Täter sind psychisch gestört, erfahren wir. Sind sie das eigentlich nicht immer? Oder gehört versuchter Mord mit der Axt zum „Normalprogramm“? Eine Analyse des Polizeiberichts nach der Tat in Düsseldorf.
Der Düsseldorfer Polizeibericht
Im Polizeibericht kann man über jenen Mann, der im Düsseldorfer Hauptbahnhof Menschen attackierte, lesen:
„Bei dem verletzten und festgenommenen Tatverdächtigen handelt es sich um einen 36 Jahre alten Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien, der in Wuppertal wohnhaft ist. Der Verdächtige hat offenbar psychische Probleme.
Insgesamt hat die Polizei sieben Opfer registriert, davon drei Schwerverletzte und vier Leichtverletzte.“
Der Verdächtige hat offenbar psychische Probleme. Wie der Mörder aus Herne. Und über den Täter aus Heidelberg, der mit dem Auto einen Menschen tötete und drei weitere verletzte wird berichtet, er sei psychisch gestört.
Eigentlich hätte man selbst darauf kommen können. Ein „Normalo“ schlägt nicht mit einer Axt auf andere Menschen ein oder fährt in eine Gruppe von Menschen, weder mit dem Auto noch mit dem LKW.
Weitere Tätermerkmale werden nicht so bereitwillig herausgegeben. Die Polizei Heidelberg äußert sich beispielsweise nicht dazu, ob es sich um einen Muslim gehandelt habe, schließlich gebe man ja auch nicht bekannt, ob ein Täter evangelisch oder katholisch sei, erklärte dazu ein Polizeisprecher. Auch in Düsseldorf wird nur langsam klar, dass es sich um einen Täter mit Hintergrund Kosovo handelt. Die Polizei sprach lieber von einem Täter aus dem „früheren Jugoslawien“. Immerhin ist Jugoslawien schon vor einem Vierteljahrhundert zerfallen. Hätte Kosovo zu sehr nach der dort vorherrschenden Religion geklungen?
Dafür steht im Polizeibericht, er komme aus Wuppertal. Aus Wuppertal! Erst am Folgetag die Information, dass er 2009 als Asylbewerber kam. Information häppchenweise – das schafft kein Vertrauen. Aber:
„Der Täter (36) aus Wuppertal verletzte neun Menschen, darunter ein Mädchen (13)“, schreibt Bild brav.
So wünscht man sich Information. Armes Wuppertal.
Vorsicht ist die Mutter des politisch korrekten Polizeiberichts, man ahnt die Sorgenfalten, die sich die Verfasser machen, um nur nicht anzuecken da oben, wo die Politik bestimmt wird über das, was gesagt werden darf und jenes, was nicht gesagt wird und doch mitschwingt, mitgelesen wird zwischen den Zeilen.
Die Kunst, nichts zu sagen, obwohl es mitgelesen wird
Man spürt geradezu die Lähmung der Polizei, Fakten herauszugeben, Merkmale zu nennen, die einen bestimmten Verdacht nähren könnten, der zwar nicht formuliert wird – aber trotzdem in der Luft hängt. Alexander Kissler hat weitere, frühere Fälle notiert: Und dann war da noch der Mann, der in Straßburg, unter Umständen „Allahu Akbar“ rufend, einen Juden mit einem Messer angriff. Eine örtliche Zeitung wusste, der Mann sei „wegen früherer psychiatrischer Probleme bekannt“. Der Nizza-Attentäter wiederum, der Mitte Juli mehr als 80 Menschen zu Tode fuhr, habe „an Depressionen gelitten und sei auch schon in psychologischer Behandlung gewesen“. Der 18-jährige Amokläufer von München hingegen, erfuhren wir nun, war stationär behandelt worden wegen einer „mittel bis schweren depressiven Episode“, einer „sozialen Phobie“ und einer „posttraumatischen Belastungsstörung“. Der Täter habe seine Antidepressiva abgesetzt.
Nun gehört es zu den Mitteln der Polizeiarbeit, gemeinsame Tätermerkmale zu ermitteln. Aber welche dabei erlaubt sind, ist eingeschränkt. Nach dem Mord an der Studentin in Freiburg erfuhren wir, dass bei DNA-Analysen in Baden-Württemberg nicht nach Merkmalen ausgewertet werden durfte, die die Herkunft des Verdächtigen betreffen wie Hautfarbe und ethnische Merkmale. Man verdächtigt dies als „Racial profiling“. Religion ist offenbar ein weiteres Merkmal, vermutlich hat es auch lange keine Rolle gespielt, jedenfalls schien es keine signifikante Häufung zu geben.
Keine Rücksicht mehr für eine besondere Gruppe
Nur ein Merkmal kann man immer feststellen und festhalten: Psychische Erkrankung. Das kann nun zweierlei bedeuten: Erstens stimmt es immer. Glücklicherweise leben wir noch in einer Welt, in der die große Mehrheit, die „Normalen“ also, nicht mit Äxten in der S-Bahn Menschen angreifen. Schön, dass es noch „Normalos“ gibt, wer will denn sonst noch Normal sein und nicht einer besonderen Identität angehören oder Opfergruppe. Es handelt sich also um abnormes Verhalten und schon wird der Täter pathologisiert. So einfach geht das – und so billig. Dummerweise wird damit auch die Verteidigungsstrategie vorweg genommen. Aus dem Tatmotiv wird so leichtere Schuldfähigkeit, letztere nicht vorhanden. Der Düsseldorfer Polizeibericht schreibt auch von der psychologischen Ausnahmesituation des Täters. Psychische Labilität ist in der Regel autoaggressiv, richtet sich gegen den Betroffenen selbst und kann zur Gefahr für andere werden, wenn sie nicht behandelt wird. Islamistische Gewalttäter sind grundsätzlich Resultat schwerster psychischer Störungen. Das implizieren ja die Taten. Häufig ist die Rede von schwersten traumatisierten Flüchtlinge, auch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage können sich in solchen psychologischen Ausnahmesituationen befinden. Darf über diese Gefahr geredet werden? Schwerste Traumata, das könnte sicherlich auch für jenen jungen Flüchtling aus Afghanistan gelten, der in der Nähe von Würzburg fünf Touristen aus China in einer S-Bahn mit Axthieben auf Kopf und ins Gesicht schwerstens verletzte und welche dann abgeschirmt medizinisch versorgt und in ihr Heimatland verbracht wurden. Opfer haben in Deutschland kein Gesicht. Polizeiberichte sind Dokumente, die mühsam dechiffriert werden müssen und viel aussagen über den Zustand des politischen Systems, das lieber schweigt als sich der Lage offen darzustellen.
Im Polizeibericht fällt noch eine Zeile auf. Die Axt wurde sichergestellt, hält die Polizei für berichtenswert.
Mittlerweile, am Freitag, hat ein Mann mit einer Schnittwaffe einen 80-jährigen schwer verletzt. Polizei fahndet immerhin mit Hochdruck nach dem Täter, beruhigt uns die Polizei.