Tichys Einblick
Von Duisburg nach Berlin

Unter vier Augen: Markus Lanz und Bärbel Bas

Mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD sieht Bundestagspräsidentin Bärbel Bas kein Problem. Bezüglich des Haftbefehls gegen Netanjahu findet sie keine klaren Worte. Außerdem möchte Bas wieder einmal Strafen erhöhen – diesmal für Ordnungsrufe im Bundestag.

Screenprint: ZDF / Markus Lanz

Die Sendung von Markus Lanz wurde wieder zur unmenschlich späten Mitternachtsstunde am Mittwochabend ausgestrahlt. Ehrfürchtig begrüßt Lanz Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als alleinigen Gast. Außergewöhnlich und eine wirkliche Seltenheit, wie Lanz betont, sei ihre Biographie. Als Tochter eines Busfahrers in Duisburg aufgewachsen und aus einer Großfamilie, schafft sie es von der Lehre als Schweißerin bis zur Bundestagspräsidentin, hinter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das zweithöchste Amt im Staat.

„Also über dem amtierenden Kanzler Olaf Scholz“, lacht Lanz. Wie sich in der Vergangenheit herausstellte, muss dieser wenig von seiner Busenfreundin befürchten. Bei Lanz scherzt sie: „Den Kanzler kontrollieren wir ja – das weiß er manchmal nicht.“ Bas steht also ganz selbstbewusst ihren Mann gegenüber Scholz. Pardon, diese Redewendung darf heute vermutlich nicht mehr verwendet werden.

„Männer halt“

Anders sieht es aus, wenn es umgekehrt ist. So schließt sich Bas den Äußerungen Angela Merkels an, die das Verhalten von Olaf Scholz und Christian Lindner nach dem Bruch der Ampel als „Männer halt“ abstempelte. Lanz zieht ebenso ganz konform das Fazit: „ein Ego-Thema“. Stolz erwähnt Bas, dass sie ja im März 2023 einen „Blauen Brief“ an die Ampelregierung versendete, da diese nicht die Fristen für die Prüfung von Gesetzesentwürfen und der Anhörung von Experten einhielt.

Der Bundestag sei ja schließlich kein Wunschkonzert. In Schutz nimmt Bas aber ihren SPD-Kanzler dann doch wieder: „Dass am Ende der Kanzler – der lange versucht hat, diese Koalition zusammenzuhalten – gesagt hat, es geht nicht mehr weiter, und ich muss jetzt hier einen Schlussstrich ziehen, kann ich nachvollziehen.“ Dass die FDP das alles geplant hat, sei jetzt ja auch sehr offensichtlich. Die SPD also nur das Opfer eines Hinterhalts.

„Glaubwürdigkeit“

Dass die SPD nun aber Olaf Scholz erneut zum Kanzlerkandidaten bestimmt, bringt bei Lanz alle Glühbirnen zum Flackern. „Wenn man so scheitert, kann man sich dann hinstellen und sagen, okay, jetzt sind wir gescheitert, und wenig später sagt man, huch, da bin ich wieder, und übrigens, ich tu es fürs Land und sagt, ich bewerbe mich jetzt ein weiteres Mal, wähl mich bitte? […] In dem Fall hat man das Gefühl, wo ist die Konsequenz?“

Ganz offensichtlich weiß Bas, dass es in der Politik schon lange keine persönlichen Konsequenzen für politisches Scheitern mehr gibt. „Die Konsequenz ist ja, dass diese Ampel gescheitert ist und wir jetzt eine Neuwahl haben.“ – Ganz einfach. Die SPD fährt also mit ihrem neuen Wahlkampf für „Deutschland“ und ihrem alten Kandidaten Olaf Scholz auf und arbeitet an ihrer „Glaubwürdigkeit“.

„Schlimmer als im Kindergarten“

Persönliche Konsequenzen soll es aber nach Bas sehr wohl für Politiker geben, die sich nicht an eine ordentliche Debattenkultur halten können. Briefe von Bürgern würden Bas erreichen, in denen die Debatten als „schlimmer als im Kindergarten“ betitelt werden. Bas erklärt das so: „Das, was man auch außerhalb des Parlaments merkt, in der Gesellschaft, es polarisiert sehr, und das ist auch Spiegelbild letztendlich im Parlament.“

Für persönliche Angriffe oder Diffamierungen erteilt sie als Leiterin der Sitzungen Ordnungsrufe. Diese nehmen aber überhand. Deshalb möchte Bas nun eine ordentliche Strafe für die Quälgeister. Forderte sie für die Beteiligten am Sylt-Gegröle die Höchststrafe – fünf Jahre Haft für Dööp-dö-dö-dööp! –, soll es für die Abgeordneten ab dem dritten Ordnungsruf nur eine Strafe von 2000 Euro geben. Auch im Parlament muss nun also zweimal überlegt werden, ob man es wagt, jemanden Schwachkopf zu nennen.

Putin und Netanjahu

Lanz versucht zu guter Letzt noch aus Bas herauszulocken, wie verbunden sie sich mit Israel fühlt. Der Terror vom 7. Oktober 2023 sitzt immer noch tief in den Knochen und Leib und Leben sind für Juden auf deutschen Straßen bedroht. Während die Waffenruhe zwischen der Hisbollah und Israel im Libanon für ein kurzes Aufatmen sorgt, stockt in Deutschland vielen immer noch der Atem über den Haftbefehl für den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen ihn erlassen hat.

Lanz pocht auf die Glaubhaftigkeit und die Anerkennung des Gerichtshofs, hatte Annalena Baerbock doch dies zuletzt unterstrichen. Die SPD-Politikerin Bas kann sich nicht zu einem Fazit durchringen. Zwischen den Zeilen lässt sich aber eine Autoritätshörigkeit gegenüber dem IStGH heraushören. Dieser habe ja auch einen Haftbefehl gegen Putin erlassen – falsch liegen kann er also nicht. Echte Solidarität sieht anders aus. So viel zur Glaubwürdigkeit der SPD.

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