Tichys Einblick
Mehr Abhängigkeit vom Staat

Bürgergeld für alle!

Das Bürgergeld wird schöngeredet. Dass es Arbeitslose nicht zum Arbeiten animiert, dafür aber Arbeitnehmer demotiviert, ist bekannt. Ebenso, dass es zu Betrug geradezu einlädt. All das wird unterschlagen und als Desinformation gebrandmarkt. Denn was nicht sein darf, kann schließlich nicht sein.

picture alliance / CHROMORANGE | Udo Herrmann

Um uns vor den Irrtümern, den fake news und den Lügen zu bewahren, die von Medien wie Tichys Einblick ausgestreut werden, setzt die Regierung auf die ARD. Die kennt sich aus mit fake news, mobilisiert die Tagesschau und schickt die Faktenfinder ins Gefecht. Faktenfinder, das sind Leute, die sich darauf verstehen, falsche Wahrheiten durch richtige Lügen zu ersetzen. Jetzt, drei Monate vor der nächsten Wahl, erleben sie ihren großen Auftritt. Denn es herrscht Krieg, Meinungskrieg, Glaubenskrieg, Faktenkrieg. Und in allen diesen Kriegen ist das erste Opfer die Wahrheit.

Das Bürgergeld ist ein Fass ohne Boden geworden
Seit sich herumgesprochen hat, dass das bedingungslose Grundeinkommen, Bürgergeld genannt, ein Fass ohne Boden ist, steht die Regierung im Regen. Die Faktenfinder haben das bemerkt und spannen die Regenschirme auf. Das Lohnabstandsgebot, behaupten sie, werde vom Bürgergeld in keinem Falle unterlaufen, der Berufstätige habe allemal mehr in der Tasche als ein Bürgergeldempfänger – eine Behauptung, die man nur deshalb nicht als Lüge bezeichnen kann, weil man die Wahrheit nicht kennt. Die Betreiber eines Bürgergeld-Rechners geben das auch offen zu: „Bitte beachten Sie“, schicken sie ihren Auskünften voraus, „dass trotz aller Sorgfalt der Online-Rechner nur eine ungefähre Einschätzung der zu erwartenden Leistungen abbilden kann.“ Wie hoch das Bürgergeld am Ende ausfällt, weiß kein Mensch, der Rechner auch nicht.

Wer sich nicht abschrecken lässt, landet im Chaos. Allein das Antragsformular umfasst mehr als hundert verschiedene Postionen, die ausgefüllt und angekreuzt, erläutert oder nachgewiesen werden müssen. Es gibt ein Merkblatt von hundert engbedruckten Seiten, ein Wörterbuch, das die soziologische Fachsprache erklärt, und einen Katalog von 81 Fragen und ebenso vielen Antworten, dazu bestimmt, dem Antragsteller Mut zu machen. Die 37. Frage lautet: „Ich stamme aus einem anderen Land und möchte im Alter von 65 Jahren zurück in meine Heimat gehen. Dort habe ich für das Alter ein Haus gebaut. Muss ich es jetzt verkaufen?“ Die Antwort lautet so: „Sie müssen das Eigentum des Hauses in jedem Fall bei ihrem Antrag auf Bürgergeld angeben. Ob das Jobcenter die Immobilie als Vermögen berücksichtigt, ist im Einzelfall auch anhand der Verwertbarkeit der Immobilie zu entscheiden. Das kann dazu führen, dass Sie keine Leistungen erhalten.“

Aha! Wer jetzt noch nicht kapiert hat, dem ist nicht zu helfen. Die meisten haben aber wohl kapiert, sonst wäre die Zahl der Bürgergeldempfänger nicht so schnell und so steil in die Höhe geschossen. Die Bittsteller haben verstanden, dass sie in einem Land leben, in dem das Recht auf Faulheit Verfassungsrang genießt, und greifen zu. Auch Asylanten sind antragsberechtigt, auch sie genießen Bürgerrecht, ein eigenes Gesetz, das Asylbewerberleistungsgesetz, macht’s möglich.

Kosten explodieren
Immer mehr Bürgergeld für immer mehr Nicht-Bürger
Die Aussichten sind gut. Wie soll ein deutscher Bürovorsteher einer Immobilie im Ausland nachspüren? Wie über die Verwertbarkeit eines Ziegenstalls in Anatolien, eines Bordells in Eritrea oder eines Waffenlagers in Syrien entscheiden? Gerichtsfest selbstverständlich, wie in Deutschland üblich. Wer so fragt, kennt auch schon die Antwort. Der Sachbearbeiter wird Dienst nach Vorschrift machen, sein Häkchen setzen und den Antrag durchwinken. Dann steht er selbst gut da, und zahlen müssen die anderen.

Professionelle Wohltäter halten das für eine Unterstellung. Sie pochen auf Einzelfallgerechtigkeit, auch wenn die Vorstellung, mit deutscher Gründlichkeit in aller Welt Gerechtigkeit im Einzelfall zu üben, einigermaßen komisch wirkt. Gläubige Linke lassen sich dadurch aber nicht beirren. Sie haben auf der Universität gelernt, dass Utopien etwas Gutes sind, und daran halten sie nun fest. Die Utopie soll endlich konkret werden – mit was für Folgen, erleben wir zur Zeit. Das Land geht vor die Hunde.

Den Menschenfreunden aber immer noch nicht schnell genug. Bisher haben sie ja erst fünf Millionen Einzelfälle gerecht, also positiv entschieden; das reicht aber nicht. Der Fortschritt muss weitergehen, die Ampel ist noch lange nicht am Ziel. Wie dieses Ziel aussieht, hat Robert Habeck verraten, als er in einem seiner Kinderbücher vorschlug, das Bürgergeld an alle auszuzahlen, die die Hand aufhalten, nicht nur an ein paar Pechvögel, die unverschuldet in Not geraten sind. Drei Jahre hat er Zeit gehabt, seiner Utopie nachzujagen; jetzt bleiben ihm noch drei Monate. Aufgeben wird er aber nicht.

„Arsch-hoch-Prämie“ und Sanktionen
Das Bürgergeld ist die absurdeste Niederlage der Ampel
Die Bundesregierung ist stolz darauf, Haushaltsmittel in Milliardenhöhe – Genaues weiß man nicht – fürs Bürgergeld vorzusehen. Ein Schlaukopf oder Schwachkopf – auch das weiß man nicht so genau – hat dafür eine originelle Begründung vorgetragen: Das Bürgergeld, meint Robert Habeck, fördere die Rückkehr in den Arbeitsmarkt. Dass der Mensch die Arbeit lieber meide, hält er für einen widerlegten Glaubenssatz der klassischen Verhaltensökonomie. Deshalb sein Rat, allen den gleichen Betrag zur Verfügung zu stellen, „bedingungslos und steuerfrei“, ohne Gegenleistung also. Knapper lässt sich der Weg in den moralischen Bankrott nicht beschreiben.

Die Tagesschau sieht das natürlich anders. Als Sprachrohr der Regierung lässt sie nur das als Faktum gelten, was die Regierung auch so nennt. Im besten Fall ist das die halbe Wahrheit, und die ist immer eine ganze Lüge. Damit verstoßen die öffentlich-rechtlichen Medien gegen den Staatsvertrag, der sie zur Unparteilichkeit, zu Meinungsvielfalt und zu Ausgewogenheit verpflichtet. Die Beitragzahler haben das gemerkt und mucken auf. Sie haben die Wirklichkeit vor Augen, und die sieht meistens anders aus als in der Tagesschau.

Kein Wunder, dass der Kreis der Leute, die mit ihrer Beitragszahlung im Rückstand sind, ständig wächst; ich selbst gehöre auch dazu. Das Geld, die 18,36 Euro monatlich, ist mir egal; dass es dazu beiträgt, einen Rundfunk zu finanzieren, der die Verfassung strapaziert, die Pressefreiheit untergräbt und gegen einen Staatsvertrag verstößt, stört mich dagegen sehr. Genauso wie die vier Millionen Beitragsverweigerer, die es inzwischen geben soll. Das, immerhin, lässt hoffen.


Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.


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