Die Verschuldung Deutschlands um eine weitere Billion Euro und die Verpflichtung auf „Klimaneutralität“ können am Dienstag noch vom Bundestag oder vom Verfassungsgericht verhindert werden. Das Gericht steht aber unter der Führung von Präsident Stephan Harbarth (CDU). Obendrein haben die kleinen Parteien in den Ländern noch die Möglichkeit, Friedrich Merz (CDU) im Bruch seines Wahlversprechens zu bremsen. Auf Bayern und die Freien Wähler schaut die ganze Republik – doch auch in den anderen Ländern droht der „großen Koalition“ noch Widerstand. Für die FDP wird es sogar zur Frage, wie sie sich künftig aufstellt.
Die FDP regiert in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit. Sollte der Bundesrat der Änderung des Grundgesetzes die nötige Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen tatsächlich verweigern, braucht es dafür auch die Gegenstimmen dieser Länder. Wobei Enthaltungen in der Länderkammer faktisch wie Nein-Stimmen gewertet werden. Das Beispiel Rheinland-Pfalz zeigt, wie deutlich sich die FDP für ihren künftigen Weg entscheiden kann und muss: Weiterhin öffentlich und lautstark eine liberal-konservative Politwende verkünden, aber bei jeder Gelegenheit den Erfüllungsgehilfen der Kartellparteien spielen? Oder tatsächlich konsequent liberal-konservative Politik betreiben?
Rheinland-Pfalz ist ein besonders gutes Beispiel, weil im Mainz die Ampel eigentlich konstruiert wurde. 2016 ging sie in Mainz an den Start. Damit bewies die FDP seinerzeit, dass sie auch ohne die CDU Teil von Mehrheiten sein kann. Ihr Bauherr war Volker Wissing. Der ehemalige Generalsekretär der FDP hat im November die Mitgliedschaft in seiner Partei aufgegeben, um in seinem Dienstwagen noch ein paar Monate länger den Geruch von Bedeutung inhalieren zu können. Mit seiner liberalen Überzeugung warf Wissing den Job als Parteivorsitzender der FDP Rheinland-Pfalz gleich mit weg.
Seine Nachfolgerin ist Daniela Schmitt (52). Als Landesvorsitzende ebenso wie als Wirtschaftsministerin der rheinland-pfälzischen Ampel, die nunmehr seit neun Jahren durchhält. Ihre Parteifreunde bezeichnen sie als blass und wirkungslos. Aber nur die wohlwollenden. Die anderen meinen, sie müsste viel extrovertierter und effektiver auftreten, um als blass und wirkungslos durchzugehen. Selbst als Wissing nach Berlin gewechselt war, ging sie keinen Schritt, dem ihr Mentor nicht seine Zustimmung gegeben hätte.
Anfang April steht Schmitt zur Wiederwahl im Parteivorstand an. Die FDP steht in den Umfragen unter fünf Prozent. Obwohl die Heimat von Rainer Brüderle eher eine Hochburg der Partei ist. Mit Schmitt als blasser Spitzenkandidatin droht der FDP im März 2026 auch in Rheinland-Pfalz der Weg direkt von der Regierungsbank in die außerparlamentarische Opposition. Deswegen gibt es durchaus Unmut in der Partei, Schmitt wieder zu wählen. Doch bisher haben sich ihre Gegner noch nicht aufgestellt und vor allem nicht auf einen Gegenkandidaten geeinigt.
Geht das Aufweichen der Schuldenbremse und damit die Aufnahme von einer Billion Euro neuer Schulden durch den Bundestag, dann muss am Freitag auch die Länderkammer dem zustimmen. Will die Länderkammer dies stoppen – inklusive der Festschreibung der „Klimaneutralität“ in der Verfassung – braucht es dafür auch die Nein-Stimmen aus Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Wobei Enthaltungen wie Gegenstimmen gewertet werden.
Für Daniela Schmitt ist das eine große Chance: Sie könnte sich als Symbolfigur gegen eine irrsinnige Finanz- und Wirtschaftspolitik etablieren. Sie könnte von Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) verlangen, sich für Rheinland-Pfalz im Bundesrat zu enthalten. Der Koalitionsvertrag sieht das so vor für den Fall, dass sich SPD, Grüne und FDP auf keine gemeine Position in der Länderkammer einigen können. Dann stiegen die Chancen, Friedrich Merz am Bruch seiner Wahlversprechen zu hindern.
Bisher hat Schmitt allerdings jede Chance auf Profilierung versemmelt. So hatte einst zuerst die Bild und dann auch TE darüber berichtet, dass Ordnungshüter die Bäcker in Rheinland-Pfalz derart drangsalierten, dass ihnen der Verkauf von halben Broten quasi unmöglich wurde. Schmitt hätte sich profilieren können und die unsinnigen Regeln ändern. Die Wirtschaftsministerin entschied sich aber dafür, den „Kampf gegen Fake News“ zu kämpfen: Dass den Bäckern der Verkauf faktisch unmöglich sei, heiße ja nicht, dass er ihnen verboten sei. Wohlfühlsound für die rot-grüne Mainzer Blase statt einer konsequenten liberalen Politik. Daniel Schmitt steht für alles, was den Wählern dazu bewegt, die FDP aus den Parlamenten zu verjagen. Zuerst an der Spree und nächstes Jahr im Mainzer Bleichenviertel.
Schmitt muss Neuwahlen im Land fürchten. Reguläre Wahlen aber auch. Aber die sind erst nächstes Jahr und die rheinland-pfälzische Parteivorsitzende agiert wie ein Kind, das glaubt, die Probleme abschaffen zu können, wenn sie vor ihnen die Augen fest genug zukneift. In den Umfragen steht die SPD bei Ergebnissen um die 22 bis 23 Prozent, die CDU liegt knapp zehn Prozentpunkte davor. Doch die jüngsten Umfragen stammen noch aus dem Dezember und berücksichtigen demnach den Wortbruch des CDU-Bundesvorsitzenden noch nicht. Die rheinland-pfälzische SPD ist eine gut geölte Wahlkampfmaschine, ihr Ministerpräsident beliebt – die Sozialdemokraten könnten eine Neuwahl daher ruhig riskieren. Zumal sie wie gehabt auf eine CDU treffen, die seit über 30 Jahren in ihrer ehemaligen Hochburg konfus aufgestellt ist und eine Vorlage nach der nächsten vergibt. Und die einen Bundesvorsitzenden hat, den man im Land besser nicht plakatiert.
Der nächste Bundesvorsitzende der FDP wird Christian Dürr (47). Er war unter Christian Lindner Fraktionschef im Bundestag. Lindner war als Redner charismatisch und als Handwerker miserabel. Dürr war dafür zuständig, das miese Handwerk umzusetzen. Ein Aufbruch oder auch nur ein Neu-Anfang sehen anders aus. Stehen die Liberalen in den Ländern nicht entschlossen gegen die rot-grüne Politik der CDU, dann wird der Weg zurück in die Parlamente für sie noch länger. Sich für liberal-konservative Politik aussprechen, aber rot-grüne-merzkeldemokratische Politik machen – das funktioniert nicht. Das hat der 23. Februar nachdrücklich bewiesen.