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Caren Miosga nimmt Christian Lindner in die Zange

Caren Miosga muss einiges eingesteckt haben in der vergangenen Woche. Nach ihrer Schmusesendung mit Robert Habeck will sie ihren nächsten Gast nun demonstrativ grillen. Doch Christian Lindner gibt Pfeffer. Und landet einen Volltreffer. Von Michael Plog

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Der schönste Moment dieses Abends ist jener, als Christian Lindner die Moderatorin auf ihr Habeck-Interview der vergangenen Woche anspricht. Dem gefeuerten Finanzminister geht es sichtlich gegen den Strich, dass Miosga ihn kaum einen Gedanken zu Ende führen lässt. Er sagt: „Also, Frau Miosga, das, was Sie letzte Woche zu wenig kritisch waren, müssen sie diese Woche nicht alles nachholen.“ Treffer. Miosga reagiert dünnhäutig: „Jaa, nee, ach nee, immer die alte Leier!“ Die Kritik, die man ihr „übergebraten“ hat (um mal im Bild zu bleiben) muss tief sitzen – die Häme für das Augenklimpern, ihre verliebten Schmusefragen und die unkritische Gästerunde mit Robert Habeck. Lindners Satz ist da wie Salz ins rohe Fleisch. Denn er hat längst gemerkt: Heute lautet das Motto wieder drei gegen einen. Miosga und die beiden weiteren Gäste sollen den FDP-Mann in die Grillzange nehmen.

Zur Erinnerung: Habeck musste sich nicht eine Sekunde lang dazu äußern, warum er gerade mehr als 800 Bundesbürger wegen läppischer Facebook- und X-Kommentare mit Strafanzeigen überzieht, ihnen frühmorgens Polizeikommandos ins Haus beschert und sogar eine Agentur mit der systematischen Strafverfolgung beauftragt hat. Lindner hingegen soll quälende 20 Minuten (bzw. 64.000 Euro) lang erklären, ob er wohl den Bruch der Ampelkoalition absichtlich herbeigeführt hat.

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Miosga geht mit dem Nudelholz über das Thema, bis alles ganz dünn und durchschaubar ist. Dabei stehen ihr die bekannten journalistischen Defizite im Weg. Stoisch spult sie ihren Fragenkatalog ab; mit spontanen Spurwechseln kommt sie so gar nicht klar. Beispiel: Das bis in die Tagesschau hochgejazzte „D-Day-Papier“ der FDP, sagt Lindner, „hatte politisch gar keine Bedeutung. Ich kann aber erklären, warum es zu diesem Dokument gekommen ist.“ Miosgas Reaktion: keine Reaktion. Sie geht einfach zur nächsten Frage auf ihrer Moderations-Vorlesekarte über. Lindner unterbricht sie kurz: „Das interessiert Sie aber nicht, oder?“ Und Miosga: „Nee. Ich möchte gern erstmal …“ Respekt, das ist Gesprächsführung direkt aus der Moderationshölle.

Kaum geht Lindner mal etwas ins Detail, fährt ihm Miosga über den Mund. So zärtlich, wie sie mit Habeck umging, so unkritisch, wie sie Kanzler Olaf Scholz befragte, so nackenstarr gibt sie sich bei Lindner. Das besagte Papier bezeichnet sie als „aktive Sabotage“, seine Erklärungen wischt sie weg: „Sie lenken ab.“ Lindner wird es irgendwann zu viel. „Bitte unterbrechen Sie mich doch nicht bei jedem Satz!“ Er wendet sich direkt ans Publikum: „Vielleicht möchten die Zuschauerinnern und Zuschauer auch einfach mal den Sachverhalt hören!?“ Das Volk applaudiert, Miosga lenkt ein.

Ob und wieweit nun ein internes Papier der FDP vorsätzlich die Ampelkoalition zerstört hat, wie Miosga es gern in die Hirne braten möchte, sei an dieser Stelle nicht weiter vertieft. Die Diskussion wirkt schon in der Sendung allzu zäh und faserig.

Der Rechtfertigungsdruck steigert sich bis zu einem skurrilen Moment, als Lindner plötzlich sogar fast vergessene Barschel-Vibes heraufbeschwört. Wie einst der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel († 1987) in seiner berühmten Waterkantgate-Rechtfertigungsrede, will Lindner mit einer emphatischen Wiederholung samt theatralischer Barschel-Pause wohl seine Redlichkeit unter Beweis stellen: „Ich leugne nicht, sondern im Gegenteil: Ich bekenne mich dazu. [Pause] Ich bekenne mich dazu: entweder politischer Wechsel oder gemeinsam herbeigeführte Neuwahlen. Oder die FDP wäre aus der Ampel-Koalition ausgeschieden.“

Auch zu seinen Mitbewerbern gibt er seinen Senf ab: „Herr Scholz hat einen Untersuchungsausschuss wegen Cum-Ex, Herr Habeck hat einen Untersuchungsausschuss, weil er möglicherweise beim Atomausstieg nicht alles richtig gehändelt hat.“ Noch bevor die beiden neben ihm auf dem Rost liegen, dreht Miosga eilig das Feuer runter: „Die sind beide nicht da. Die sind beide nicht da.“ Auch hier nur echt mit Wiederholung. Für eine Barschel-Pause hat sie aber keine Zeit.

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Warum ausgerechnet jene drei Männer, die gerade so spektakulär gescheitert sind, nun wieder als Spitzenkandidaten ihrer Partei antreten, kann auch Lindner nicht schlüssig erklären. Seine persönliche Rechtfertigung: „Weil ich und meine Partei ihre Existenz in die Waagschale geworfen haben.“ Er schiebt noch etwas politische Klimaangst hinterher. Er müsse jetzt „durch diesen Hagelschauer mit faustgroßen Hagelkörnern“.

Für die Schlechtwetterfront im Studio hat sich Miosga den Präsidenten des „Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW)“ geholt. Moritz Schularick bringt es fertig, bei der Beschreibung der momentanen Wirtschaftskrise die völlig überteuerten Energiepreise oder das Verbrennerverbot mit keiner Silbe zu erwähnen. Stattdessen habe etwa die Automobilindustrie einen „technologischen Rückstand eingefahren, den man jetzt aufholen muss“. Seine Lösung: Weg mit der Schuldenbremse! Wettbewerbsfähigkeit, Militärausgaben, das sei alles „nur durch zusätzliche Kreditaufnahme zu realisieren, und ich würde sogar sagen, jede andere Haushaltspolitik ist ein Sicherheitsrisiko für dieses Land und für Europa“.

Lindner kritisiert derweil den „deutschen Sonderweg“ in der Klima- und Energiepolitik. Das Abschalten der Kernkraftwerke sei ein Fehler gewesen: „Wir verschrotten damit Technologien, die wir noch brauchen für die Wertschöpfung. Wir sollten ein klein bisschen mehr Milei oder Musk wagen, sprich: ein bisschen ambitionierter sein.“

Derweil glänzt Eva Quadbeck mit einer interessanten Einschätzung: Die Chefredakteurin des Redaktionsnetzwerks Deutschland RND (gehört zur Verlagsgesellschaft Madsack und ist damit über das Medienbeteiligungsunternehmen Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft zu 23,1 Prozent im Besitz der SPD) lobt: „Deutschland hat sich jetzt aufgemacht, in Wasserstoff zu investieren, das ist ‘ne Zukunftstechnologie.“ Dass dabei leider zwei Drittel der Energie verloren gehen, der Preis sich also nochmals vervielfacht, lässt sie unerwähnt.

Lindner beschwört derweil alte Tugendmomente („Lieber nicht regieren als falsch“) herauf: „Die FDP hätte ein Jahr Stillstandsampel nicht weiter mit verantwortet. Wir haften dafür mit unserer Existenz. Unsere Überzeugungen sind uns wichtiger als Ämter.“ Puh, ganz schön dick, dieses Schnitzel. Da kann Miosga lange grillen.

Doch Lindner hat schon die Kräuterbutter in der Hand: „Ein Jahr weiter Rumscholzen werden wir nicht machen. Diese Realitätsverweigerung in unserem Land tragen wir nicht mehr mit.“

Unterm Strich also ein Grillabend voller Sprüche, die sich hinter „Deutschländer“ („Vom Würstchen das Beste“) und „Bratmaxe“ („Wenn wir Bratmaxe grillen, fängt die Stimmung an“) nicht verstecken müssen.

Am 23. Februar wird serviert.

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