Den Titel „Ampeltöter“ hat die Illustrierte, die vom einstigen Stern übrigblieb, Christian Lindner, dem Vorsitzenden jener Partei verliehen, die von der einstigen FDP übrig blieb.
Friedrich Merz, Vorsitzender jener anderen Partei, die von der Adenauer-CDU nach der feindlichen Übernahme durch die Person Merkel übrigblieb, sagt: „Es wird keine Zweitstimmen-Hilfe von uns für die FDP geben„ (Stern). Mit einer FDP bei sechs oder sieben Prozent sei eine stabile Mehrheit in Reichweite, vier Prozent für die FDP seien verschenkt: „Dann sind es vier Prozent zu viel für die FDP und verschenkte Stimmen, die am Ende fehlen.“ Also auf Deutsch, Leute, die ihr bis jetzt noch FDP wählen wolltet, gebt besser eure wertvollen Stimmen CDU und CSU.
Blicke ich auf die Zeit seit meiner ersten Begegnung mit der FDP im Jahre 1966 zurück, erkenne ich als einzige Konstante der Partei, die nicht Liberale Partei heißen durfte, weil ihr erster Vorsitzender Theodor Heuss das nicht wollte, unschwer den Kampf gegen das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde, also der parlamentarischen Existenz. Bei der Bundestagswahl 1969 kam sie diesem Scheitern mit 5,8 Prozent gefährlich nahe. Für die Bundestagswahl 1983 nach dem Bruch der Koalition mit der SPD sagten ihr alle das Scheitern voraus. Ihr damaliger Vorsitzender Hans-Dietrich Genscher, dessen Bundesgeschäftsführer ich war, hatte im stillen Kämmerlein bereits aufgegeben. Aber eine kleine, entschiedene Mannschaft holte sieben Prozent.
Guido Westerwelle ging nach der Bundestagswahl 2009 mit den 14,6 Prozent, dem besten FDP-Bundesergebnis je, so um, dass die FDP 2013 mit 4,8 Prozent scheiterte. FDP-Langzeit-Vize Wolfgang Kubicki verkündete vorgestern: „Unser Ziel ist es, erneut zweistellig zu werden. Das hat uns 2017 niemand zugetraut, 2021 auch nicht. Beide Male haben wir es geschafft. Wir werden es auch dieses Mal schaffen.“ Diese Worte deuten viele naheliegender Weise als Pfeifen im Walde. Das ist es sicher auch. Aber, und mancher wird sich wundern, so etwas aus meinem Mund zu hören: Unmöglich ist das nicht.
Die FDP bräuchte dazu allerdings jemand anderen als Lindner, sagen Auguren, die so ein Wunder überhaupt noch in Erwägung ziehen. Ich habe nicht die Absicht, der Partei, die ich vor 22 Jahren verlassen habe, Ratschläge zu erteilen. Aber so viel halte ich für sicher. Ein tatsächlich radikaler Kurswechsel, von wem auch immer getragen, würde die Zombie-Partei FDP erneut vor dem parlamentarischen Aus retten.
Ein radikaler Kurswechsel wäre nur der Austritt aus dem Brandmauer-Klub, die radikale Absage an jede weitere Aushöhlung des Grundgesetzes und die Rückgängig-Machung aller schweren Fehler der Bundesregierungen seit der ersten grünen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Das geht mit Lindner, Buschmann und Co. nicht, sagen Sie? Da haben Sie Recht. Und deshalb wird es wohl dabei bleiben, dass die Wähler dem Rest von FDP, den Lindner verwaltet, von Kubicki unverdrossen begleitet, den Rest geben werden.