Tichys Einblick
Bayerns Schulden-Poker endet kläglich

Showdown abgesagt: Wie Aiwanger sich selbst entzauberte

Hubert Aiwanger hat sich als großer Widerstandskämpfer inszeniert – und ist am Ende als Söders Bettvorleger gelandet. Statt Bayerns entscheidende Stimmen im Bundesrat gegen die gigantische Schuldenorgie zu verweigern, begnügt er sich mit einer belanglosen Protokollerklärung, die ab dem 22. März niemanden mehr interessiert.

picture alliance/dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Es gab viel Verwirrung und auch viel Hoffnung um die Frage, ob der Freistaat Bayern am 21. März im Bundesrat der Grundgesetzänderung zum Zwecke eines jeweils 500-Milliarden-Euro-Schuldenpakets für Infrastruktur und für die Bundeswehr zustimmen werde. Die 6 Stimmen der Bayern waren Voraussetzung, dass der Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung hinkriegt.

Ohne die 6 bayerischen Stimmen wäre der Bundesrat womöglich mit nur 41 Stimmen aus verschiedenen schwarz-rot-grünen Landeskoalitionen an der Zwei-Drittel-Hürde (46 Stimmen) gescheitert. Es kam also darauf an, ob die Freien Wähler (FW) als Koalitionspartner von CSU-Ministerpräsident Söder die bayerischen Stimmen im Bundesrat blockieren oder nicht. FW-Chef Aiwanger hatte damit kokettiert, die bayerischen Stimmen zu blockieren. TE hat darüber berichtet.

Am Montag, 16 Uhr, gab es schließlich eine Krisensitzung des CSU/FW-Koalitionsausschusses. Ergebnis: Der Showdown findet nicht statt. Der Bayerische Rundfunk berichtet soeben (19.00 Uhr): „CSU und FW einigen sich – Bayern stimmt Schuldenpaket zu.“ Der Freistaat werde im Bundesrat also dem schwarz-roten Schuldenpaket zustimmen, sagte CSU-Staatskanzleichef Florian Herrmann. (Bezeichnend übrigens, dass das Ergebnis der Krisensitzung nicht von Söder und Aiwanger, sondern von Leuten aus der zweiten Reihe bekanntgemacht wurde.)

In einer Sitzung des Koalitionsausschusses haben CSU und FW ihre Differenzen über das im Bund geplante Schuldenpaket also beigelegt. Allerdings werde Bayern eine Protokollerklärung mit mehreren Klarstellungen abgeben. Die Aufnahme der Klimaneutralität bis 2045 ins Grundgesetz verstehe der Freistaat nicht als Staatsziel, erläuterte Herrmann. Für die Kommunen dürfe es keine neuen Aufgaben ohne zusätzliches Geld geben, der Länderfinanzausgleich solle reformiert werden und die Mittel aus dem Sondervermögen dürften ausschließlich für zusätzliche Investitionen verwendet werden. FW-Fraktionschef Florian Streibl verwies darauf, dass das Bekenntnis zur Schuldenbremse auch im Koalitionsvertrag von CSU und FW stehe.

Fazit: Aiwanger hat die Backen aufgeblasen und ist als Bettvorleger gelandet. Er ist Söders Trophäe, seine eigene Trophäe besteht nur in einer Erklärung, die im Bundesrat zu Protokoll gegeben wird. Die aber ab dem 22. März niemanden mehr interessiert. Wenigstens ein paar Millionen hätte Aiwanger für seine FW bzw. für sein Wirtschaftsministerium herausholen müssen, die Bayern aus dem Infrastruktur-Sondervermögen bekommen wird. Söder hat Aiwanger einmal mehr domestiziert. Nicht unbedingt zum Vorteil Deutschlands.


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