Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Verschmitzt lächelnd gibt EZB-Präsident Mario Draghi finanz-technokratisch zu Protokoll: „Es bedarf weiter eines sehr erheblichen Grades an geldpolitischer Akkomodierung, damit sich im Euroraum Druck auf die Kerninflation aufbaut.“ Wow. So am vergangenen Donnerstag mal eben begründet, warum die Leute im EZB-Rat nicht im Traum daran denken, von ihrer ultra-expansiven Geldpolitik auch nur einen Hauch abzuweichen.
So kann es nicht weiter gehen
Diese Betrachtungsweise mag auf Anhieb schlüssig erscheinen, falsch ist sie trotzdem, weil Geldpolitik und Konjunkturpolitik zweierlei Paar Schuhe sind. Oder wie es Bundesbank-Präsident Jens Weidmann noch zugespitzter formuliert: „Die Wirtschaft auf einen dauerhaft höheren Wachstumspfad führen, das kann nur die Politik.“ Was Draghi allerdings nicht davon abhält, sich als gesamtökonomischer Herrscher über den Euroraum zu gebärden, indem er, weil wirtschaftlicher Sachverstand bei Politikern Mangelware ist, de facto politische Entscheidungen an sich reisst. Das wiederum schmeckt Weidmann ganz und gar nicht, weshalb er warnt: „Geld- und Fiskalpolitik werden in wachsendem Maße vermengt.“
Was lernen wir daraus? Zunächst, dass es wie bisher nicht weiter gehen kann. Aber wie sonst? Offenbar bedarf es nur noch eines kleinen Funkens, bis die Eurokrise in die nächste Runde geht. Viel spricht dafür, dass der Funken diesmal weniger von Griechenland als vom hoffnungslos überschuldeten Italien auf den ganzen Euroraum überspringen wird. Die Kapitalflucht der Italiener in Richtung Schweiz und Deutschland hat ja längst eingesetzt.
Der jetzige Euro ist nicht überlebensfähig
Damit wird wieder mal das Grundübel der gemeinsamen Währung für ganz und gar nicht zusammenpassende Länder deutlich. Das bedeutet letztlich: Der Euro ist in der derzeitigen Konstellation nicht überlebensfähig. Also muss eine Alternative her. Nur gibt es dazu erst vage Überlegungen und noch keinen festen Plan. Derweil schrauben sich, hinter dem Zahlungsverkehrssystem Target 2 versteckt, Forderungen der Bundesbank in immer neue Höhen, zuletzt auf über 814 Milliarden Euro – am Ende zum größten Teil wohl nicht einlösbare Forderungen gegen die Schuldensünder im Euroraum.
Heinz-Werner Rapp, Anlagestratege des Finanzdienstleisters Feri, zählt nicht weniger als sieben Konstruktionsmängel des Eurosystems auf: Einbindung ganz unterschiedlicher Wirtschaftsstrukturen, keine zentrale politische Instanz, dominierende nationale Interessen, keine Vorkehrungen für den Finanzausgleich, stark inkongruente Verteilung von Stimmrechten, keine klaren Regeln für Sanktionen und realitätsfremdes Ziel einer Konvergenz. Mit anderen Worten: Dem bisherigen Schrecken ohne Ende wird das Ende mit Schrecken folgen. Allein das Wann und Wie ist noch offen.
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