten ansonsten im 30 Werte umfassenden Dax noch zulegen, allerdings deutlich moderater mit knapp
Die Autowerte befanden sich nach den jüngsten Meldungen nach wie vor im Abwärtssog. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart zur Luftreinhaltung wird nach Ansicht des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer gravierende Folgen für Dieselfahrer haben. Die Gebrauchtwagenpreise dürften nun in den Keller gehen, sagte der Professor der Universität Duisburg-Essen dem Südwestrundfunk. Die Daimler-Aktien rutschten um 0,73 Prozent ab. BMW und Volkswagen verloren noch etwas mehr.