Die Europäische Kommission, unter der Leitung von Ursula von der Leyen, hat die Interimsregierung Syriens zu einer Geberkonferenz nach Brüssel eingeladen. Diese Entscheidung – die darauf abzielt, Investitionen im Land zu fördern, um strategische Ressourcen zu sichern – wurde nur wenige Tage nach dem Massaker an Tausenden Zivilisten aus ethnischen und religiösen Minderheiten durch die Armee und mit der islamistischen Terrorgruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) verbundene Milizen getroffen.
Trotz der Schwere dieser Ereignisse setzt die Europäische Union ihre finanzielle und politische Unterstützung für die neue syrische Regierung fort, ohne ihre Verbindungen zu diesen extremistischen Gruppen in Frage zu stellen. In technokratischer, harmloser Sprache versuchte die Sprecherin der Kommission, Anitta Hipper, auf einer Pressekonferenz die Morde der HTS zu verharmlosen: „Wir alle haben ein Interesse an der Stabilisierung Syriens. Daran muss gearbeitet werden, und das kann nur durch einen inklusiven Übergang geschehen.“
Die Konferenz, mit dem Titel „Supporting Syria: Meeting the Needs for a Successful Transition“, wird das erste derartige Treffen nach dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad im Dezember sein. Die syrische Verwaltung wird offiziell an dem Gipfel teilnehmen, mit Außenminister Asaad al-Shibani als Vertreter von Damaskus.
Die EU hat eine zweideutige Haltung zum jüngsten Massaker in Syrien eingenommen. Trotz erschütternder Bilder, die in den sozialen Medien kursieren, und einer Debatte in Straßburg am Dienstag, den 11. März, haben die europäischen Institutionen eine distanzierte Tonlage beibehalten. In einer offiziellen Erklärung des Europäischen Rates heißt es:
„Die Europäische Union ist zutiefst beunruhigt über die Gewalt in der Küstenregion Syriens in den letzten Tagen, die zahlreiche Opfer, darunter viele Zivilisten, gefordert hat.“
Allerdings vermeidet die Erklärung eine direkte Erwähnung der HTS oder der Milizen, die für das Massaker verantwortlich sind. Laut Ribal Al-Assad, Gründer und Direktor der Organisation für Demokratie und Freiheit in Syrien:
„Wenn die EU das Ausmaß dessen, was in Syrien geschieht, wirklich verstehen würde, würde sie es nicht einfach nur als ‘Gewalt’ bezeichnen. Dies ist kein Konflikt; es handelt sich um eine groß angelegte Kampagne sektiererischer Massaker und ethnischer Säuberungen, die von islamistischen extremistischen Terrorgruppen durchgeführt wird.“
Während die EU die Aktionen von pro-Assad-Milizen verurteilt, legitimiert sie gleichzeitig die Interimsregierung.
„Der Übergang muss friedlich und inklusiv sein, frei von bösartiger ausländischer Einmischung.“
So heißt es in dem offiziellen Dokument – das jedoch bequemerweise nicht erwähnt, dass europäische Gelder diese Gruppen erreichen. Anders gesagt: Nachdem die EU den Sturz des vorherigen Regimes unterstützt hat, beharrt sie nun darauf, dass es keine ausländische Einmischung geben dürfe.
Der Europäische Rat betrachtet die am 11. März in Damaskus erzielte Einigung zwischen kurdischen Kräften und der syrischen Interimsregierung als einen „bedeutenden Schritt in Richtung einer besseren Zukunft“.
Doch nicht ein einziges Wort wurde über das Massaker an Christen und anderen Minderheiten verloren.
Im Europäischen Parlament (EP) wagten es zunächst die Sozialisten, die offizielle Haltung – wenn auch zaghaft – infrage zu stellen. „Der Europäische Auswärtige Dienst hat keine angemessene Unterstützung geleistet“, bemerkte ein Vertreter der Sozialisten und Demokraten (S&D) und bezog sich dabei auf die Stellungnahme vom Wochenende, die das Massaker mit keinem Wort erwähnte. Doch weiter ging ihre Kritik nicht.
Die Konservativen hingegen äußerten sich entschieden gegen die Heuchelei in Brüssel. Ein Sprecher der Patriots for Europe kritisierte:
„Jeder eilt zur Unterstützung des neuen Syriens, aber ein Regime kann ein anderes verbergen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Assads Regime durch ein radikal-islamistisches ersetzt werden könnte.“
Nur drei Monate später begeht die neue Regierung Massaker vor aller Augen, während Brüssel wegschaut und weiterhin Gelder sendet.
„Jedes Mal, wenn der Westen sich mit Extremisten verbündet hat, führte das zu mehr Gewalt, mehr Flüchtlingen und mehr Terrorismus“,
so Ribal Al-Assad.
All das scheint in der Brüsseler Blase kaum Beachtung zu finden, wo ein EP-Resolutionsentwurf erfreut feststellt:
„Interimspräsident Al-Shaara erkennt Syriens religiöse, politische und kulturelle Vielfalt an und verpflichtet sich, das Land zu vereinen, während er feststellt, dass die Interimsbehörden derzeit diese Vielfalt noch nicht widerspiegeln …“
Das wäre zum Lachen, wenn es nicht so ernst wäre.
Einer der zynischsten Akteure in dieser Krise ist UN-Generalsekretär António Guterres. Kaum eine Woche nach seinem Treffen mit Abu Mohammad al-Jolani, einem ehemaligen Al-Qaida-Mitglied und Anführer der HTS, trat Guterres auf der UN-Kommission für die Rechtsstellung der Frau auf und hielt eine Rede über patriarchale Unterdrückung:
„Die Rechte der Frauen sind unter Beschuss. Das Gift des Patriarchats ist zurück und in voller Stärke.“
Ohne auch nur zu erwähnen, dass er wenige Tage zuvor die Islamisten legitimiert hatte.
Währenddessen fließen europäische Gelder weiterhin nach Syrien.
Seit 2017 hat Brüssel mehr als 500 Millionen Euro für das Land bereitgestellt – davon über 100 Millionen Euro allein aus Deutschland. Und am 17. März könnte die Interimsregierung in Damaskus eine weitere Finanzierungsrunde in Millionenhöhe sichern, um europäische Interessen in der Region sicherzustellen.
Dieser Artikel von Javier Villamor erschien zuerst in englischer Sprache beim European Conservative.