Schon wieder! Diese Reaktion dürfte bei vielen die erste gewesen sein, als sie von dem Anschlag auf eine Verdi-Demonstration in München erfuhren. Gegen 10:30 Uhr fuhr – wie bereits von TE gemeldet – „ein Mann“ am Münchner Stiglmaierplatz in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi. Nach Angaben der Polizei wurden mindestens 28 Menschen verletzt, einige davon schwer. Mehrere befinden sich in Lebensgefahr. Unter den Verletzten sind auch Kinder, wie Münchens Oberbürgermeister Reiter (SPD) mitteilte. Der Fahrer, ein 24-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan, wurde festgenommen. Laut Polizei gibt es keine Hinweise auf weitere Beteiligte. Bei der Festnahme kam es zu Schüssen seitens der Polizei.
Ersten Meldungen zufolge sei ein Mini Cooper, in die Menschenmenge gefahren. Doch Fahrzeuge bewegen sich nicht eigenständig in eine Gruppe von Personen – sie werden gesteuert. Auch die Formulierung, ein Auto sei „in eine Menge gerast“, verkennt, dass das Fahrzeug gelenkt wurde.
Nach Angaben eines Polizeisprechers war der Fahrer zunächst hinter der Gruppe und einem Polizeifahrzeug unterwegs, habe dieses dann überholt, beschleunigt und sei gezielt in das Ende des Demonstrationszugs gefahren.
Das dramatische Geschehen ereignete sich unmittelbar vor den Fenstern von Holderstock-Media, dem Verlag, der in Zusammenarbeit mit TE die Printausgabe von Tichys Einblick herausgibt.
„Von hinten kam dann ein Auto in den Demonstrationszug und fuhr in die Menschen. Es war relativ viel Polizei da, einige größere Polizeiwagen begleiteten die Demonstration und sicherten sie auch von hinten ab“, berichtet Alexa Graef, Mitarbeiterin von Holderstock-Media. „Die Demonstration von Verdi kam die gesamte Seidlstraße herunter und lief der Länge nach an unseren Büros vorbei. Wir haben große Glasfenster, konnten alles perfekt sehen und haben natürlich aus Neugierde die Demonstration ein bisschen beobachtet.“
„Die lassen natürlich immer ein bisschen Platz zwischen den Autos, ich schätze mal wegen der Rettungsgasse. Und da hat sich der Wagen zwischendurch gewunden, ist an den Polizeiwagen vorbei und genau in die Menge gefahren.“ Die Demonstranten hatten kaum eine Chance, den Wagen rechtzeitig zu bemerken. Graef: „Die Leute, mit denen ich draußen auf der Straße gesprochen habe, haben ihn nicht kommen sehen.“
Am Mittag sprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in einer Pressekonferenz von einem „mutmaßlichen Anschlag“.
Wie Der Spiegel berichtet, wurde der Mann 2001 in Kabul geboren und kam Ende 2016 nach Deutschland. Laut Spiegel-Informationen wurde sein Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Er sei geduldet und zuletzt in München gemeldet gewesen. Zudem soll er vor der Tat mutmaßlich islamistische Inhalte in sozialen Medien verbreitet haben.
„Ich habe ein oder zwei Schüsse gehört, unmittelbar nachdem der Wagen in die Menge hineingerast ist“, so Graef weiter. „Sie haben auf jeden Fall den Wagen schnell stoppen können, die Polizisten waren auch relativ schnell am Wagen dran. Eine Kollegin hat es etwas genauer gesehen und meinte, dass relativ viele Polizeibeamte den Mann aus dem Wagen gezerrt, auf den Boden gedrückt und dann abgeführt haben.“
Die Demonstranten standen unter Schock, schildert Graef. Nur wenige waren anfangs in der Lage zu sprechen. Viele hätten sich gefragt, warum eine gewerkschaftliche Kundgebung für bessere Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst zum Ziel eines Angriffs werden konnte.
Morgen beginnt, nur etwa zwei Kilometer vom Tatort entfernt, im Hotel Bayerischer Hof die Münchner Sicherheitskonferenz. Erwartet werden mehr als 60 Staats- und Regierungschefs sowie über 100 Minister.