Tichys Einblick
Berlinkollaps

Was funktioniert in der Bundeshauptstadt überhaupt?

Die Hauptstadt legt mit gesperrten Autobahnen, einsturzgefährdeten Brücken und Dauerbaustellen den Verkehr lahm – und offenbart dabei ein Staatsversagen, das längst Symbolcharakter hat. Wenn selbst Wahlen scheitern, Schulen verfallen und Milliarden in Fremdhilfe statt Infrastruktur fließen, bleibt nur noch Zynismus als Verkehrsleitsystem.

picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Mit dem Bau der Bundesautobahn 100 (kurz: A100) wurde 1958 begonnen. 28 Kilometer soll sie eines (fernen?) Tages lang sein, nutzbar sind 21 Kilometer. Mit über 200.000 Fahrzeugen pro Tag gehört die A100 zu den meistfrequentierten Autobahnen Deutschlands. Der 16. und 17. Bauabschnitt für die restlichen Strecken ist im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 (!) vorgesehen.

So weit, so gut! So weit, so schlecht! Aktuell ist die A100 für vermutlich zwei Jahre überhaupt nicht mehr in voller Länge ihrer derzeit 21 vorhandenen Kilometer befahrbar. Grund: Im Jahr 2018 wurden umfangreiche Schäden an der Elsen-Brücke festgestellt. Seit 2020 wird nun dort gebaut, bis 2028 soll die Baumaßnahme abgeschlossen sein. Wer von Friedrichshain nach Treptow möchte – oder umgekehrt – muss über dieses Brückennadelöhr bzw. eine Behelfsbrücke. Immerhin wird noch vor 2028, angeblich bis Mitte 2025, mit der Fertigstellung des 16. Bauabschnitts der Stadtautobahn A100 gerechnet. 720 Millionen Euro wird die 3,2 Kilometer lange Teilstrecke gekostet haben, das sind 225.000 Euro pro Meter. Wann der 17. Bauabschnitt folgt, steht in den Sternen.

Obendrein ist die sogenannte A100-Ringbahnbrücke seit dem 6. März nur einspurig befahrbar, nun soll sie komplett gesperrt werden. Dies teilte die Berliner Verkehrsinformationszentrale (VIZ) am 19. März mit. Die Brücke am BAB-Dreieck Funkturm Charlottenburg ist mittlerweile vollständig gesperrt. Von zwei Jahren Sperrung ist die Rede. Oder offiziell, so ein BAB-Sprecher: „Es kann auch kürzer sein, es kann auch länger sein.“

Berliner Autofahrer reagieren in den Netzwerken angefressen: „Naja, wenn man das ganze Geld in die Welt verschenkt, bleibt nix fürs eigene Land übrig.“ „Haben sie es also geschafft … im besten Deutschland aller Zeiten.“: „Es reicht langsam, die ganze Stadt ist eine Baustelle geworden.“

Auch sonst ist Berlin ein absolut dysfunktionales Monster

Welch chaotischen Eindruck Berlin als Bundeshauptstadt in der Welt und im eigenen Land hinterlässt, mag an dieser Stelle nicht Thema sein. Dafür liefert die Bundesregierung (a.D. in spe und in spe) täglich prächtig Stoff.

Ausgewählte Beispiele: Der Großflughafen BER wurde ab 2006 konzipiert, 2011 sollte er fertig sein. Eröffnet wurde er im Jahr 2020. Die Kosten knallten von geplanten 2 Milliarden auf 7,3 Milliarden durch. Mit solch chaotischen Abläufen steht Berlin allerdings nicht allein. Die Bauarbeiten am neuen Hauptbahnhof „Stuttgart 21“ begannen 2010, 2019 sollten sie abgeschlossen sein. Nun ist mit einer Fertigstellung erst Ende 2026 zu rechnen. Die ursprünglich kalkulierten Kosten schnellten von 4,1 Milliarden auf mindestens 11 Milliarden hoch.

Zurück zu Berlin: Nicht einmal Wahlen kriegt die Stadt richtig hin. Aufgrund von TE-Recherchen stellten sich Unregelmäßigkeiten bei den Bundestags- und Landesparlamentswahlen vom 26. September 2021 heraus. Ein Teil der Wahlen musste nach entsprechenden Gerichtsbeschlüssen wiederholt werden: am 12. Februar 2023 die Wahl zum Abgeordnetenhaus, am 11. Februar 2024 die Wahl zum Bundestag.

Ansonsten: Berlin ist mit mehr als 65 Milliarden Euro verschuldet. Zugleich ist Berlin Empfänger des mit Abstand größten Batzens aus dem 18,3-Milliarden-Länderfinanzausgleich: Berlin bekommt daraus jährlich 3,8 Milliarden. Das S-Bahn-Netz (DB-Tochter!) samt Tunneln ist marode; es droht der Ringbahnkollaps. Obendrein herrscht eine gigantische Wohnungsnot. Auch weil Berlin offen für Tausende von Flüchtlingen ist und dafür – kostspielig – Hotels anmietet. Die zwei großen Berliner Universitäten (Humboldt und Technische) sind in Teilen zu Wokeness-Fabriken geworden, an deren Spitze (hier TU) eine Präsidentin Geraldine Rauch steht, die anti-israelische Likes verteilt. Bei bundesweiten Schulleistungsvergleichen rangiert Berlin stets im hinteren Viertel. Der Zustand vieler der 700 öffentlichen Schulen in Berlin ist erbärmlich. Es geht um mindestens 5 Milliarden Euro Sanierungsbedarf; gut 30 Schulen kommen erst nach 2030 „in den Genuss“ einer Sanierung.

Das Einzige, was in Berlin auch dieses Jahr sicher klappt, wird der CSD am 26. Juli sein.

Ansonsten sollte die Stadt auf ihren Bauhöfen mal nach alten Straßenschildern suchen und sie wieder aufstellen lassen: „Berlin – Hauptstadt der DDR“.


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