Vor etwas mehr als einem Jahr, im April 2016, ist die EU-Verordnung „zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr“ in Kraft getreten. Sie soll das europäische Datenschutzrecht harmonisieren. Im nächsten Jahr, ab dem 25. Mai 2018, wird sie in allen Mitglied- staaten der Europäischen Union unmittelbares Recht sein – und damit über dem nationalen Recht, etwa dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), stehen.
Viele Unternehmen halten die Informations- und Konsultationspflichten der EU für zu umfassend und zu teuer. Dagegen sehen Verbraucherschützer schon neue (Daten-)Geschenke für Unternehmen, da ihrer Auffassung nach zu viele Ausnahmeregelungen die Informationspflichten zur Datenerhebung aushöhlen. Dies ist aber nicht der einzige Datenstreit in Deutschland. Auch die Befugnisse des Bundesnachrichtendiensts (BND) sorgen für Irritationen und Klagen.
Einer, der sich seit 35 Jahren mit Datensicherheit befasst, ist Klaus Landefeld. Der 48-Jährige gründete mit 16 sein erstes Unternehmen. Seit 1997 ist er Vorstand für Infrastruktur und Netze beim eco Verband der Internetwirtschaft e. V., dem die meisten Internetzugang- und Internetinhalte-Anbieter in Deutschland angehören. Seit 2003 ist er Beirat von DE-CIX, seit 2013 auch Aufsichtsrat.
Was DE-CIX ist? Ein Unternehmen, das ausgeschrieben Deutscher Commercial Internet Exchange heißt und nicht gewinnorientiert arbeitet. Es gehört zu 100 Prozent dem eco Verband und betreibt unter anderem den nach Datendurchsatz größten Internetknotenpunkt der Welt – in Frankfurt am Main.
Mehrere deutsche Knotenpunkte
Internetknotenpunkt? Was soll das schon wieder sein? Landefeld (siehe auch Interview) erklärt erst einmal den Internetknoten: „‚Knoten‘ klingt vielleicht etwas nach Knäuel oder Durcheinander. Das ist es aber nicht. DE-CIX betreibt eine zentrale Schaltstelle, in der momentan rund 750 Internetanbieter verbunden sind, die Daten miteinander austauschen.“ Das Unternehmen organisiere die Verbindungen zwischen den Teilnehmern des Knotenpunkts, damit nicht jeder Teilnehmer zu einem anderen eine eigene Leitung legen muss. Es wären sonst Hunderte von Leitungen pro Unternehmen notwendig. „Das würde nicht funktionieren“, sagt Landefeld.
Und „größter Internetknoten der Welt“ heißt: „In Spitzenzeiten liegen wir bei 5,6 Terabit pro Sekunde. Ein Vergleich: Auf diesen Wert käme man auch, wenn 1,2 Millionen User zugleich ein Video in HD-Qualität anschauten.“ Die Nutzer der DE-CIX-Knotenpunkte in Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf und anderen Städten heißen Microsoft, Apple, Deutsche Telekom – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Aber auch Firmen, die Internetzugänge an Endkunden verkaufen wie 1 & 1, sind dabei. „Nur wenn Anbieter große Datenvolumina untereinander austauschen, lohnt es sich, zwischen ihnen separate Leitungen zu schalten“, sagt Landefeld. „Aber für die meisten Verbindungen ist ein Knotenpunkt wie unserer perfekt.“
Zur Sicherheit mit Stacheldraht
Dass Frankfurt und nicht etwa das Silicon Valley der größte Internetknotenpunkt der Welt ist, liegt daran, dass insbesondere in den USA die Infrastrukturbereitstellung – in erster Linie aus geografischen Gründen – regional statt zentral organisiert ist. Aber je größer ein Knotenpunkt ist, desto mehr teilnehmende Firmen erreichen andere Teilnehmer mit ihrer Leitung. Und das ist attraktiv, weil unkompliziert und kostengünstig für Unternehmen. Zudem agiert DE-CIX neutral.
Der Frankfurter Knotenpunkt verteilt sich auf über 20 Rechenzentren an verschiedenen Standorten – etwa in der Hanauer Landstraße, in der Gutleutstraße und in der Daimlerstraße. Dort hat DE-CIX große sogenannte Umschalter, im Englischen „switches“ genannt, aufgestellt, die verschiedene Netzwerke miteinander verbinden.
Die Anzahl der Menschen, die dort regelmäßig arbeiten, ist laut Landefeld „überschaubar“, und sie werden zumeist vom Betreiber der Rechenzentrumsfläche bezahlt. Sie kümmern sich um die Belüftung, Energieversorgung und Objektbewachung. Mitunter seien auch Netzwerktechniker von Teilnehmerfirmen oder vom Netzwerkbereitsteller DE-CIX vor Ort, die nach Switches und Verkabelungen schauen.
Für Geheimdienste und auf Datenklau spezialisierte Kriminelle könnten solche Knotenpunkte interessante Angriffsziele sein – auch deshalb sind die Flächen hochsicher und von Stacheldrahtzäunen umgeben. Klaus Landefeld kennt sich mit den Feinheiten des Datenschutzes und mit Spionagemethoden aus. Darüber gibt er im folgenden Interview Auskunft: