Gut, behaupten wir es doch einfach mal: Wer von unseren geschätzten Lesern Frontal21 schaut, lebt in keiner Filterblase. Viele Leserbriefe erklären sich ja dahingehend, die Öffentlich-Rechtlichen immer mehr links oder rechts liegen zu lassen. Angefangen von den Nachrichtensendungen bis hinüber zu den Talkshow-Formaten. Sicher oft nachvollziehbar, aber auch manchmal schade. Denn die Sendung Frontal21 des ZDF vom 9. Mai zeigte einen sehenswerten Investigativbeitrag rund um bundesweite millionenschwere Fehlplanungen bei heute leerstehenden Migrantenunterkünften in Deutschland.
Sehenswert deshalb, weil es den Journalisten um Andreas Halbach gelungen ist, den Einzelfall zu generalisieren. Viele Einzelfälle zu einem großen Versagen zusammenzufassen. Das vorweggenommene Fazit könnte hier lauten: Die verantwortlichen Politiker in den Ländern und Kommunen sind davon ausgegangen, das die Flüchtlings- und illegale Zuwanderungswelle einfach immer so weiter gehen würde. Jedes Jahr eine weitere Million Neubürger. Basierend auf offenen Grenzen bis zum Sankt Nimmerleinstag. Also mietete man für horrende Summen große leer stehende Gebäude – im Einzelfalle sogar mit Mietverträgen mit über zwanzig Jahren Laufzeit für zig Millionen von Euro, die nun in mehr als der Hälfte der Fälle leer stehen, vergammeln, auf eine viel zu teure Renovierung warten, die nie vorgenommen wird. Industrieruinen von morgen auf Kosten der Steuerzahler. Über das Land verstreute hässliche Denkmäler einer implodierten Willkommenspolitik. Gedächtnisruinen.
Besonders perfide: Ausgerechnet ein SPD-Politiker aus Nordrhein-Westfalen – am kommenden Wochenende wird gewählt – soll eines dieser Gebäude privat gekauft haben für etwas mehr als eine Million, um es wenig später für über fünf Millionen Euro zu vermieten als Flüchtlingsunterkunft. Nein, der Rechnungshof seiner Stadt hatte anschließend nichts einzuwenden.
Mit Frontal21 nach Hessen, nach Mengeringhausen in die Prinz-Eugen-Kaserne. Bau- und Umbaukosten fast sechs Millionen Euro. Bedarf heute: null. Betriebskosten: laufend. Aber Frontal21 fährt weiter. Nur ein paar Kilometer ins Abenteuerland, nein, nicht nach Deutschland, sondern in einen ehemaligen Freizeitpark, der bis 2018 vom Land angemietet wurde, in dem nie Zuwanderer untergebracht wurden, dessen Mietdauer aber bereits über 2018 hinaus verhandelt wird. Aus „Rücksicht auf den Vermieter“ bleibt der Mietpreis geheim. Abenteuerland Deutschland.
Alle Bundesländer wurden von Frontal21 nach Leerständen befragt. Ganz weit vorne Thüringen: 88 Prozent der Flüchtlingsheime stehen dort leer. Im Bundesdurchschnitt würden 54 Prozent der Unterbringungsplätze nicht gebraucht, erfährt man staunend. Nun ist es allerdings nicht so, das die Zuwanderer wieder nach Hause gefahren wären. Sie sind zum Teil bereits dezentral untergebracht. Und das sicher nicht zum Nulltarif. Hier würde eine weitere Sendung möglich sein, um mal zu schauen, welche Vermieter und ihre Mietpreise dort unter den umfassenden Schweigeschutz der Länder gestellt werden mussten, um die Steuerzahler nicht über Gebühr zu erzürnen. Fünf der befragten Länder waren übrigens nicht einmal in der Lage, ihre monatlichen Kosten für Unterbringungen zu beziffern. Man will es offensichtlich nicht einmal wissen, ahnen ist schon schlimm genug.
Bärbel Hildebrand vom Bund der Steuerzahler NRW nennt Frontal21 den Grund: Organisationschaos. Es gäbe keine interkommunale Zusammenarbeit, während die einen neue Einrichtungen schaffen, werden andere nebenan gerade abgewickelt.
Die krassesten Beispiele kommen aus NRW: In Hamm ein Mietvertrag bis 2035, ebenso am Möhnesee und in Essen sogar bis 2041. Wohlgemerkt, nicht für eine Wohnung, sondern Mietverträge über Millionen Euro für Massenunterkünfte.
Von der humanitären Krise zur Steuerzahlerkrise – das kann nicht sein, findet Bärbel Hildebrand. Frontal fragte beim zuständigen Minister in NRW nach. Ralf Jäger von der SPD entschuldigt sich damit, dass man doch vorbereitet sein muss, „wenn die Zahlen steigen. (…) Wir müssen damit rechnen, das auch irgendwann die Flüchtlingszahlen wieder steigen.“ Der Minister nennt es Unterkünfte „vorhalten“. Hat dieser Sozialdemokrat auch mal Wohnungen für Wohnungssuchende wegen zu hoher Mieten vorhalten lassen? Oder sich dafür eingesetzt?
In Neuss: Kaum noch Flüchtlinge in einer Sammelunterkunft, aber ein Mietvertrag bis 2042. Nein, das ist keine „Vorhalte“, das ist nordrhein-westfälische Sciene-Fiction-Comedy. Überall Fehlplanungen und mangelnde Absprachen. Ein Eldorado also für Geschäftemacher wie den eingangs genannten Sozialdemokraten. Der kommt aus Essen. Frontal21 nennt den Namen: Arndt Gabriel. Ralf Witzel MdL/NRW von der FDP über den SPD Politiker: Es bleibe der Verdacht stehen, das Wissen aus der politischen Tätigkeit für Vetragsabschlüsse genutzt wurde, von denen man selber profitiert. Das gehöre restlos aufgeklärt. Aber Gabriel fühlt sich selbst entlastet: Durch das zuständige Rechnungsprüfungsamt der Stadt Essen sei das längst zu seinen Gunsten geklärt. Aber geklärt ist noch gar nichts.
Die Erkenntnis aus diesem Frontal21-Beitrag: Länderübergreifend funktioniert hier nur eines, das Chaos. Und so, wie das Familienministerium nun einhundert Millionen Euro im Bringservice für teilweise noch zu konstruierende Demokratieprojekte gegen Rechts ausgibt, so funktioniert mittlerweile das ganze Land in Selbstbedienung und für diese so gute Sache, für diese religiös aufgeladene Idee einer neuen Weltordnung ausgehend von deutschem Boden von deutschen Gutmeinern. Aus Ruinen auferstanden. Aber noch sehen wir nur die Ruinen: angemietet teilweise bis zum jüngsten Gericht. Das allerdings erwartet die Regierung in NRW möglicherweise schon am Wochenende und alles weitere dann im September.