Dem deutschen Fiskus ist durch Cum-Ex- und Cum-Cum-Betrügereien ein Schaden von mindestens 30 Milliarden Euro entstanden. Seit 2013 kümmert sich die Staatsanwaltschaft Köln um die Aufarbeitung. Dort ermitteln mehr als 30 Staatsanwälte in 120 Cum-Ex-Verfahren gegen 1.700 Beschuldigte. Chefermittlerin war ab 2013 Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker; diese warf ihren Job im April 2024 spektakulär hin.
Die Hamburger Bürgerschaft hat Ende 2020 einen Untersuchungsausschuss zur Cum-Ex- und Banken-Affäre eingerichtet. Am 6. November 2020 konstituierte sich dieser Ausschuss. Seither hat er 64-mal getagt. Am 6. Dezember 2024 nun tagt er zum 65. Mal. Diesmal soll es um Cum-Ex-Geschäfte der vormaligen HSH Nordbank gehen.
Diese war bis Anfang 2018 die gemeinsame Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein. Aussagen sollen bei der 65. Sitzung am 6. Dezember: Bundeskanzler Scholz (SPD) als vormaliger Erster Hamburger Bürgermeister, Hamburgs amtierender Erster Bürgermeister Tschentscher (SPD; zu Scholz’ Bürgermeisterzeiten Finanzsenator) und der frühere Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Peter Harry Carstensen (CDU). Mal schauen, wie viel Erinnerungslücken hier wieder zu Tage gefördert werden.
Erst als später durch die Tagebuchaufzeichnungen von Olearius, in der minutiös alle Termine des Bankers verzeichnet waren, zwei vertrauliche Treffen mit Scholz in seinem Amtszimmer im Hamburger Rathaus bekannt wurden, räumte er diese ein, wiederum allerdings ohne sich an die Gesprächsinhalte erinnern zu können oder zu wollen.
Erneut Schonzeit für Steuerhinterzieher
Das „Handelsblatt“ berichtet am 5. Dezember unter der Überschrift „Schonzeit für Steuerhinterzieher“: Die Aufklärung im Cum-Ex-Skandal kommt nicht voran, seitdem die Kölner Oberstaatsanwältin Brorhilker im April 2024 um ihre Entlassung gebeten hatte.
Nicht mit einem Freispruch, sondern mit der Einstellung des Verfahrens aus Alters- und Gesundheitsgründen war vor der 13. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts das Cum-Ex-Strafverfahren gegen den vormaligen Co-Chef der Hamburger Warburg-Bank, Christian Olearius (82), zu Ende gegangen. Der vormalige Co-Chef der Hamburger Warburg-Bank Christian Olearius könne nun dem seit 18. September 2023 laufenden Prozess aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr folgen. Die Ankläger hatten Olearius in 14 Fällen zwischen 2006 und Ende 2019 Planung und Durchführung von Steuerhinterziehung vorgeworfen.
Neuer Druck auf Scholz – und schon wieder neue Ausreden
Am 4. Dezember berichtete der „Stern“ im Vorfeld der 65. Sitzung des Hamburger Untersuchungsausschusses vom 6. Dezember: „Olaf Scholz gerät unter Druck wegen bislang unbekannter Cum-Cum-Geschäfte.“ Hier geht es um einen Schaden von 275 Millionen Euro durch Cum-Cum-Deals der ehemaligen HSH Nordbank in den Jahren 2003 bis 2012.
Sein Nachfolger Tschentscher war damals Scholz’ Finanzsenator. Das Bundeskanzleramt antwortete auf Anfrage des „Stern“, dass man sich grundsätzlich nicht zu Vorgängen außerhalb des Bundeskanzleramts äußere. Peter Tschentscher und die Hamburger Finanzbehörde verwiesen bezüglich des Falls auf das Steuergeheimnis. Die Nachfolgebank der HSH Nordbank, HCOB, teilte mit, dass eine Betriebsprüfung zu dem Ergebnis führte, „dass die damaligen Steueranrechnungen nicht zu beanstanden sind. Es gab und gibt keinen Berichtigungsbedarf.“
Das lässt erwarten: Die kleinen Steuersünder hängt man, und die großen samt ihren Duldern lässt man laufen.