Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) kann bei mehr als 3.300 Verdachtstodesfällen keine Auswertungen über Chargennummern zu Corona-Impfstoffen vorlegen. Angeblich hat es diese nie erstellt. Das wäre amtliches Wegsehen entgegen den Überwachungspflichten des PEI. Das PEI war umfangreich in das Zulassungsverfahren für die C-Impfstoffe der EMA (Europäische Arzneimittel-Agentur) eingebunden und hat die einzelnen Chargen nach Prüfung freigegeben. Es wusste um mögliche Probleme bei der Herstellung der neuartigen mRNA-Impfstoffe.
Deckte das PEI die mangelhafte Qualität „gefährlicher“ Chargen, um die Impfkampagne nicht zu gefährden? Wurden Todesfälle und zahlreiche Impfschäden als Kollateralschäden in Kauf genommen? Viele Indizien lassen darauf schließen. Rechtsanwältin Dr. Meyer-Hesselbarth geht diesem Verdacht schon länger nach.
Alexander Wallasch: Beunruhigende Meldungen zu Vertuschungen rund um Chargennummern und die Arbeit des Paul-Ehrlich-Instituts in der Corona-Zeit. Was wissen Sie darüber?
Dr. Franziska Meyer-Hesselbarth: Leider muss ich dafür etwas ausholen: In der Coronakrise gab es zwei wichtige staatliche Institutionen, auf die die Politik ihre Handlungen stützte, nämlich das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Das PEI hat sich um die Impfstoffsicherheit zu kümmern, es ist zuständig für die sog. Pharmakovigilanz.
Über das RKI ist aufgrund der geleakten RKI-Protokolle seit einigen Monaten bekannt, dass es die Bevölkerung nicht zutreffend informiert hat. Gerichtsentscheidungen aus der Corona-Zeit beruhen vielfach auf RKI-Auskünften, von denen wir heute wissen, dass sie falsch waren. Das RKI hat es bereits damals besser gewusst. Sogenannte Leitmedien haben versucht, den dahinter liegenden Skandal zu bagatellisieren.
Beim PEI gab es bisher kein Leak. Daher ist der parallele Skandal beim PEI weniger in den Fokus der Öffentlichkeit geraten.
Warum sprechen Sie von einem PEI-Skandal im Zusammenhang mit den Chargennummern?
Skandal hört sich, wenn dasselbe Wort beim RKI verwendet wird, verharmlosend an für das, was über die Arbeit des PEI zu sagen ist. Ich glaube, wir reden sogar über ein Verhalten der zuständigen PEI-Verantwortlichen mit strafrechtlicher Relevanz. Die Sicherheitsüberwachung, die das PEI vorzunehmen hatte, dient dem Schutz von Menschenleben, vor vermeidbaren Gesundheitsschädigungen. Teil der Sicherheitsüberwachung von Arzneimitteln ist die Auswertung von Chargennummern, eigentlich.
Könnten Sie bitte erläutern, worin der Skandal liegt?
Bereits die Zahlen des PEI zu Nebenwirkungen, schweren Nebenwirkungen und Verdachtstodesfällen bei C-Impfstoffen sind erschreckend hoch, wenn man sie mit konventionellen Impfungen vergleicht (siehe Sicherheitsbericht des PEI vom 31.03.2023 Bulletin für Arzneimittelsicherheit Juni 2023).
Dabei muss man wissen, dass es eine seit Jahren etablierte und praktisch amtlich anerkannte Studienlage zur Untererfassung von Nebenwirkungen im Rahmen der Spontanerfassung gibt. Es werden demnach weniger Fälle offiziell registriert, als tatsächlich auftreten. Bei schweren Nebenwirkungen muss man allgemein von mindestens 90 Prozent Untererfassung aussehen. Das schrieb das PEI in Vor-Corona-Zeiten selbst:
„Nur etwa sechs Prozent aller UAW und fünf bis zehn Prozent der schweren UAW werden Schätzungen zufolge gemeldet (underreporting).“
Meldet das PEI 56.432 Fälle mit Verdacht auf eine schwere Impfkomplikation, dann reden wir in der Praxis wegen besagter Untererfassung von mehr als einer halben Million Betroffenen. Das sind dann Schicksale wie die nichtrauchende sportliche Physiotherapeutin im Alter von 22 Jahren, die im Frühjahr 2021 einige Tage nach der zweiten Dosis AstraZeneca auf beiden Augen blind aufwacht und seither schwerbehindert ist.
Da ist der junge Baggerfahrer, der schwere anhaltende Schwindelzustände kurz nach den Impfungen entwickelte, so dass er keine Fahrzeuge mehr führen kann – wobei ich nicht einmal sicher bin, ob das PEI solche Fälle unter schwerwiegend gezählt hat. Einige weitere bedrückende Fälle mit schwerwiegenden Nebenwirkungen sind durch die Berichterstattung der Medien bekannt geworden, siehe der Fall der Katharina König und der Fall der Leistungsturnerin Selin Islami.
Hinzu kommen geschätzte 90 – 95 Prozent Untererfassung von gemeldeten Nebenwirkungen, die nicht schwerwiegend waren. Das sind effektiv zwischen 2,8 und 5,5 Millionen weitere betroffene Menschen zusätzlich zu der halben Million, die hochgerechnet schwerwiegende Nebenwirkungen hatten (als Verdachtsfall).
Das PEI gibt die Rate von bleibenden Schäden z. B. für BionTech mit 2,8 Prozent der Meldungen an, die Rate von „im Zeitpunkt der Meldung nicht wiederhergestellt“ mit 32,1 Prozent. Das sind Hinweise auf die Größenordnung des Problems, über das wir hier reden. Wobei ich es ungern als Problem bezeichnen möchte – es sind oftmals dramatische menschliche Schicksale, die sich hinter diesen nackten Zahlen verbergen.
Nach meiner Erinnerung ist die mRNA-Corona-Impfung auch vom PEI fortlaufend als „wirksam und sicher“ bezeichnet worden. Gesundheitsminister Lauterbach sprach in sozialen Medien von einer „nebenwirkungsfreien“ Impfung. Also passen diese Zahlen dazu überhaupt nicht?
Ja, so ist es. Das PEI ist wie das RKI eine weisungsgebundene Behörde, das erklärt alles. Es wurde nur kommuniziert, was politisch gewünscht war, auch gegenüber den Gerichten. Es wurde „schöngerechnet“ und wider besseres Wissen das Stichwort „Untererfassung“ aus dem PEI-Vokabular verbannt. Man muss es so hart sagen: Es stehen auch behördliche Falschaussagen vor Gericht als Verdacht im Raum, denn unvollständige Aussagen, die ein unzutreffendes Bild vermitteln, können im Sinne des Strafgesetzbuches „falsch“ sein.
Herr Schöfbeck, ehemals Chef der BKK ProVita, hatte Anfang 2022 dem PEI Zahlen geliefert, die auf eine massive Untererfassung von Nebenwirkungen hinwiesen. Eigentlich hätten diese Hinweise vom PEI selbst kommen müssen und es hätte dem dringend nachgehen müssen. Stattdessen wurde Herr Schöfbeck entlassen.
Das PEI wusste damals, was los ist. Es sitzt schließlich an der Datenquelle – Stichwort SafeVac2.0-App. Das ist eine aktive Anwender-App, die am Jahresanfang 2021 gestartet wurde und kaum Untererfassung haben dürfte, da die registrierten Teilnehmer aktiv befragt werden.
Ende des Jahres 2021 – also mehrere Wochen vor dem Schöfbeck-Vorgang – hatte das PEI gemeldet, dass in der SafeVac2.0-App bei 0,39 Prozent der Meldungen bzw. Teilnehmer eine schwerwiegende Nebenwirkung verzeichnet wurde.
Auf 192,2 Millionen Impfungen (lt. Impfdashboard) umgerechnet käme man auf 750.000 Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen. Im August 2023 teilte das PEI indirekt mit, dass es bei SafVac2.0 (für BionTech) sogar 0,56 Prozent waren. Dann hätten wir hochgerechnet über eine Million Impfungen, bei denen eine mögliche schwere NW (als Verdachtsfall) verzeichnet worden ist. Das wären bis zu eine Million betroffene Geimpfte, bei mehrfacher Betroffenheit derselben Personen aufgrund Mehrfachimpfungen weniger Personen. Warnungen des PEI vor erhöhten Impfrisiken bei Mehrfachimpfungen, wenn die zu impfende Person bereits einen Verdachtsfall von (schweren) Nebenwirkungen hatte, gab es nicht. Daher ist die Zahl der „Mehrfachbetroffenen“ aus statistischen Gründen vernachlässigbar.
Wie viele der schwerwiegenden Verdachtsfälle eine dauerhafte gesundheitliche Schädigung davongetragen haben, wissen wir nicht genau. Es dürften mehrere Zehntausend Menschen sein, vielleicht sogar sechsstellig. Jedenfalls ist die oben genannte halbe Million Menschen, die möglicherweise eine schwerwiegende Nebenwirkung erlitten hat, eher optimistisch gerechnet. Hinzu kommen die sonstigen Verdachtsfälle, deren Anzahl ca. 5mal höher liegt als die Zahl der schwerwiegenden Verdachtsfälle. Auch dort dürfte es einen gewissen Anteil von dauerhaften (nicht schwerwiegenden) Schädigungen geben.
Bei allen Hochrechnungen auf Basis von SafeVac2.0 darf man nicht vergessen, dass eine Grundinzidenz von Vorfällen, die zeitlich zufällig mit der Impfung aufgetreten sind, zu berücksichtigen ist. Denn Schlaganfälle, Thrombosen, Lungenembolien etc. kommen auch ohne Impfungen vor. Das ist eine Arbeit für Spezialisten, die ohne Kenntnis der Rohdaten aus der SafeVac2.0-App und der Hintergrundinzidenzen aus früheren Jahren nicht einmal begonnen werden kann.
Was wir heute gesichert wissen: Die Nebenwirkungsrate bei SARS-CoV2-Impfstoffen war mehr als 20mal höher als bei etablierten Impfungen. Es waren von den Nebenwirkungen auch zu mindestens zwei Dritteln Frauen betroffen. Das verschiebt die effektive Nebenwirkungsrate geschlechtsspezifisch ebenfalls nach oben. Beides wurde vom PEI nicht kommuniziert, obwohl es nach wenigen Monaten Impfkampagne dazu Zahlen und Daten gab.
Kann man die Daten aus SafeVac2.0, auf die Sie sich beziehen, irgendwo einsehen?
Nein, das ist bisher nicht möglich. Ich kann mich nur auf die spärlichen Verlautbarungen des PEI beziehen. Die 0,39 Prozent im Dezember 2021 fand ich damals erschreckend. Selbst wenn nur die Hälfte davon tatsächlich mit den Impfungen im Zusammenhang gestanden hätte, wären das viel zu viele gewesen.
Anfang Februar 2022 tauchte SafeVac im nächsten Sicherheitsbericht des PEI nicht mehr auf, also fragte ich beim PEI nach. Man antwortete mir: Ja, es seien weitere Veröffentlichungen zu SafeVac-Daten geplant. Das Gegenteil geschah. Das Thema SafeVac2.0 verschwand ab Dezember 2021 aus den Sicherheitsberichten vollständig.
Daraufhin habe ich einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt und im April 2022 auf Herausgabe der SafeVac2.0-Rohdaten sowie der zugehörigen Auswertungen beim Verwaltungsgericht Darmstadt geklagt. Mir war bereits damals klar: Diese Daten kann und wird das PEI nicht freiwillig herausgeben. Ein Gerichtstermin ist nach mehr als zweieinhalb Jahren Verfahrensdauer nicht absehbar, das ist dazu der letzte Stand.
Im Juli 2023 schrieb das PEI dem Verwaltungsgericht Darmstadt, eine Veröffentlichung der SafeVac-Daten sei nach Abschluss der Auswertungen „in 2024“ geplant. Das Jahr 2024 ist jetzt fast vorbei und man kann sehen: Es war wieder ein reines Lippenbekenntnis des PEI zur Ruhigstellung der Öffentlichkeit. Von Veröffentlichung und einem konkreten Zeitpunkt ist mittlerweile seitens des PEI nicht mehr die Rede.
Das PEI hat am 18. August 2024 eine mehrseitige Veröffentlichung zu SafeVac2.0 vorgenommen. Trotzdem rechnen Sie fest damit, dass ohne Gerichtsurteil die Daten nicht zu erhalten sind?
Ja. Und damit sind wir wieder bei den eingangs erwähnten Chargennummern. Man muss eine ganze Reihe Daten und Dokumente im Detail kennen, um zu verstehen, warum das PEI die SafeVac2.0-Daten niemals freiwillig herausrücken wird und dass die Stellungnahme vom 18. August 2023 mittlerweile Teil eines größeren PEI-„Problems“ ist, nennen wir es ruhig auch Teil eines PEI-Skandals.
Normalerweise hätte das PEI im Rahmen des Spontanmeldesystems Chargennummern erfassen und auswerten müssen, ob sich z. B. Todesfälle oder schwere Nebenwirkungen bei einzelnen Chargen häufen. Das ist essentieller Bestandteil der Pharmakovigilanzpflichten des PEI.
Bei über 3.300 Verdachtstodesfällen im Verlauf von ca. 1,5 Jahren Impfkampagne mit ca. 192,2 Millionen Impfungen (zum Vergleich: ohne Corona-Impfstoffe waren es für andere Impfungen 30-35 Verdachtstodesfälle jährlich auf ca. 50 Millionen Impfungen) kann man nicht sagen, das sei „unauffällig“.
Also muss man ganz genau hinsehen, wenn die Anzahl als solches schon auffällig ist – was eindeutig der Fall war. Im Fachjargon des PEI heißt das „Disproportionalitätsanalyse“ (siehe auch Politisches Urteil: Duldungspflicht der Covid-Impfung bei deutscher Bundeswehr zulässig). Man schaut, ob es statistische Auffälligkeiten gibt und hat grob gesagt ab Faktor 2 (also ab einer Verdopplung der zu erwartenden Verdachtsfallmeldungen) ein Risikosignal. Bei Faktor 20 (zwanzigfach) im Vergleich zur Nebenwirkungsrate konventioneller Impfstoffe ist man „jenseits von Gut und Böse“. Das weiß natürlich auch das PEI.
Praktischerweise wird nur etwa jeder zwanzigste Verdacht einer Impfnebenwirkung im Spontanerfassungssystem an das PEI gemeldet, wenn die Untererfassungsquote ca. 95 Prozent beträgt (siehe oben). Also hat man etwa Faktor 20 bei der Spontanerfassung im Verhältnis zu dem realen Geschehen. Der „Schachzug“ des PEI war – und dafür gibt es schriftliche Belege –, die Untererfassung der Nebenwirkungen komplett zu verneinen. Es hat so getan, als gäbe es das bei den SARS-CoV2-Impfstoffen nicht. Das PEI wusste es natürlich besser.
Die Daten aus SafeVac2.0 würden offenlegen, was sowieso klar ist: Es gibt die Untererfassung auch bei Corona-Impfstoffen und die Hochrechnung führt zu bedrückenden Ergebnissen, die wiederum durch SafeVac-Daten bestätigt werden. Das ist der eine Aspekt.
Der andere Grund ist, dass das PEI im Rahmen des Spontanmeldesystems die Chargennummern hätte auswerten müssen. Im Frühjahr 2023 gab es eine viel beachtete Studie bzw. ein Forschungspapier aus Dänemark, wo „gefährliche Chargen“ ermittelt worden sind, die besonders zahlreich Todesfälle und schwere Nebenwirkungen ausgelöst haben sollen, während andere Chargen kaum Meldungen verzeichneten (Schmeling, M et al.: Batch-dependent safety of the BNT162b2 mRNA COVID-19 vaccine European Journal of Clinical Investigation 2023; 53(8) e13998 https://doi.org/10.1111/eci.13998).
In Deutschland – weil es sich um vom PEI zugelassene Chargen handelte – hätte dementsprechend dem PEI ebenfalls etwas auffallen müssen. Aber gleich am Anfang einzelne „tödliche“ Chargen und Chargenrückrufe – das wäre der Genickbruch für die Impfkampagne gewesen, wenn es bekannt geworden wäre.
Es hätte geklärt werden müssen, woran das liegt; bis zur Klärung hätte die Impfkampagne gestockt, eine Impfpflicht wäre wegen ungeklärter Sicherheitsrisiken nicht möglich gewesen usw. Das Narrativ von „wirksam und sicher“ hätte sich in Luft aufgelöst. Es wären kritische Nachfragen gestellt worden, ob bei der Zulassung Fehler passiert sind, ob diese nicht doch zu übereilt war.
Die Studie aus Dänemark brachte dementsprechend das PEI in erhebliche Erklärungsnot. Schließlich hatte der PEI-Zeuge Dr. Mentzer dem Bundesverwaltungsgericht im Sommer 2022, als es um die Duldungspflicht bei den Soldaten ging, erzählt, man sei jeder einzelnen Todesfallverdachtsmeldung nachgegangen. Auch die Erfassung und Auswertung der Chargennummern hätte standardmäßig dazu gehört – eigentlich.
Die Öffentlichkeit glaubte an eine reguläre Ausübung der Prüfungsaufgaben im Rahmen der Pharmakovigilanz seitens des PEI, eben weil es sich um einen neuen, besonders zu überwachenden Impfstoff mit einer nur bedingten Zulassung und begrenzter Teilnehmerzahl in den Zulassungsstudien handelte. Das Schmeling et al.-Papier stellte diese Sichtweise massiv in Frage. Es erhielt viel öffentliche Aufmerksamkeit, so dass das PEI sich im Zugzwang sah.
Um den Anschein von regulärer Pharmakovigilanztätigkeit zu wahren, verfasste das PEI am 18.08.2023 eine bemerkenswerte Stellungnahme mit der Überschrift:
„Keine Chargenbezogene Häufung von Verdachtsfallmeldungen zu Impfnebenwirkungen nach Covid-19-Impfungen mit Comirnaty“.
Das Problem: Die PEI-Stellungnahme vom 18. August 2023 lässt bei näherer Analyse der Daten auf das gegenteilige Ergebnis schließen. Die zugehörigen Grafiken des PEI sind zumindest irreführend beschriftet. Die mathematische Analyse der mitgeteilten Daten widerlegt im Grunde die Überschrift (Interview: „Das Ergebnis entspricht nicht dem, was erwartet – deswegen darf es nicht veröffentlicht werden“, abrufbar unter https://multipolar-magazin.de/artikel/interview-reitzner).
Prof. Matthias Reitzner als Mathematiker mit einer Lehrstuhlinhaberschaft u. a. für Statistik kam hier zu einem vernichtenden Urteil. Was er zu der Stellungnahme des PEI vom 18. August 2023 sagt, kann jeder mit Mathe-Kenntnissen aus der Mittelstufe nachvollziehen.
Das PEI, das von Amts wegen die Studienlage zu verfolgen hat, weiß auch, dass die dänische Studie keine Eintagsfliege war. Es gibt mittlerweile drei weitere Studien, die ebenfalls zu dem Ergebnis kamen, dass die C-Impfstoffchargen unterschiedliche Häufigkeiten von Nebenwirkungen hatten. Das wiederum deutet auf Mängel im Produktionsprozess, eine nicht gegebene Produktstabilität u. ä. hin – man müsste dem dringend nachgehen. Vor allem sagen die Studien deutlich: Die Meldung des PEI vom 18. August 2023 dürfte so nicht stimmen.
Ein weiterer Zusammenhang erscheint mir noch erwähnenswert: Wenn es bei einer durchschnittlich mehr als zwanzig Mal so hohen Nebenwirkungsrate nach aktueller Studienlage Chargen mit erhöhtem Nebenwirkungsprofil gegeben hat, dann hätte bei einigen Chargen der Faktor noch deutlich über 20 gelegen, bei anderen erheblich darunter.
Es kann sein, dass wir im Vergleich zu konventionellen Impfungen bei einzelnen Chargen über Faktor 40, 80 oder 200 bezogen auf die Nebenwirkungsrate reden – das weiß bisher niemand, weil die Daten unter Verschluss bleiben sollen, wenn es nach dem PEI geht. Für weibliche Teilnehmer der ohnehin „gefährlichen“ Chargen dürfte es dabei aus statistischen Gründen noch etwas schlechter ausgesehen haben. Wie schlecht, darüber können wir derzeit nur spekulieren.
Bei SafeVac2.0 – der Smartphone-App des Paul-Ehrlich-Instituts – war es für jeden Teilnehmer verpflichtend, die Chargennummern anzugeben, so dass auf dieser Datenbasis ein halbwegs realistisches Bild gewonnen werden könnte. Genau darin dürfte das Problem aus Sicht des PEI jetzt liegen, die SafeVac2.0-Rohdaten zugänglich zu machen. Man könnte es nachrechnen. Das ist offensichtlich nicht gewollt.
Überdies: Das PEI, wenn es die SafeVac2.0-Daten herausgäbe, würde sich angesichts der eigenen Stellungnahme vom 18. August 2023 höchstwahrscheinlich selbst der Lüge überführen – die hinweisende Studienlage verdichtet sich immer weiter.
Es stehen nach wie vor Thesen im Raum, dass ein kleinerer Teil der Chargen den ganz überwiegenden Teil der Nebenwirkungen verursacht hat. Wenn sich das belegen ließe, wäre das angeblich positive Nutzen-Risiko-Verhältnis Geschichte. Die Frage würde gestellt werden, was dem PEI wann bekannt war und warum nicht rechtzeitig eingeschritten wurde, was gesetzlich verpflichtend gewesen wäre.
Diese arzneimittelrechtliche Verpflichtung zur Datenerhebung und zum Einschreiten ist es, die einer Datenherausgabe nach dem Informationsfreiheitsgesetz (soweit Daten überhaupt vorhanden sind) jetzt entgegensteht – Juristen sprechen von einer Garantenstellung.
Wer trotz Garantenstellung nicht einschreitet, obwohl er es tun müsste, hat schnell ein ernsthaftes strafrechtliches Problem. In diesem Punkt unterscheidet sich die Situation der PEI-Mitarbeiter von der beim RKI. Es erklärt, warum das PEI sich mit irrsinnigen Begründungen gegen die Herausgabe der Pharmakovigilanz-Daten nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) wehrt und warum es am 18. August 2023 so berichtet hatte wie geschehen:
Das war der Versuch einer beruhigenden Nebelkerze für die kritische Öffentlichkeit, die angesichts weiterer Studienergebnisse zu chargenbezogenen Häufungen von Nebenwirkungen einschl. Verdachtstodesfällen jetzt noch drängendere Fragen an das PEI stellt.
Der vom PEI selbst angerichtete Vertrauensschaden wird derzeit durch fehlende Transparenz immer noch weiter vergrößert. Er führt mittlerweile bei Menschen zu einer Impfskepsis, die früher niemals auf den Gedanken gekommen wären, das alles zu hinterfragen.
Welche Schlussfolgerungen haben Sie für sich daraus gezogen, wie gehen Sie mit diesem Wissen um?
Ich arbeite im Rahmen mehrerer Klageverfahren gegen das PEI und eines Eilverfahrens beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof (https://multipolar-magazin.de/meldungen/0130 / Impfnebenwirkungsdaten: Eilantrag gegen das Paul-Ehrlich-Institut -) daran, dass das alles baldmöglich aufgeklärt wird. Daten, Daten und nochmals Daten, das ist das Ziel. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) macht es möglich. SafeVac2.0 war unbestritten von Anfang an vollständig anonym. Also wird das PEI sich nicht mit „Datenschutz“ herausreden können.
Meine Befürchtung ist: Alle Rückschlüsse, die ich aus dem Verhalten des PEI ziehe, werden sich am Ende leider bewahrheiten. Es wäre nach allem, was über das RKI bereits bekannt geworden ist, keine Überraschung. Traurig, dass es Interviews wie dieses überhaupt geben muss.
Dr. Franziska Meyer-Hesselbarth ist ehemalige Richterin. Sie hat als Rechtsanwältin eine Vielzahl gerichtlicher Verfahren mit Coronabezug geführt und im Verfassungsrecht promoviert.
Das Interview ist zuerst bei alexander-wallasch.de erschienen.