Zuerst überwarfen sich die österreichischen Grünen mit ihrer Jugendorganisation. Nun wollen die Jungen Grünen zusammen mit der KPÖ zur Nationalratswahl im Oktober antreten. Es brodelt also nicht nur bei den Grünen in Deutschland. Es rumort praktisch in allen schon lange, weniger lange oder nocht nicht etablierten Parteien. Das politische Organisations- und Kommunikationsgefäß Parteien ist so lange zum Brunnen gegangen, bis es angefangen hat zu brechen.
Das demoskopische Bild spiegelt das deutlich wieder. Dass damit über das Ergebnis im Oktober nichts annähernd Zuverlässiges gesagt ist, versteht sich. Das galt aber auch für die Umfragewerte vor dem Beginn der Kampagne Kurz, der sich anschickt, die ÖVP zu seiner Hilfsorganisation zu machen. Der – wie Macron – parteilose Personen auf seiner Liste für die Nationalratswahl kandidieren lässt und sich dabei überall umschaut. Hatten die drei ganz alten Parteien lange etwa gleich stark ausgesehen, hat sich nun eine erkennbare Rangfolge gebildet.
Der politische Wettbewerb, Wahlkampf genannt, ist längst fast ausschließlich erst einer um die Anteile an der öffentlichen Berichterstattung und dann um die transportierten Botschaften. Selbst eine Schlagzeile wie die auf nachrichten.at tut ihre Wirkung: „Kern und Strache tanken Kraft am Meer, Kurz in den Bergen“. Kurz trifft umkämpfte Wähler, Kern und Strache ihre sicheren Stammwähler.
Die Ergebnisse auf die fiktive Frage nach der direkten Kanzlerwahl erklärt die Parteienziffern davor, nicht umgekehrt. Ich vermute, die Umfrageinstitute wissen gar nicht, was sie mit dieser fiktiven Frage, die sie inwischen alle in D wie Ö seit vielen Jahren stellen, tun. Etwas, das ich sehr begrüße. Sie machen Werbung für die direkte Wahl von Regierungschefs durch das Volk.
Die Ergebnisse der Grünen und der neos zeigen das umgekehrte Bild, die Parteien tragen ihre Vorleute, nicht die Vorleute die Partei. Der niedrige Wert der neos spiegelt die anziehende Wirkung von Kurz auf ihre Klientel. Nicht zufällig kommt Matthias Strolz selbst ursprünglich aus der ÖVP. Auch hier ähnelt das Bild in Ö dem in D. Die aktuell besseren Ziffern für die FDP können sich schnell ändern.
Die Probleme such sich ihre Löser, nicht umgekehrt. Die Dinge erzwingen Änderungen, nicht Politiker. Sie können sich an die Spitze des Vernünftigen setzen oder unter die Räder des Notwendigen geraten. Sebastian Kurz scheint mir das erste zu wählen, Macron das zweite.