Im Jahr 2024 meldete die chemisch-pharmazeutische Industrie in Deutschland einen Produktionsrückgang von rund 16 Prozent im Vergleich zu 2018. Die Auslastung der Produktionsanlagen fiel auf lediglich 75 Prozent, was dazu führt, dass viele Unternehmen kaum noch rentabel arbeiten können. Grund dafür sind untere anderem hohe Energiekosten und eine erdrückende Bürokratielast.
Der anhaltende Preisdruck verschärft die Situation weiter. Rabatt- und Festbeträge für Medikamente sorgen dafür, dass die Medizinpreise so stark gedrückt werden, dass viele Hersteller den deutschen Markt als unattraktiv empfinden. Wenn beispielsweise die Kosten für Rohstoffe oder Produktionsprozesse steigen, können diese Mehrkosten nicht auf den Verkaufspreis aufgeschlagen werden. Diese Situation zwingt viele Hersteller, entweder mit Verlust zu produzieren oder sich vollständig aus dem Markt zurückzuziehen.
Eine direkte Folge dieser Störfaktoren ist die zunehmende Verlagerung der Medikamenten-Produktion ins Ausland, insbesondere nach Asien. Ein erheblicher Anteil der Wirkstoffe wird mittlerweile in wenigen Ländern wie China und Indien hergestellt. Zur Verdeutlichung: Über 80 Prozent der Vorprodukte für in Deutschland hergestellte Antibiotika stammen aus China. Ein großer Teil der Generika wird ebenfalls nicht in Deutschland, sondern in Indien produziert.
Laut einer Analyse des Versandhändlers mycare.de stammen von den 50 meistverordneten Medikamenten in Deutschland gerade einmal 22 ganz oder teilweise aus deutschen Produktionsstätten. Davon haben nur 15 Medikamente ausschließlich Produktionsstandorte in Deutschland, während sieben zusätzlich über Fertigungsstätten im Ausland verfügen. Insbesondere Medikamente wie Ibuprofen und Paracetamol haben ihren Ursprung häufig in China oder Indien.
Diese Abhängigkeit von internationalen Märkten macht das System anfällig. Produktionsausfälle oder Qualitätsprobleme in diesen Ländern haben unmittelbare Auswirkungen auf die Verfügbarkeit lebenswichtiger Medikamente in Deutschland.
Lieferengpässe nehmen überhand: Globalisierung des Medikamenten-Marktes
Die Versorgungslage mit Medikamenten in Deutschland entwickelt sich zunehmend kritisch. Was während der Corona-Pandemie 2020 mit knapp 400 nicht verfügbaren Arzneimitteln begann, hat sich trotz politischer Gegenmaßnahmen verschärft. Das Bundeskabinett hat damals ein Gesetz zur Vermeidung von Engpässen auf den Weg gebracht, doch die erhoffte Wirkung blieb aus.
Im Gegenteil: Mit 1.426 gemeldeten Lieferengpässen erreichte die Situation 2023 einen neuen Höchststand – eine Steigerung um fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Prognosen für 2024 geben wenig Anlass zur Hoffnung, bereits im Januar wurden 546 bestehende Engpässe registriert.
„Bei mir allein sind 450 Arzneimittel, die nicht lieferbar sind“, berichtet Margit Schlenk, Inhaberin einer Apotheke in Nürnberg dem Bayerischen Rundfunk. Um die Versorgung ihrer Kunden sicherzustellen, kauft sie langfristig ein, oft für drei Monate im Voraus. „Daher fahren Menschen von Rudolstadt in Thüringen zu mir nach Nürnberg, um ein Arzneimittel zu holen.“ Dies verdeutlicht, wie gravierend das Problem geworden ist und wie es das Leben der Menschen beeinträchtigt.
Abwanderung der Wirtschaft – Geopolitische Gefahr
Abgesehen von den Lieferengpässen haben Länder wie China auf geopolitischer Ebene immer mehr gegen Deutschland in der Hand. Dadurch, dass China gesamte Marktsegmente übernimmt, könnten die Chinesen Deutschland im Falle eines ausartenden Handelskonflikts hart treffen. China könnte gezielt Druck auf Deutschland ausüben, indem es Lieferungen von Medikamenten stoppt oder die Preise erhöht.
Neben der Pharmazeutik ist Deutschland auch in Bereichen wie Elektromobilität, Photovoltaik, Windkraft und Konsumelektronik auf chinesische Importe angewiesen. Beispielsweise kamen im ersten Quartal 2024 85,4 Prozent der nach Deutschland importierten Photovoltaikanlagen aus China. Die weltweite Produktion von Solarmodulen wird zu über 75 Prozent von chinesischen Herstellern dominiert.
Auch die deutsche Elektromobilitätsbranche steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu China. Mit einem Anteil von 45,4 Prozent dominiert das Land die Batterieimporte – eine Position, die durch staatliche Förderungen weiter gefestigt wird. Noch dramatischer stellt sich die Situation bei Hochleistungs-Permanentmagneten dar: 94 Prozent dieser Schlüsselkomponenten, die sowohl für Elektrofahrzeuge als auch Windkraftanlagen unverzichtbar sind, stammen aus chinesischer Produktion.
Ähnlich ist die Abhängigkeit im Bereich der Konsumelektronik: Das erste Quartal 2024 verdeutlicht die Dominanz chinesischer Hersteller mit beeindruckenden Zahlen – 86,3 Prozent der nach Deutschland importierten Laptops und 60,5 Prozent der Smartphones kamen aus China. Diese Geräte sind längst keine reinen Konsumgüter mehr, sondern bilden das Rückgrat der deutschen digitalen Infrastruktur.
Gefährliche Abhängigkeit – vom Medikamentenmangel bis zur technologischen Verwundbarkeit
Die deutsche Pharmaindustrie befindet sich in einer Abwärtsspirale: Hohe Energiekosten, überbordende Bürokratie und strikte Preisregulierungen zwingen immer mehr Pharmaunternehmen dazu, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern oder ganz einzustellen. Lieferengpässe bei der Medikamentenversorgung sind die Folge.
Die Konzentration der Produktion in China schafft nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern auch geopolitische Verwundbarkeiten für Deutschland. Würde sich Deutschland in Schlüsselbereichen wie der Automobilindustrie oder der Energiebranche auf souveräne Alternativen, wie zum Beispiel die Rückkehr zum Verbrenner oder zur Atomkraft besinnen, könnte man die Abhängigkeit durch chinesische Lieferanten ausmerzen.