Tichys Einblick
Grauzone

„Der Schlepper“ – Magazin der Flüchtlingshilfe

Wer bei der "Fluchthilfe" hehre Ziele verfolgt und kriminelle unwissentlich unterstützt, ist schwer auseinanderzuhalten und wohl oft selbst für die dort Tätigen nicht durchschaubar. „Der Schlepper“ ist das Magazin des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein e.V.

Screenshot: frsh.de

Ein Schlepper ist ein kleines flinkes Schiffchen, schreibt die schleswig-holsteinische Flüchtlingshilfe. „Der Schlepper“, so heißt auch ihr Magazin. Ein Magazin für kriminelle Schlepperbanden? Nein. Für „Flüchtlingshelfer“ oder für „Fluchthelfer“? Wohl eher. Aber die Publikation hat mehr als nur ein Geschmäckle, wenn Menschen zu tausenden ertrinken, denen falsche Hoffnungen und noch mehr falsche Versprechen für tausende von Dollar gemacht wurden, die zu oft auf dem Grund des Meeres enden.

Den Titel für ein neues Fußball-Magazin zu finden, dürfte nicht so schwer sein. „Stürmer“ wäre die erste Wahl. „Wäre“, denn man muss schon massiv ahistorisch unterwegs sein, um hier nicht sofort die inneren Alarmsirenen schrillen zu hören.

Nehmen wir das mal als massivste Verirrung und denken den Unsinn weiter: Wie wäre es beispielsweise mit dem Titel „Der Schlepper“ für ein Magazin der Flüchtlingshilfe? Unmöglich, finden Sie? Klar, Schlepper nutzen aus Profitstreben das Leid anderer aus, sie unter katastrophalen Verhältnissen auf die Reise schicken, oft in maroden und völlig überladenen Booten über das Mittelmeer; Verzweifelte, von denen man schon bei der Abfahrt weiß, dass Ihr sicheres Ankommen mehr als fraglich sein wird. Solche Schlepper sind potentielle Mörder, nehmen zumindest den Tod ihrer „Kunden“ grob fahrlässig als Möglichkeit, wenn nicht Wahrscheinlichkeit hin.

Geschäftemacher die ganze Lieferkette entlang
Fluchtgewinnler und Migrations-Industrie
Nun ist der „Der Schlepper“ tatsächlich Titel eines periodischen Magazins. Nein, leider nicht von irgendwelchen kinnbärtigen Hamburger Schiffahrtsfreunden e.V., die nach der Hafenrundfahrt so gerne nochmal nachblättern, was das nun auf sich hatte, mit diesen kleinen Kraftpaketen, welche die großen Kähne in den sicheren Hafen ziehen. Nein, „Der Schlepper“ ist das Magazin des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein e.V.. „Ein Magazin für Migration und Flüchtlingssolidarität in Schleswig-Holstein.“ Das Newsletter heißt groteskerweise auch noch „Das Beiboot“. Und Beiboote von Schleppern sind es ja meistens, die im Mittelmeer versinken, samt lebender Fracht.

Warum das Vereinsmagazin so heißt, wie es heißt, beantwortet der Verein selbst. Aber zynischer geht es kaum: „Zum Verständnis der Namensgebung für unser Quartalsmagazin »Der Schlepper« sei ein kurzer Exkurs in den maritimen Wortschatz erlaubt. (…) Ein Schlepper ist ein kleines flinkes Schiffchen. Es steht jedem an fremder Küste Ankommenden bei seinem Bemühen hilfreich zur Seite, einen schützenden Hafen erfolgreich und ohne Schaden zu nehmen, anzulaufen.“

Die Nullnummer zum Magazin erschien im Sommer 1997. Seitdem sind 68 Ausgaben erschienen, die sich mit dem Thema Flucht und Vertreibung beschäftigen. Grußworte schreiben hier beispielsweise UNHCR-Vertreter für Deutschland. Der Titel der Sommerausgabe 2015 lautete „All Refugees welcome“.

Der Verein wurde bereits 1989 gegründet und 1991 in das amtsgerichtliche Vereinsregister eingetragen. Also eine NGO? Eine Nichtregierungsorganistion? Nun sind aktuell eine Reihe auch deutscher Flüchtlingshelfer-NGOs unter Verdacht geraten, mit Schleppern zusammenzuarbeiten. Mit kriminellen Organisationen, für die das Geschäft mit den Flüchtlingen mittlerweile oft lukrativer ist als Drogenhandel. Ein Hauptvorwurf beispielsweise der sizilianischen Staatsanwaltschaft richtet sich gegen Organisationen, die sich „bis nahe der Hoheitsgewässer (…) positionieren, um schnell eingreifen zu können“, das wiederum spiele den Schleppern in die Hände und locke gleichzeitig noch mehr Menschen auf die gefährliche Mittelmeerroute.

Man sieht also, eine Abgrenzung von humanitärer Hilfe contra Hilfestellung für Schleuser und Schlepper ist mitunter schwer vorzunehmen. „Flüchtlingshelfer“ werden so zu „Fluchthelfern“. Oft nur eine dünne ideologische Trennlinie. Falsche Hilfe kann noch mehr Leid auslösen. Darf man das den Helfenden pauschal zur Last legen? Wer sich an jene engagierten Menschen erinnert, die Ende 2015 eigeninitiativ mit dem privaten PKW Flüchtlinge über die Grenze schmuggelten, also Recht brachen, mag auch hier humanitäre Gründe gelten machen. Das Elend der Fernsehbilder war im Herbst 2015 auslösender Faktor. Verständnis dafür darf man haben. Muss man vielleicht sogar haben. Der Mensch sei dem Menschen kein Wolf. Das ist eine der Errungenschaften freier Gesellschaften. Das Schicksal der Gemeinschaft misst sich am Wohlergehen des Bedürftigsten von allen. So lange freilich, bis diese Kraft an Grenzen stößt. Möglicherweise, bis der Wille zur guten Tat das genaue Gegenteil bewirkt. Bis nationale Grenzen allzuweit überschritten wurden für eine Utopie, für eine weltumspannende Ideologie, der der einzelne Mensch und sein Schicksal leider völlig egal scheint.

Screenshot: frsh.de

Ist der Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. überhaupt eine NGO? Gefördert wird er von Ministerien sowohl des Landes wie auch des Bundes. Namentlich involviert sind nicht nur die Bundesagentur für Arbeit, der europäische Sozialfonds und die Flüchtlingshilfe der UNO, sondern auch das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten Schleswig-Holstein, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Eine echte NGO geht anders.

Bundesminsiterien unterstützen also einen Verein, der ein Magazin betreibt, das sich „Der Schlepper“ nennt, während zeitgleich Bundeswehrsoldaten auf dem Mittelmeer Schlepper bekämpfen, also die Nadel im Heuhaufen ausfindig machen sollen. Die Bundestagsabgeordnete der Grünen, Agnieszka Brugger nimmt da längst kein Blatt mehr vor den Mund, wenn sie fordert: „Menschen retten statt wirkungslos Schlepper bekämpfen.“

In der vorletzten Ausgabe von „Der Schlepper“ findet sich beispielsweise ein Artikel der Hamburger Fotografin Marily Stroux. Für diese Ausgabe des Schleppers lieferte sie Bilder von der griechischen Insel Lesbos, auf der sie sich mehrere Monate aufhielt. Und ihr Statement heißt in aller Eindeutigkeit: Ferries, not Frontex: „Ich bin seit vier Monaten dort und mich begleitet ständig das merkwürdige Gefühl, frei zu sein auf einer Insel, auf der ein großer Teil der Bevölkerung eingesperrt ist. Eine Art Apartheid der Gegenwart. Unsere Parole „Freedom of Movement“ ist das, was jede*r Eingesperrte sich wünscht. „Ferries, not Frontex“ auch, aber in die richtige Richtung.“

Aber was machen, so lange keine Ferries zur Verfügung stehen? Dann doch lieber die Schlepper und ihre Schlauchboote unterstützen? Jedenfalls sollte man nicht schon im Titel seiner offensichtlich vom Steuerzahler co-finanzierten Vereinspublikation diesen zweifelhaften Eindruck erwecken.

Vor allem aber fehlt wohl jedes Bewusstsein für die Frage, wer ist überhaupt Flüchtling oder Schutzsuchender und wer Arbeits- und/oder Wohlstands-Migrant. Legte man etwa den Binnen-Maßstab an, dass „arm“ ist, wessen Einkommen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt, dann betragen die moralisch berechtigten Zuwanderer ein praktisch unbegrenztes X-Faches der heutigen deutschen und europäischen Bevölkerung. Mit dieser nüchternen Überlegung und der Frage, was daraus folgt, gehen „Der Schlepper“ und Co. wohl am liebsten so um, dass sie damit gar nicht erst umgehen.

Fußnote: Die Anerkennungsquote lag zuletzt zwischen 0,9 Prozent für für Asylbeantragende aus Tunesien, 3,3 Prozent  aus Marokko und 8% für Nigerianer.

Die mobile Version verlassen