Die beiden – vormals – großen christlichen Kirchen in Deutschland entwickeln sich mehr und mehr zu politisierenden, „woken“, gar aktivistischen Nicht- bzw. Halb-Regierungs-Organisationen. Man muss nur die Programme der Kirchentage und der geladenen Redner bzw. Mitdiskutanten anschauen. Dann gewinnt man den Eindruck: Wer auf einen Kirchentag geht, der kann gleich einen Grünen-Parteitag besuchen. Gender, Queer, Klima, Diversity, Anti-Kolonialismus und Co. sind die beherrschenden Themen. Dass Christen jedes Jahr weltweit die am meisten verfolgte und am häufigsten ermordete Glaubensgruppe sind, spielt auf den Kirchentagen keine Rolle. Auf evangelischen Kirchentagen sind diese thematischen Schieflagen noch ausgeprägter als auf katholischen; aber Letztere holen auf.
Diese Schieflagen kann man bis hinunter auf Gemeindeebene verfolgen, wie der skandalöse „Antikoloniale Weihnachtsmarkt“ der Darmstädter evangelischen Michaelsgemeinde und der dort eingebetteten Palästina-Solidaritätsgruppe „Darmstadt4Palestine“ vom Wochenende 14./15. Dezember beweist. „Welt“ und FAZ berichteten darüber.
Die zugehörige Website der Gemeinde, „Anti-Kolonialer Friedens-Weihnachtsmarkt“, ist mittlerweile aus dem Netz genommen. Auf dem „Weihnachtsmarkt“ wurden Produkte feilgeboten, die Kennzeichen der verbotenen Terrororganisation Hamas sind: das rote Dreieck, der Slogan „From the river to the sea“, der die Auslöschung Israels fordert. Der Verantwortliche für den Anti-Israel- und Anti-Juden-Markt soll ein Detlef Baumann-Schiechel sein: Mitglied im Kirchenvorstand, „Friedensaktivist“, Kämpfer für das Asylrecht und aktives Mitglied bei den Grünen Otzberg.
Die Jüdische Gemeinde Darmstadt und mehrere Privatpersonen haben Strafanzeigen gegen die evangelische Michaelsgemeinde erstattet. Besucher berichten, auf diesem „Markt“ sei Israel dämonisiert und delegitimiert worden. Israel begehe seit 75 Jahren angeblich einen „Genozid“ an Palästinensern, betreibe „ethnische Säuberungen“ und praktiziere eine „Apartheid“ im Land.
Zur Illustration der Veranstaltung nutzte die Gemeinde das Foto einer besonderen Krippe: „Krippe in Bethlehem mit dunklen Figuren, die eine Kriegsszene aus Gaza mit einem weiß eingewickelten Kind zeigt. Im Dach des Stalles gähnt ein Loch wie von einem Beschuss“, heißt es in der Bildbeschreibung.
Reaktionen der Politik und der Landeskirche
Der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) warf der Michaelsgemeinde vor, „antisemitische Inhalte propagiert“ zu haben. „Die Bilder sind zutiefst verstörend. Es wird versucht, das Existenzrecht Israels zu delegitimieren und den Staat Israel zu dämonisieren, indem judenfeindliche Stereotype auf den Staat Israel und seine Politik übertragen werden“, schrieb Benz in einem Brief an die Kirchengemeinde und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) laut Mitteilung der Stadt. „Eine solche Veranstaltung unter dem Dach einer evangelischen Gemeinschaft durchzuführen, ist deshalb unerträglich.“
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat sich mittlerweile nolens volens des Skandals annehmen müssen. Das Bildmaterial und die Berichte über den Weihnachtsmarkt von dort seien „zutiefst verstörend“, teilte die Pressestelle der Kirche am Dienstag in Darmstadt mit. Die Vorwürfe würden gegenwärtig geprüft, die Kirche suche das Gespräch mit den Verantwortlichen der Gemeinde. Das Anliegen, für Menschen in Not – auch in Gaza – zu sammeln, sei grundsätzlich legitim. Der Verkauf von Gegenständen mit Symbolen, die in Verbindung mit der Terrororganisation Hamas stehen, sei aber inakzeptabel.
Reaktionen im Netz
Die Resonanz im Netz ist recht eindeutig. So heißt es in Leserkommentaren bei der „Welt“:
„Diese Kirche hat sowas von fertig … Die evangelische Kirche ist keine Religionsgemeinschaft mehr, sondern Teil der politischen Linken und der Grünen … Sie steht dem Islam näher als der hiesigen Bevölkerung. Und sie ist weitgehend links orientiert. Vermutlich beides in der Absicht progressiv zu erscheinen. Was ein wirrer Ansatz. Austrocknen ist der Weg der Läuterung … Kein Wunder, die EKD entwickelt sich zu einem unerträglichen Laden. Ich bin ausgetreten, mit meiner Kirchensteuer kann ich bei so schlechtem Bodenpersonal die EKD nicht mehr unterstützen.“
Dem ist wenig hinzuzufügen.