Angesichts der herausfordernden wirtschaftlichen und energiepolitischen Lage sahen sich zahlreiche deutsche Unternehmen und Konzerne in diesem Jahr gezwungen, einen rigorosen Sparkurs zu fahren, der in den meisten Fällen mit einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen einherging.
Die fünf Wirtschaftsweisen des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) zeichnen in ihrem aktuellen Gutachten ein düsteres Bild. Sie prognostizieren, dass die Arbeitslosigkeit in nächster Zeit weiter steigen wird: Im kommenden Jahr könnte die Zahl der Erwerbslosen um rund 80.000 anwachsen. Das entspricht einem monatlichen Verlust von mehr als 6000 Arbeitsplätzen. Des Weiteren hat der SVR seine Wachstumsprognose für die deutsche Wirtschaft im Jahr 2025 gesenkt. Statt der ursprünglich erwarteten 0,9 Prozent wird nun nur noch ein Wachstum von 0,4 Prozent vorausgesagt.
Diese Prognose ist besonders beunruhigend, denn nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren der Rezession wäre für 2025 ein deutlich stärkerer und nachhaltigerer Aufschwung erforderlich, um die wirtschaftliche Stagnation zu überwinden und die Konjunktur in Deutschland wieder anzukurbeln. Auch eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bestätigt den Negativtrend auf dem Arbeitsmarkt. Sie geht davon aus, dass die Arbeitslosigkeit 2025 in allen Bundesländern weiter zunehmen wird.
Ein weiteres Warnsignal liefert das Ifo-Beschäftigungsbarometer, das monatlich für das Handelsblatt erhoben wird. Im November fiel es erneut – von 93,6 Punkten im Vormonat auf nur noch 93,4 Punkte. „Immer mehr Unternehmen stoppen Neueinstellungen“, erklärt Klaus Wohlrabe, Beschäftigungsexperte des Ifo-Instituts. „Zudem wird immer häufiger über den Abbau von Arbeitsplätzen nachgedacht.“ Gleichzeitig greifen immer mehr Industrieunternehmen auf Kurzarbeit zurück. Laut der jüngsten Ifo-Umfrage setzten im November bereits 17,8 Prozent der Betriebe in der Metall- und Elektroindustrie auf diese Maßnahme – ein Anstieg gegenüber 14,3 Prozent im August.
Automobil-Branche steht vor dem Zusammenbruch
Die Industrie wird insbesondere von der Krise in der Automobil-Branche erschüttert. Zahlreiche Schwergewichte wie Volkswagen, ZF, Schaeffler sowie die Automobilsparten von Bosch und Continental kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten. Allesamt haben dieses Jahr massive Stellenstreichungen angekündigt, um den Herausforderungen zu begegnen. Besonders schmerzlich für den Standort Deutschland sind die geplanten Werksschließungen von VW, dem größten Automobilhersteller des Landes. Von den rund 120.000 in Deutschland Beschäftigten könnten laut Betriebsrat bis zu 10.000 Arbeitsplätze wegfallen.
Auch der schwäbische Zulieferer ZF Friedrichshafen hat Kürzungen angekündigt: Bis 2028 sollen 14.000 der 54.000 Stellen in Deutschland gestrichen werden. Schaeffler plant den Abbau von 2.800 Arbeitsplätzen, während Bosch bis Ende 2026 etwa 3.800 Stellen streichen will – ein Großteil davon in der Automobilsparte. Continental, ein weiterer Branchengigant, hat ebenfalls den weltweiten Abbau von über 5.500 Arbeitsplätzen in seiner Automobilsparte verkündet. Auch hier dürfte ein Löwenanteil davon auf den deutschen Standort entfallen.
Die Krise in der Automobilindustrie hat mehrere Ursachen. Neben den schwierigen Rahmenbedingungen vor Ort erweist sich vor allem die Transformation hin zur E-Mobilität als zentrales Problem. Die technischen Herausforderungen überfordern nicht nur mittelständische Zulieferer, sondern auch große Konzerne wie Volkswagen oder Continental. Hinzu kommt ein Nachfrageeinbruch bei E-Autos, der dafür sorgt, dass Zweifel an der so oft als Zukunftstechnologie propagierten Antriebsart zunehmen.
Der Wegfall von Förderprogrammen wie der Elektroauto-Prämie, die den Absatz batteriebetriebener Fahrzeuge künstlich aufgebauscht hatte, hat das Marktinteresse einbrechen lassen. Laut Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) sank die Nachfrage nach E-Autos im August 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um nahezu 70 Prozent. Diese Zahlen illustrieren den schlechten Zustand der deutschen Automobilbranche. Das Rückgrat der deutschen Wirtschaft droht unter dem Druck der E-Mobilität mit lautem Knall zu zerbersten.
Insolvenz-Welle überflutet Deutschland
Doch die Krise der Automobilbranche äußert sich nicht nur in Form von Stellenstreichungen. Ein regelrechter Sturm von Insolvenzen legt die Tiefe der Krise offen. Traditionsreiche Zulieferer wie Recaro, Gerhardi, Flabeg, Castwerk und Johann Vitz meldeten allesamt in diesem Jahr Insolvenz an.
Diese Namen sind nur die Spitze des Eisbergs. In nahezu allen deutschen Industriebranchen zeigt sich ein ähnliches Bild. Allein im ersten Halbjahr 2024 stieg die Zahl der zahlungsunfähigen Großunternehmen im Vergleich zum Vorjahr um beeindruckende 41 Prozent. Darunter befanden sich 162 Firmen mit einem Umsatz von über zehn Millionen Euro.
Berücksichtigt man jedoch auch kleine und mittelständische Unternehmen, wird das wahre Ausmaß der Krise noch deutlicher. Laut Creditreform summiert sich die übergeordnete Gesamtzahl der Unternehmensinsolvenzen in diesem Zeitraum auf 11.000 Fälle.
Stahlsparte auf Sinkflug
In der Stahlsparte ist die Situation ähnlich prekär. Thyssenkrupp Steel Europe kündigte vor kurzem an, bis 2030 insgesamt 11.000 Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Davon entfallen 5.000 Stellen auf Anpassungen in Produktion und Verwaltung, während 6.000 durch Auslagerungen oder den Verkauf von Geschäftsbereichen wegfallen sollen. Auch bei der Salzgitter AG verschärft sich die Lage. Das Unternehmen hat kürzlich seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr gesenkt und ebenfalls signalisiert, dass ein Personalabbau unumgänglich sein könnte.
Der Druck auf die deutsche Stahlindustrie kommt von mehreren Seiten. Neben den unerfreulichen Standortfaktoren setzen Billigimporte aus dem Ausland die Branche unter erheblichen Wettbewerbsdruck. Obendrein erschweren die Vorgaben zur grünen Stahlproduktion die Situation. Insbesondere die verpflichtende Implementierung von Direktreduktionsanlagen (DRI), die mangelnde Wasserstoffversorgung und die dafür erforderlichen Elektrolyseure bereiten Anlass zur Sorge.
Direktreduktionsanlagen gelten als zentrale Technologie für die klimafreundliche Stahlproduktion und sollen herkömmliche Hochöfen ersetzen. In Duisburg ist die Inbetriebnahme einer solchen Anlage bis 2027 geplant. Doch schon jetzt gibt es Zweifel an ihrer Effizienz. Zudem werden die enormen Baukosten kritisiert: Der Umbau hin zu einer grünen Produktion wird bei Thyssenkrupp beispielsweise auf 3 bis 7 Milliarden Euro geschätzt.
Ein entscheidendes Problem ist der immense Bedarf an Wasserstoff, der für den Betrieb von DRIs erforderlich ist. Deutschland verfügt nicht über ausreichend Kapazitäten, um diesen Bedarf zu decken. Laut Bundesregierung müssen bis 2030 etwa 70 Prozent des benötigten Wasserstoffs aus dem Ausland importiert werden. Für die eigenständige Wasserstoff-Herstellung fehlt günstiger Strom. Das Elektrolyseverfahren ist energieintensiv und erfordert eine stabile und kostengünstige Energieversorgung, welche mit Solar- und Windenergie nicht zu gewährleisten ist.
Wasserstoff könnte durchaus eine zukunftsfähige Lösung für die Stahlproduktion und den Industriestandort Deutschland sein. Allerdings ist dessen Herstellung nur in Kombination mit zuverlässigen Energiequellen wie zum Beispiel der Kernkraft rentabel. Diese könnte die Elektrolyseure zuverlässig mit der benötigten Energie versorgen. Mit einem dadurch günstig hergestellten Wasserstoff könnten wiederum die Produktionskosten für grünen Stahl gesenkt werden. Ohne einen solchen Energiemix bleibt grüner Stahl nicht mehr als eine teure Vision und ein Hirngespinst.
Versinkt Deutschland in die Massenarbeitslosigkeit?
Angesichts der massiven Probleme in den deutschen Industriebranchen stellt sich abschließend nun die Frage: Droht Deutschland ein Rückfall in die Zeiten der Massenarbeitslosigkeit? Erinnerungen an die Mitte der 2000er-Jahre werden wach, als rund fünf Millionen Menschen ohne Arbeit waren. Damals kämpfte die deutsche Wirtschaft mit den Folgen der geplatzten Dotcom-Blase, den globalen Unsicherheiten nach dem 11. September 2001 und dem Irakkrieg 2003. Auch der wirtschaftliche Zusammenbruch der DDR trug zur Jobkrise bei.
Derzeit liegt die Zahl der Arbeitslosen, die aktiv auf Arbeitssuche sind, in Deutschland bei etwa 2,791 Millionen (Stand Oktober 2024). Dazu kommen rund vier Millionen Bürgergeldempfänger, die auf staatliche Kosten leben. Auffällig dabei: Fast die Hälfte dieser Empfänger sind keine deutschen Staatsbürger. – Das ist jedoch ein anderes Thema!
Bezogen auf die Industriekrise ist klar, dass ohne eine radikale Wende in der Wirtschafts- und Energiepolitik Deutschland eine neue Ära der Massenarbeitslosigkeit droht. Die ideologischen Vorgaben, sei es der Zwang hin zur E-Mobilität oder die Transformation zum grünen Stahl, lasten schwer auf den Unternehmen. Hinzu kommen die unbezahlbaren Energiekosten, erdrückenden Steuern und die lähmende Bürokratie, die der deutschen Wirtschaft die Luft abschnüren.