Tichys Einblick
Guter Atomstrom, schlechter Atomstrom

Habecks Geheimbrief: Alles – nur keine deutsche Atomkraft

Das grüne Ziel des Atomausstiegs kann nur dank französischem Atomstrom realisiert werden. Ein geheimer Brief Robert Habecks an seine Amtskollegin in Frankreich illustriert das Scheitern der Energiewende.

IMAGO / Political-Moments

Im Sommer 2022 sollten die letzten drei Atomkraftwerke der Bundesrepublik abgeschaltet werden. Das Problem für Robert Habeck: In Folge der Sanktionen gegen Russland und der Sabotage von Nord Stream 2 war das Land in einer akuten Gasmangellage. Das Problem wurde noch dadurch verschärft, dass Frankreich große Teile des atomaren Kraftwerkparks für Sicherheitsüberprüfungen vom Netz genommen hatte. Diese sollten zum Winter wieder ans Netz gehen – doch würde es reichen, um den steigenden Energiebedarf beider Nationen im Winter zu decken? Da in Frankreich noch viel mehr elektrisch geheizt wird als in Deutschland, war es keineswegs sicher, dass genug Elektrizität für den Export nach Deutschland verfügbar war.

Doch diese Unsicherheiten konnten den Minister für Wirtschaft und Klimaschutz nicht von seinem Ziel der AKW-Abschaltung abbringen. In einem geheimen Brief an Agnès Pannier-Runacher, französische Ministerin für die Energiewende, suchte er nach Rückendeckung. Im Brief, den nun das Magazin Cicero veröffentlichte, schreibt er:

„Liebe Agnes,
am Rande des Energieministerrates haben wir über die Energiesituation in unseren Ländern gesprochen. Du sagtest, dass das Ziel der französischen Regierung ist, zum 1. November 2022 40 Gigawatt AKW-Leistung und zum 1. Januar 2023 50 Gigawatt am Netz zu haben. Kannst Du mir bestätigen, dass ich das richtig erinnert habe? (…)
Beste Grüße
Dein Robert“

Alles hat seinen Preis

Die Ministerin reagierte kühl: In der formell gehaltenen Antwort spricht die Ministerin Habeck als „Herr Vize-Kanzler“ an. „Was die Verfügbarkeit der französischen Kernkraftwerke betrifft, ist es unser Ziel, Anfang 2023 eine Kapazität von mindestens 50 Gigawatt zu erreichen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Wartungsprogramm für die EDF-Reaktoren allerdings ohne nennenswerte Verzögerung umgesetzt werden“, war die für Habeck wenig willkommene Antwort. Denn nun musste sich die Bundesnetzagentur für einen simulierten Stresstest der Versorgung damit begnügen, im schlimmsten Fall maximal 30 Gigawatt Kernkraftleistung aus Frankreich einkaufen zu können.

Seitenwechsler unter sich
Grüne Drehtüre, grüne Macht – grüne Zensur
Der Preis dafür: „Im gleichen Geist der Solidarität und der gegenseitigen Anerkennung der unterschiedlichen Wege, die unsere beiden Staaten zur Erreichung der CO2-Neutralität eingeschlagen haben, wünschen sich die französischen Behörden eine engere Zusammenarbeit mit ihren deutschen Partnern, um im europäischen Recht eine faire und ausgewogene Regelung zu schaffen.“ Auf EU-Ebene wurde zeitgleich gestritten, ob Atomkraft als erneuerbar bzw. CO2-neutrale Energiequelle einzuordnen sei. Deutsche Politiker kämpften entschieden dagegen. Diese Position aufzugeben, war der Preis, den Frankreich zumindest implizit verlangte.

Schlussendlich wurden die deutschen AKWs abgeschaltet. Doch Habeck wusste, wie eng die Sicherheitsmarge der Versorgung war. Wäre der Winter 2022/23 kälter und länger gewesen, wäre Deutschland in ernste Versorgungsschwierigkeiten geraten. Habecks geplanter Ausweg war, zwei AKW als Reserve am Netz zu behalten und erst im Sommer 2023 abzuschalten. Ein Plan, den Olaf Scholz torpedierte. Doch das Schreiben macht offensichtlich: Um Deutschland die verhasste Atomkraft auszutreiben, war Robert Habeck jedes Risiko recht – und französischer Atomstrom herzlich erbeten.


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