Mit einem bemerkenswerten Vorschlag zur Neuordnung der Rundfunkordnung in Deutschland hat am Wochenende Pro Sieben-Sat 1 auf sich aufmerksam gemacht. Ihr Vorstand Conrad Albert hat in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung doch tatsächlich einen Anteil am Beitragskuchen der Öffentlich-Rechtlichen für die Privaten eingefordert. Dazu legte der Münchner Medienkonzern am Montag mit einem umfangreichen Gutachten für eine „Medienordnung 4.0“ der beiden Medienrechtler Mark Cole und Jan Oster nach. Wettbewerber RTL widersprach dem Vorschlag umgehend: „Wir setzen nicht auf Subventionen für einzelne Inhalte, sondern auf einen fairen Wettbewerb, der zugleich die publizistische Unabhängigkeit bewahrt“, ließ RTL verlautbaren.
Dabei gibt es keinen Mangel an Information. In Deutschland sind allein über 400 TV-Programme frei empfangbar. Streaming-Dienste und Youtube-Kanäle ersetzen zunehmend das herkömmliche Fernsehen. Zeitungen und andere Medien informieren umfangreich und in großer Vielfalt. Deshalb nehmen die Proteste und Widerstände gegen das derzeitige Finanzierungssystem zu: Rund 10 Prozent der Beitragszahler sind im Mahnstatus des so genannten „Beitragsservice“. Davon wurden im letzten Jahr fast 1,5 Millionen Vollstreckungsbescheide erwirkt.
Das Sat 1-Gutachten lenkt den Blick wieder auf diesen Sachverhalt, schon daher ist es zu begrüßen. Es folgt im Übrigen dem gleichen Ansatz wie die Studie des Düsseldorfer Wettbewerbsökonomen Justus Haucap, die er bereits im Mai 2015 für das Berliner Prometheus-Institut erstellt hat. Beide Gutachten wollen einen vorher definierten Programminhalt, der im öffentlichen Interesse ist, über ein Ausschreibeverfahren vergeben. An diesen Ausschreibungen sollen sich private und öffentliche Sender beteiligen können.
Dennoch ist das aktuelle Gutachten wichtig und sinnvoll, weil es mit vielen Mythen und Legenden aufräumt. Eine Legende lautet, dass auch das EU-Recht die Öffentlich-Rechtlichen schütze. Dabei ist es ein geschickter Übersetzungsfehler, da das EU-Recht nicht von Anbietern (ARD, ZDF), sondern von einem bestimmten Angebot ausgeht. Wenn also von „service public de radiodiffusion“ oder von „public service broadcasting“ die Rede ist, darf dies nicht mit „öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ übersetzt werden, sondern mit einem öffentlichen Angebot. Und dies Angebote können sehr unterschiedlich finanziert werden. Auch ein Stiftungsmodell, das die Privatisierungserlöse von ARD und ZDF und weiteres Stiftungskapital, für diese Zwecke einsetzt, wäre europarechtskonform. Aber nicht nur das – es wäre auch das Ende des Zwangsbeitrages. Eine Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Sender würde dann auch den privaten Sendern und allen anderen Medienangeboten endlich eine faire Chance auf dem Markt geben.