Tichys Einblick
Aufgegessen.info

Der große Zimtsterne-Test

Entgegen der staatlichen Empfehlungen für „Betreutes Essen“ haben die Tester an einem Tag mehr als 24 Zimtsterne gegessen. Nachfolgend das Test-Ergebnis – notiert bei bester Gesundheit und in Vorfreude auf die Weihnachtstage. Von Georg Etscheit und Aufgegessen.info

IMAGO / Zoonar

Sie gehören zur kulinarischen Weihnachtszeit wie der Christstollen und die Butterplätzchen. Zimtsterne! Jenes weihnachtliche Backwerk in Sternform mit der weißen Glasur, das ursprünglich aus Schwaben kommen soll. Das Grundrezept von Zimtsternen besteht aus Eischnee, Zucker, mindestens 25 Prozent Mandeln, Zimt und höchstens 10 Prozent Mehl.

Und wir wären nicht in Deutschland, würde man sich nicht über den Verzehr von Zimtsternen an oberster Stelle den Kopf zerbrechen. Grund ist der in Zimt enthaltene Wirkstoff Cumarin, der in größeren Mengen konsumiert gesundheitsschädlich sein soll. Das Bundesinstitut für Risikobewertung, eine Anstalt des Öffentlichen Rechts mit rund 1000 (!) Mitarbeitern, lässt verlautbaren, dass Erwachsene ohne Bedenken täglich 24 Zimtsterne essen können. Sogar das ganze Jahr über. Kinder sollten dagegen weniger Zimt essen, etwa sechs „kleine“ Zimtsterne oder 100 Gramm Lebkuchen täglich.

Danke liebe Anstalt, wir schätzen das „Betreute Essen“, haben für unseren Zimtsterne-Test allerdings das Maß überstrapaziert und an einem Tag mehr als 24 Exemplare genascht. Hier ist unser Ergebnis, notiert bei bester Gesundheit und in Vorfreude auf die Weihnachtstage.

Favorina Zimtsterne
Lidl, 175 Gramm, 2,60 Euro

Fröhliche Weihnachten? Erstaunlich, was man den Kunden zum Fest alles andrehen kann. Zum Beispiel Zimtsterne von Lidl, ein Backwerk, das fast zur Hälfte aus Zucker besteht, und Zimt wahrscheinlich nur aus der Ferne gesehen hat. Okay, sie sehen aus wie Sterne, schmecken aber kaum nach Zimt und sind auch für Zeitgenossen genießbar, die gar keinen Zimt mögen. Neutral oder geschmacklos, das ist hier keine Frage. In diesem Fall gilt: beides!

Note 5


Hausgemachte Zimtsterne
Käfer, 150 Gramm, 8,95 Euro

Hausgemacht? Zumindest sehen die Zimtsterne so unregelmäßig aus, als wären sie tatsächlich in Handarbeit entstanden. Die Käfer-Sterne sind ziemlich groß und dick, besitzen eine angenehme, stückige Konsistenz, guten Biss und sind nicht zu süß – trotz der opulenten, schneeweißen Zuckerglasur. Doch wo ist nur der Zimt geblieben? Ausgewiesen ist echter Ceylon-Zimt, wahrnehmbar ist das Gewürz nicht. Und dafür fast neun Euro berappen, das grenzt an Mundraub.

Note 3-4


Alnatura Zimtsterne
100 Gramm, 2,99 Euro

Ziemlich braun und optisch unattraktiv kommen die Sterne in ihrer total umweltfreundlichen Plastikverpackung daher. Die Matschfarbe rührt vielleicht von dem auf der Zutatenliste ausgewiesenen Rohrohrzucker her. Die Konsistenz kommt einem Früchtebrot nahe, nicht zuletzt dank der im Teig enthaltenen „Feigen-Fruchtzubereitung“. Der Zimtgeschmack ist deutlich wahrnehmbar, doch irgendwie „alt“ – wie bei einem Döschen gemahlenem Zimt, das man seit der letzten Weihnachtsbäckerei nicht mehr benutzt hat. Dazu im Abgang eine säuerliche Note, die unangenehm auffällt. Bio muss nicht besser sein, eigentlich schon eine Binsenweisheit.

Note 3-4


Dallmayr Zimtsterne
200 Gramm, 12,80 Euro

Sehr weich, sehr fruchtig. Die Zutatenliste weist unorthodoxes Marzipan und kein Mehl auf, was ein Manko ist, denn Zimtsterne sind ein Gebäck, kein Rohkostriegel. Zimt schmeckt man überhaupt nicht, dafür eine sehr markante Orangennote, die von Orangeat stammt, das auch nicht hineingehört. Bei diesen „Zimtsternen“ aus dem Münchner Traditionshaus könnte es sich auch um Mini-Elisenlebkuchen handeln. An für sich kein schlechtes Produkt, aber keine Zimtsterne, deshalb nur:

Note 3-4


Conditorei Kreutzkamm Zimtsterne
250 Gramm, 19,80 Euro

Vergangenes Jahr schnitt Kreutzkamm bei unserem Stollentest überraschend schlecht ab. Deswegen schmecken wir jetzt auch bei den Zimtsternen aus dem in München und Dresden angesiedelten Traditions-Konditor ganz genau hin, zumal der Preis für das zumindest optisch ansprechende Weihnachtsgebäck überaus ambitioniert ist. Was wir schmecken ist erst einmal Haselnuss und nochmal Haselnuss, obwohl Zimtsterne höherer Qualität ganz oder zu einem erheblichen Teil aus (teureren) Mandeln bestehen sollten. Der Zimtgeschmack geht völlig unter. Auch hier: Thema verfehlt. Kreutzkamm-Zimtsterne sind in Wirklichkeit schlecht durchgebackene Nussmakronen.

Note 3-4


Linea natura Zimsterne, bio
115 Gramm, 3,99 Euro

Warum ausgerechnet in diesem Bioprodukt Palmfett enthalten ist, wo an Zimtsterne eigentlich kein Fett gehört, ist schwer verständlich. Wahrscheinlich sollen damit eher bescheidene Mengen an Mandeln und Haselnüssen kaschiert werden, deren Anteile auf der Packung nicht ausgewiesen sind. Die Teigstruktur ist kompakt, der Zimtgeschmack deutlich ausgeprägt, das Gebäck zumindest nicht völlig überzuckert. Doch im Abgang wieder eine fast scharfe, säuerliche Note, die von der Zugabe von Milch- und Weinsäure herrührt, die als Konservierungsmittel dienen. Das trübt den ansonsten recht anständigen Gesamteindruck.

Note 3


Rewe Beste Wahl Zimtsterne
115 Gramm, 2,34 Euro

Aussehen und Geschmack verblüffend ähnlich wie die Linea natura Biozimtsterne. Auch hier wird auf der Zutatenliste Palmfett ausgewiesen bei mit jeweils 18 Prozent ziemlich niedrigen Anteilen von Mandeln und Haselnüssen. Sollte es sich um eine ähnliche Rezeptur möglicherweise vom gleichen Hersteller handeln, nur ohne Biozutaten? Auch die identische Gewichtsangabe – 115 Gramm – macht stutzig. Auf der Rewe-Packung prangt statt des Biosiegels ein Fantasiezeichen der Umweltorganisation NABU, dessen „Klimafonds“ man durch den Kauf der Rewe-Zimtsterne unterstützt, unfreiwillig natürlich. Außerdem der Nutri-Score: Die Ampel steht auf rot (E), was den schlechtest möglichen ernährungsphysiologischen Wert repräsentiert. Eine Überraschung ist das nicht.

Note 3


Schmidt, Feine Zimtsterne
130 Gramm, 5.20 Euro

Endlich einmal Zimtsterne, die nach Zimt schmecken. Daneben haben die Backwerke der Lebkuchenfabrik Schmidt aus Nürnberg einen runden, vollen Geschmack von Mandeln und Haselnüssen (Gewichtsanteil 40 Prozent) und sind nicht zu süß. Was die Textur betrifft, sind Schmidt-Zimtsterne fest bis zäh und entsprechen in etwa dem, was man von einem „Gebäck“ erwartet. Die Zutatenliste ist zwar etwas lang, aber wenn am Ende ein Produkt herauskommt, das mit einigem Genuss zu essen ist, kann einem selbst Palmfett, Wachsmaisstärke (bei Sportlern als schnelle Energiequelle beliebt) und Hühnertrockeneiweiß keinen Schrecken einjagen.

Note 2


Fazit: Wirklich überzeugen konnte uns, mit Ausnahme der Schmidt-Zimtsterne, keines der getesteten Produkte. Vor allem die angeblichen Premiumprodukte enttäuschten. Am besten, man kauft Zimtsterne beim Bäcker seines/ihres Vertrauens oder macht sie selbst, was allerdings eine gewisse Übung voraussetzt. Genau genommen handelt es sich bei Zimtsternen um Baisers mit, notabene, Zimt und (stets frisch) geriebenen Mandeln – Haselnüsse sind in den gängigen Originalrezepten eigentlich nicht vorgesehen. Gelungene Baisers sind immer außen hart und innen noch etwas knetschig. Industriell und, wie bei Saisongebäck üblich, lange Zeit im Voraus lässt sich das nur schwer nachbilden, vor allem, wenn minderwertige Zutaten eingesetzt werden.


Dieser Artikel wurde Tichys Einblick von Aufgegessen.info bereitgestelt, dem Blog für freien Genuss.

Die mobile Version verlassen