Das Trauerspiel der Ampel ist Geschichte und die Parteien haben sich auf einen Ablauf der Neuwahlen geeinigt. Der Wahlkampf in Deutschland hat begonnen. Auch im Deutschen Bundestag hat das Feilschen um die Stimmen der Bürger Fahrt aufgenommen. SPD und Grüne überbieten sich täglich in ihrem Eifer, der Union noch das ein oder andere Gesetz anzudrehen. Kaum ist die FDP weg, soll die Union der rot-grünen Regierung helfen, sich wieder als regierungsfähig und konstruktiv präsentieren zu können. Zunächst hatte der Kanzler es noch mit Erpressung versucht. Nur wenn die Union bei Herzensthemen von Rot-Grün die Hand heben würde, wollte sich Olaf Scholz zu einer Vertrauensfrage bereit erklären. Scholz wurde dieses Mal schneller als sonst von der Realität eingeholt. Der öffentliche Druck auf die Verweigerung schneller Neuwahlen war zu immens. Jetzt steht der Fahrplan vorerst. Wenn auch mit einem hohen Preis erkämpft.
Rot-Grün und Union haben sich im Bundestag darauf geeinigt, den demokratischen Parlamentarismus bis zu den Neuwahlen einzufrieren. Damit die Union nicht in die Verlegenheit kommt, mit der AfD zu stimmen, wird die Tagesordnung gemeinsam zwischen Regierung und Opposition abgestimmt. Bis zur Neuwahl erlebt der Bürger also nur noch eine Simulation von Demokratie im Parlament.
Auch die Sendung von Maybrit Illner beschäftigt sich an diesem Abend mit den politischen Konsequenzen einer Neuwahl und dem Weg dorthin. Der Verdacht erhärtet sich, dass SPD und Union nach der Wahl koalieren werden. Die Generalsekretäre von SPD und CDU gehen sich nur spärlich ans Leder. Wahlkampf sieht anders aus. Vermeintlich unüberbrückbare Differenzen gibt es nur bei der Schuldenbremse. Da wird die Debatte mit mehr Emotionen geführt. Wenn der Wahlkampf so verläuft wie die Runde bei Illner, dürfte die AfD die lachende Dritte sein. Die Bevölkerung sehnt sich nach einem wirklichen Neuanfang und nicht nach der Auflage der Stillstandskoalitionen aus der unheilvollen Merkel-Ära.
Wechselt die SPD den Kandidaten?
Olaf Scholz ist bei der Bevölkerung so unbeliebt wie eingeschlafene Füße. Allerdings hat Scholz’ Partei mit Boris Pistorius den beliebtesten Politiker Deutschlands in ihren Reihen, den man jederzeit als Spitzenkandidat bringen könnte. Für den SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ist die Lage daher verzwickt. Dass der SPD-Parteivorstand Olaf Scholz ratzfatz wählen würde, will Miersch nicht bejahen. Trotzdem laufe alles auf den amtierenden Kanzler als Kandidat für die Neuwahl hinaus, meint Miersch. Er gibt sich überraschend zuversichtlich und sagt: „Wir haben schon Abstände gedreht.“
Wahrscheinlich gehört Zweckoptimismus zum Berufsbild eines jeden Generalsekretärs. Aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein derart unbeliebter Kanzler wie Olaf Scholz eine Chance auf eine zweite Amtszeit hat. Deshalb ist die Phantasie eines Boris Pistorius als Kandidat beliebt unter Genossen. Die SPD könnte bis zu 100 Abgeordnete verlieren, rechnet der Welt-Journalist Robin Alexander vor. Scholz sei im Tunnelblick des Wahlkampfs gefangen und habe keinen Blick mehr auf die Realität, erklärt er. Böse Zungen spotten, dass der Kanzler zu keinem Zeitpunkt seiner unseligen Koalition einen realistischen Blick auf die Lage im Land hatte. Jetzt meint Scholz, damit punkten zu können, dass Friedrich Merz noch unbeliebter sei als er selbst.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist vom Kandidaten Friedrich Merz überzeugt. Er glaubt, in der Bevölkerung eine Stimmung für eine Politik des Aufbruchs zu erkennen, die die CDU adressieren möchte. „Wir brauchen für Deutschland einen Neustart ohne Olaf Scholz“, fordert er. Die Bürger hätten sich von der Ampel abgewendet und würden sich eine neue Regierung herbeisehnen, erläutert Linnemann. Nur ist zu befürchten, dass die neue Regierung eine altbekannte sein wird. Die Bundesrepublik hat der Groko von Angela Merkel vom Atomausstieg, über die Flüchtlingskrise bis hin zum Modernisierungsstau alles zu verdanken, was das Land heute quält.
Aber durch eine politische Zauberformel namens Brandmauer ist eine Koalition von Union und SPD fast schon zementiert. Es sei denn, die Grünen kriechen vor Friedrich Merz und Markus Söder zu Kreuze und biedern sich an. Auf jeden Fall bekommt der Wähler definitiv nicht die konservative Reformkoalition, die er sich den Umfragen folgend wünschen würde. Schade ist, dass es in der Sendung keinen AfD-Vertreter gibt, der mit Linnemann debattieren und ihn piesacken könnte. Denn Linnemann ist ein überzeugter Wirtschaftsliberaler. Für ihn dürften die nächsten Koalitionsverhandlungen seelische Schmerzen bedeuten. Die SPD wird sich ihre Juniorrolle in der Koalition unter Merz teuer bezahlen lassen.
Zoff um die Schuldenbremse
Trotz des obszönen Geldflusses, in dem der deutsche Staat badet, kommt die Bundesregierung nicht mit den finanziellen Mitteln aus. Zu verschwenderisch wird das Geld verprasst und unter den Transferempfängern verteilt. Ob Asylbewerber oder Bürgergeldempfänger, der Staat lässt sich nicht lumpen und hat Spendierhosen an. Weil es aber in Deutschland eine Schuldenbremse gibt, die den Staat wenigstens ein bisschen bremst, damit er nicht völlig zum Wohlfahrtsverband verkommt, wollen die linken Parteien die Schuldenbremse am liebsten abschaffen. „Die Schuldenbremse muss reformiert werden“, fordert Matthias Miersch. Reformiert werden heißt in den Augen der Genossen, dass jede soziale Wohltat vom regulären Haushalt bezahlt wird und andere Aufgaben des Staates, wie eine Armee zu unterhalten oder vernünftige Brücken und Straßen zu bauen, aus Schulden finanziert werden.
Da will Carsten Linnemann nicht mitmachen und kommt in Wallung. „Der Hunger des Staates nach immer neuen Ausgaben muss beendet werden“, fordert er vehement. Es könne nicht sein, dass ein Land mit einer Billion Steuereinnahmen nicht zurechtkomme, findet Linnemann. Der Welt-Journalist Robin Alexander schlägt in dieselbe Kerbe. Politiker wie Miersch würden sich jeder Einsparung im Haushalt verweigern und keine Prioritäten vornehmen, kritisiert er. Deshalb würde die Debatte um die Schuldenbremse überhaupt geführt werden.
Im kommenden Wahlkampf wird die Schuldenbremse eine große Rolle einnehmen. Ob die CDU bei ihrer Haltung bleibt, oder sich der SPD beugt, um diese in eine Koalition zu bewegen, bleibt abzuwarten. Wirklich interessant wird es erst, wenn es zu den TV-Duellen kommt, an denen auch die AfD teilnehmen wird. Dort werden erste logische Bruchstellen in der Brandmauer sichtbar werden. Für die FDP könnte das Festhalten an der Schuldenbremse sogar den Wiedereinzug in den Bundestag bedeuten. Vielleicht hat Christian Lindner damit ein zündendes Wahlkampfthema gefunden.