Die Verheißungen von Werbung und PR scheinen in Zeiten der Haltlosigkeit die letzte Bastion großer Wertvorstellungen zu sein. Das kann traurig machen … oder glücklich. Ein tiefer, kurzer Blick lohnt, um dann – ganz beruhigt – in die Kleinheit unser aller Leben zurückzusinken.
Es ist Mumpitz zu glauben, dass früher die Liebe noch liebenswerter gewesen sei. Nein, so haben uns Kulturwissenschaftler und Genderverantwortliche gelehrt, früher sei die romantische Liebe noch vollkommen unbekannt gewesen. Man kam irgendwie zusammen. Es galt Grundbedürfnisse zu befriedigen und den Nachwuchs zu organisieren. In anderen Bereichen würde man von „Chain-Management“ sprechen. Nun ist auch die Liebe ein Kulturphänomen: Im Rahmen der um sich greifenden und spannend anzusehenden Selbstüberschätzung des modernen Menschen, galt es irgendwann mit seinem Leben allen Ernstes einen „Sinn“ zu verknüpfen, der zunehmend in sich selbst lag. Leibniz, heute vor allem für Kekse und weniger für Gedanken bekannt, hatte dazu eine klare Meinung: „Alles kommt durch die Sinne in den Sinn … nur der Sinn selber nicht.“ Vielleicht war dieser Gedanke der Anfang vom Ende der Solidarität des Menschengeschlechts und der Liebe, who knows.
Liebe muss also in einer „sinnvollen“ Welt den Einzelnen bereichern. Das ist gar nicht so einfach, weil doch die Liebe eben zwei unvereinbare Gegensätze verbinden soll: Zum einen soll sie immer wieder die edlen Züge unseres Charakters hervorbringen, uns motivieren uns selbst zu überwinden – das gelingt nur, indem wir uns permanent entwickeln und über uns hinauswachsen (und in der Anfangszeit über unsere finanziellen Budgets) . Zum anderen aber heißt Liebe auch Ankommen und Beständigkeit. Beide Aspekt der Liebe widersprechen dem Zeitgeist. Denn die Selbstüberwindung zugunsten von etwas anderem als uns selbst, ist fast schon eine Beleidigung. Der immer gern zitierte Fernando Pessoa brachte das ziemlich cool auf den Punkt: „Wir lieben niemanden, nie. Wir lieben allein die Vorstellung, die wir von jemanden haben. Unsere eigene Idee – uns selbst also – lieben wir.“ Touché.
Beständigkeit bringt uns in die Bredouille, weil doch das Leben endlich ist und danach nix mehr kommt … da gilt es die Zeit „in Fülle“ zu nutzen. Calvinismus funktioniert auch ohne Gott.
Diese Modernitätslücke füllt die freundliche Partnerschaftsvermittlung Parship aus Hamburg. Alle 11 Minuten verliebe sich ein Single auf Parship, lässt uns die Dame wissen und lächelt sinister. In einer Welt ohne Unbekanntes ist nun auch das letzte Feld der Unwägbarkeit – zum Glück – statistisch ausgewertet und zielgruppenspezifisch instrumentiert. Da kann nichts mehr schiefgehen und unsere Persönlichkeitsentwicklung bremsen. Wenn nämlich die Liebe planbar ist und wir wissen, dass die individuellen Übereinstimmungspunkte bei 100% liegen, dann ist es allein an uns und unserer Unvernünftigkeit, wenn der Funke nicht überspringt. 11 Minuten Zeit haben wir dazu … ansonsten stimmt etwas nicht mit uns. Denn auch Liebe ist ein Durchschnittswert, der eine klare – Achtung Modewort! – Skalierbarkeit erlaubt. Zum Schluss ist also auch das Gefühl eine Folge von Fakten … aber, wo bleibt denn da die universelle Vorstellung unserer Einzigartigkeit? Es ist zum Verzweifeln oder Verlieben, aber bereits Ernst Neger wusste dies ganz nonchalant zu nehmen: Heile, heile Mausespeck … in Hundert Jahr`n ist alles weg.