Wie man mit der „Ehe für Alle“ umgeht, da ist man ja meist unsicher: Manche glauben an die Gemeinsamkeit von Mann und Frau. Der eigentliche „Fortschritt“ ist jetzt, dass die bislang „eingetragene Partnerschaft“ nun Ehe heißt und Kinder adoptieren darf, was wegen des strengen deutschen Adoptionsrechts nur in wenigen Fällen etwas bedeutet, es sei denn, die Schwulen-Lobby schafft es, das Adoptionsrecht für die “ Ehe für Alle“ zu privilegieren.
Auch das „Familiensplitting“ gilt längst für schwule Paare. Also wozu aufregen? Lass´es laufen, was ohnehin längst gelaufen ist.
Die FAZ am Sonntag belässt es nicht bei Jubel und Konfetti für einen Sieg, der so klein ist. Die „Ehe für Alle“ „ist nicht das Ende einer Debatte, sondern deren Neuanfang“, titelt ihr Feuilleton. Was könnte das bedeuten?
Der Feuilleton-Chef zählt auf, was es in der bisherigen Ehe so gab und gibt: Ein bisschen Liebe, aber meist Hass und Not und Betrug und Elend, führt er weit schweifend auf. Stimmt ja, das alles gibt es, weil die Welt voll Sünde ist und das Ideal meist unerreichbar – für Heteros. Und er stellt die Schwulen-Ehe als Idealbild nicht daneben, sondern dagegen: Sie sei „überall dort als Fall von Liebe und nicht nur Sexualität erkannt, wo überhaupt nachgedacht wird und nicht nur Reflexe gepflegt werden.“ Müssen wir also befürchten, dass die Hetero-Ehe abgeschafft wird, weil sie weniger liebevoll ist als die von Schwulen in ihrer Güte und Vollkommenheit? Die als einzige vollenden, was Heteros nicht schaffen, das immerwährende, ewige Glück? Müssen Heteros sich jetzt schämen, wenn es am Frühstückstisch mal wieder rumpelt?
Das ist eben echte Toleranz, die da gepflegt wird. Kinder sollen sie in die Welt setzen, die Heteros, irgendjemand muss ja die Rente finanzieren. Aber Ehegattensplitting nur für die schwule Liebes-Ehe? Man fürchtet, sich verlesen zu haben oder zu überinterpretieren, kommt ja schon mal vor.
Aber man liest, wie es nun weitergehen soll nach Ansicht der FAS: „Man könnte die Ehe also abschaffen, aber leichter ist es, sie neu zu besetzen. Sie denen wegnehmen, die sie als zentrale Bastion des Patriarchats und der Homophobie verteidigt haben.“ Und die sich dabei quasi auf „Nazirecht“ berufen, steht da. Alles klar, wer für die Hetero-Ehe ist, kann nur ein Nazi sein (und der Lebensborn?). Das wirre Geschreibe endet in folgendem Absatz, den man nur zitieren kann:
„Eine weitere Emanzipation der Ehe kann aber nur heißen, dass sie auch ihre Binarität überkommen muss. Dass sich also auch mehr als zwei Leute vermählen können, wenn sie das gerne wollen. Dann könnten sich Ehetrios, -quartette und so weiter bilden, die das Ehe-Prinzip, die gemeinsame Verantwortung füreinander, ausweiten auf größere Liebes- oder Lebensgemeinschaften, die längst existieren – ob man sie Familie, polyamouröse Beziehung, WG oder sonst was nennt.“
Es sei erwähnt, dass ein weiterer Kolumnist der FAS der Ehe in ihrer „nur halbverbindlichen, zeitlich befristeten bei Nichtgefallen jederzeit kündbaren Vertrag“ doch noch einen Sinn gibt. Die schwule Ehe ist die Keimzelle des Widerstands gegen den Markt. Da sei die schwule Ehe die „Avantgarde. Wenn die Ehe eine Zukunft haben soll, dann in diesem Geist.“
Hat es. Es zeigt die Zerrissenheit des Unternehmens Frankfurter Allgemeine Zeitung, die schon seit längerem zu beobachten ist. Der Kampf der verschiedenen Kulturen um die Deutungshoheit – und die unbedingte Entschlossenheit der Verbände, diesen Sieg nicht stehen zu lassen, sondern die Bewegung in Bewegung halten zu wollen. Nach 10-Prozent-Gleichstellung ist zwar nichts mehr zu holen, außer Dominanz.
Mit dieser Ausgabe verabschiedet sich Der Sonntagsleser von der Lektüre der FAS.
Die WeLT AM SONNTAG kompakt und Die Presse am Sonntag haben keinen Platz für das Thema mit dem irreführenden Titel „Ehe für alle“. Dem öffentlichen Abschied von Helmut Kohl widmen sich beide. Im Wiener Traditionsblatt erfahren wir von Bill Cliton: „Hillary sagte, dass ich ihn so sehr liebte, weil er der einzige Mann mit einem noch größeren Appetit war als ich.“ Dank WamS wissen wir, dass Angela Bills Linke mit beiden Händen tätschelte.
Lesen wir im WamS-Interview mit Martin Schulz auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, in ein Kabinett Merkel einzutreten, „Der nächste Bundeskanzler heißt Martin Schulz“, müssen wir nicht weiterlesen. Im Interview mit Norbert Lammert weicht dieser allen interessanten Fragen aus.
Ansonsten ist Sommer. Nach dem Loch geht’s weiter: Passiert nichts Sensationelles, nach den Ferien so, wie’s vor ihnen aufhörte – demoskopisch und überhaupt.
Wir fragen uns, sollen wir uns mit den sogannten Meinungsführer-Medien überhaupt noch befassen. Na, wir haben im Sommerloch ja Zeit zum Nachdenken.