In der an Tiefpunkten reichen Geschichte öffentlich-rechtlicher Politikberichterstattung verdient der Aufmacher der „tagesthemen“ vom 11.07.2017 sicherlich einen Ehrenplatz. „Es ist neuer Stoff in der abenteuerlichen Geschichte um Donald Trumps Russland-Affäre“, fabuliert die Moderatorin den durch diese und ähnliche Sendungen nachhaltig desinformierten Zuschauern ins Gesicht. Denn bis heute gibt es diese Affäre nur in der Vorstellung derer, die es nicht verwunden haben, dass der aus ihrer Sicht falsche Präsident ins Weiße Haus gezogen ist. Wenn es tatsächlich eine Affäre gibt, dann ist es keine „Russland-Affäre“ von Trump, sondern eine Affäre von CNN oder New York Times. Und es wäre vielleicht auch eine „tagesthemen“-Affäre, wenn man dort noch erwarten würde, auf seriösen Journalismus zu stoßen.
Mit ausschließlich anonymen Quellen bastelte die New York Times im Februar einen Artikel über die angebliche Kollusion von Trump und „den Russen“ zusammen. In seiner Anhörung vor einem Senats-Ausschuss wurde der von Trump gefeuerte Ex-FBI-Direktor Comey gefragt, ob es zutreffend sei, diesen Artikel als „nahezu vollständig falsch“ zu bezeichnen. Comeys Antwort: „Ja“. Alles falsch also. Und das war die Basis von der „Trumps Russland-Affäre“, von der in den „tagesthemen“ auch heute noch berichtet wird, als wäre nichts geschehen.
In der Zwischenzeit kann man sich auf youtube das Video anschauen, das einen CNN-Produzenten zeigt, der einräumt, die CNN-Berichterstattung über die „Russland-Affäre“ von Trump sei „mostly bullshit“, aber gut für die Einschaltquoten.
Oder den CNN-Kommentator Van Jones, ein früheres, politisch eher links einzuordnendes Mitglied der Obama-Administration, der die Affäre als „ein großes Nichts“ (“Nothingburger”) bezeichnet.
Vor diesem faktenarmen Hintergrund findet jetzt der nächste Schub von öffentlich-rechtlichem Hyperventilieren statt. Trumps ältester Sohn habe eine russische Anwältin getroffen, die angeblich, so ein Mittelsmann, auch über Hillary Clinton belastendes Material verfügen solle. U.a. sollte es dabei um illegale Wahlkampffinanzierung zugunsten von Clinton gehen und möglicherweise um das dubiose „Uranium One“-Geschäft. Außenministerin Clinton hatte die Beteiligung eines russischen Unternehmens mit engen Beziehungen zum Kreml am Abbau großer Teile der US-Uranvorkommen genehmigt, während gleichzeitig russische Millionenspenden an die Clinton Foundation und Bill Clinton persönlich flossen.
Das bei dem Treffen am 9. Juni 2016 Informationen aus dem von den Russen gehackten Server der Demokratischen Partei geliefert werden sollten, wäre schon deshalb verwunderlich, weil dies erst am 14.Juni 2016 bekannt wurde und es zunächst hieß, die Hacker hätten von den Demokraten gesammeltes, Trump belastendes Material gestohlen.
Wenn ein Journalist mitten im Wahlkampf heiße Informationen angeboten bekommt, greift er zu und beruft er sich als erstes auf das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Trumps Sohn darf dieses Interesse, ginge es nach den Standards der „tagesthemen“, nicht haben. Ein Stefan Niemann, Washington-Korrespondent dieser Nachrichtensendung, gibt live das folgende Statement ab: „In dem Moment, wo Trump jr. gemerkt hat, dass da Informationen der russischen Regierung kommen….. hätte der das FBI anrufen müssen.“
Wovon redet der Mann? Es gab keine Informationen der russischen Regierung und das konnte und musste man im Moment der Live-Schalte auch wissen. Niemanns Schlußfolgerung: „Hoch anrüchig und mutmaßlich eben auch illegal.“
Hoch anrüchig ist dieses Schmierenstück, niederträchtig auch und ein Dokument völliger journalistischer Verwahrlosung.