Tichys Einblick
Fass ohne Boden

Chaos im Gesundheitswesen – Lauterbach will Beitragszahler immer stärker belasten

Die umstrittene Krankenhausreform und die chronische Unterfinanzierung der Krankenkassen sorgen für immer größeren Aufruhr im Gesundheitswesen. Steigende Beitragssätze sind bereits Realität – nun sollen auch die Pflegebeiträge angehoben werden. Von Hannes Märtin

IMAGO

Gesundheitsminister Lauterbach kündigte kürzlich eine geplante Erhöhung der Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um 0,6 % an. Zudem sollen jetzt auch die Pflegeversicherungsbeiträge um 0,2 bis 0,25 % steigen. Laut Lauterbach ist dieser Schritt „wirtschaftlich notwendig“, um die Lasten des stark belasteten Bundeshaushalts abzufangen. Hinter dieser Maßnahme zeigt sich erneut: Wieder einmal werden Steuerzahler zur Kasse gebeten, um die einbrechenden Finanzen der Bundesregierung abzufedern.

Im Schatten der „Mega-Schulden‟: Neue Belastungswelle rollt auf Versicherte zu

Die Schuldenlast, die die Ampel-Koalition den Bürgern aufbürdet, ist gewaltig. Allein 2022 und 2023 wurden Kredite in Höhe von rund 450 Milliarden Euro aufgenommen, was Deutschland in eine ernsthafte Schuldenkrise geführt hat. Anstatt jedoch die Prioritäten auf wesentliche Inlandsbedarfe wie Gesundheits- und Pflegeversorgung, Infrastrukturprojekte oder eine stabile Energieversorgung zu setzen und Investitionen gezielt in diesen Bereichen einzusetzen, scheint der Fokus anderswo zu liegen.

Rund 30 Milliarden Euro überwies die Ampel allein in den letzten 3 Jahren an die Ukraine, während jährlich 100 Milliarden Euro Sondervermögen in die Bundeswehr fließen. Außerdem wird die Energiewende bis 2030 laut Experten voraussichtlich immense Investitionen von rund 600 Milliarden Euro erfordern – Bereits jetzt wurden dreistellige Milliardenbeträge für den Ausbau von erneuerbaren Energiequellen und neuartigen Antriebstechnologien aufgewendet.

Angesichts dieser immensen Summen bleibt für die dringend benötigte Finanzierung der Pflege- und Krankenkassen nichts übrig. Die Regierung antwortet darauf mit höheren Beiträgen und verlangt von den Bürgern zusätzliche Opfer, um so Ihre Zuschüsse für Pflege-, und Krankenkassen zu reduzieren.

Ampel wälzt Zuschüsse für Kassen auf Steuerzahler ab

Dass die Bundesregierung ihre Zuschüsse der Pflegekassen reduzieren will, ist längst kein Geheiminis mehr. Bis 2027 ist sogar vorgesehen, den Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung – der derzeit noch 1 Milliarde Euro pro Jahr beträgt – vollständig zu streichen. Das könnte in den kommenden Jahren zu weiteren Beitragserhöhungen führen, die direkt auf die Bürger abgewälzt werden. Bezogen auf die Pflegeversicherung prognostiziert Günter Neubauer, Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik (IfG), einen möglichen Anstieg auf bis zu 5,7% bis 2030. Aktuell beläuft sich der allgemeine Beitragssatz auf 3,4%. Kinderlose zahlen 4,0%.

Das Bild ist eindeutig: Ohne die Unterstützung der Regierung verschärft sich die finanzielle Notlage der Pflegekassen. Bereits für 2024 rechnen die Kassen mit einem Defizit von 1,5 Milliarden Euro, das bis 2025 auf rund 3,5 Milliarden Euro anwachsen könnte. Besonders brisant: Der Staat schuldet den Pflegekassen gemäß einem Gutachten noch immer 5,9 Milliarden Euro für pandemiebedingte Mehrkosten, die durch Corona-Tests, Prämien für Pflegekräfte und weitere Maßnahmen entstanden.

Zustand der gesetzlichen Krankenkassen ist fatal

Die finanzielle Lage vieler gesetzlicher Krankenkassen hat sich ebenfalls dramatisch
verschärft. Prognosen für 2024 weisen auf ein Defizit in Milliardenhöhe hin – ein Defizit, das die bisherigen Beitragseinnahmen längst nicht mehr auffangen können.
CDU-Politiker Andreas Storm macht die aktuelle Regierung für diese Entwicklung verantwortlich. Seine Kritik trifft ins Mark: „Die Ampel-Koalition hat die versprochene Steuerfinanzierung nicht eingehalten, insbesondere bei der Übernahme der Krankenkassenbeiträge für Bürgergeld-Bezieher. Dies wird voraussichtlich zu einem der stärksten Beitragsanstiege seit Jahrzehnten führen.“
Die Belastung durch das Bürgergeld, das seit 2023 das Arbeitslosengeld II ersetzt und mittlerweile von rund 5,5 Millionen Menschen in Deutschland bezogen wird, ist enorm.

Während die Krankenkassen für jeden Bürgergeldempfänger einen pauschalen Zuschuss erhalten, deckt dieser die realen Kosten nicht einmal annähernd. Allein 2022 mussten die gesetzlichen Kassen etwa 15 Milliarden Euro für Bürgergeldempfänger aufwenden, doch die staatlichen Zuschüsse beliefen sich lediglich auf 5,9 Milliarden Euro. Das resultierende Defizit von 9,1 Milliarden Euro verdeutlicht das strukturelle Finanzierungsproblem, dem die Krankenkassen gegenüberstehen.

Die unzureichende staatliche Unterstützung zwingt daher auch die Krankenkassen, die Finanzierungslücken über Beitragserhöhungen zu schließen – ein Teufelskreis, der auch hier die Last zunehmend auf die Schultern der Beitragszahler verlagert.

Krankenhausreform – Weitreichende Herausforderung für die Krankenkassen

Die geplante Krankenhausreform könnte ebenfalls für wachsende Belastungen bei Krankenkassen und Beitragszahlern sorgen. Anstelle der bisherigen Vergütung nach Fallpauschalen sollen Kliniken künftig finanzielle Mittel für das Bereitstellen von Leistungsangeboten erhalten. Dieses Modell zielt darauf ab, Anreize für „überflüssige Behandlungen“ zu senken und stattdessen die medizinische Notwendigkeit in den Vordergrund zu rücken. Doch wer entscheidet letztlich, was als „überflüssige Behandlung“ gilt?

Schon jetzt beklagen viele Patienten lange Wartezeiten in Arztpraxen und Kliniken sowie eine unzureichende Versorgung – und es droht, dass die Reform diese Situation weiter verschärft. Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz befürchtet, dass der Kostendruck dazu führen könnte, dass wichtige Untersuchungen und Behandlungen vernachlässigt werden. Auch der Medizinethiker Giovanni Maio äußert erhebliche Zweifel: Er glaubt nicht, dass das neue System, den wirtschaftlichen Druck auf die Kliniken mindern wird – im Gegenteil, es könnte ihn noch verstärken. Es besteht das Risiko, dass essenzielle, aber wirtschaftlich weniger rentable Behandlungen aufgrund finanzieller Erwägungen gestrichen werden.

Zur Umsetzung der Reform hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen sogenannten Transformationsfonds ins Leben gerufen, der als das zentrale Element der Umstellung gilt. Dieser Fonds soll mit insgesamt 50 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren den Wandel im Gesundheitssystem stützen und wird zu gleichen Teilen von Bund und Ländern finanziert. Der Anteil des Bundes soll dabei aus dem Gesundheitsfonds der gesetzlichen Krankenkassen entnommen werden.

Auch hierfür müssen letzten Endes wieder Beitragszahler blechen. Auch Organisationen wie die Arbeiterwohlfahrt und Arbeitgeberverbände warnen davor,
dass die geplante Finanzierung ebenfalls auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen könnte. Die direkte Konsequenz wäre eine wohl noch
weitreichendere Beitragserhöhung.

Anstatt den angekündigten Erhöhungen über 0,6%, könnten in den nächsten Jahren, Anstiege von bis zu 1,5% verzeichnet werden. Die geplanten Beitragserhöhungen bei Kranken- und Pflegekassen sowie die Krankenhausreform deuten auf eine ernste Belastung für das deutsche Gesundheitswesen hin. Anstatt strukturelle Lösungen, in Form von Eigenfinanzierung anzubieten, setzt die Regierung darauf, die finanziellen Defizite über höhere Beiträge zu decken – eine Belastung, die unmittelbar die Versicherten trifft. Mit den steigenden Beiträgen geraten viele Bürger zunehmend unter Druck, während zugleich Unterstützung von Seiten des Staats immer weiter schwindet.

Anzeige
Die mobile Version verlassen